Kapitel 27

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"Bill, was hast du mit mir vor?", kicherte ich, als das Auto unter mir stehen blieb, und sich die Tür öffnete. "Lass dich überraschen.", meinte dieser jedoch nur und fing wieder an zu schweigen. Ich wusste ganz genau, dass es Bill schwer fiel, mir nicht zu sagen, was er mit mir vorhatte. Doch es hatte sich schon am Vorabend in der Bar so angehört, als würde er mit seinen Worten [i]er würde sich etwas einfallen lassen[/i], eine Überraschung bereithalten. "Pass aber bloß auf, dass ich mich nicht noch auf die Klappe lege, Bill.", jaulte ich schon fast panisch und ermahnend zugleich, als er um das Auto rumgekommen war, die Tür geöffnet hatte und mich an der Hand aus dem Verkehrsmittel zog. "Vertrau mir doch einfach.", ich konnte das Grinsen auf seinen Lippen schon förmlich heraushören und tat wie mir geheißen: Ich vertraute ihm und ließ mich von ihm den Weg, den ich anscheinend nicht sehen durfte, führen. Zuerst ein paar Stufen hinunter, dann wieder herauf, um dann noch ein paar Meter geradeaus zu gehen. Wo wir dann standen, wusste ich nicht. Es hörte sich so hellhörig an, als Bill sich urplötzlich hinter mir räusperte und langsam aber sicher das Tuch aufknotete. Leicht senkte ich meinen Blick und blinzelte ein paar Mal."Ich hoffe, du freust dich.", eher fragend als feststellend stellte Bill sich an meine Seite und legte einen Arm um meine Schulter. Vor mir erstreckte sich eine riesige Eishalle. Das Eis glänzte, die Kälte, die in der Halle herrschte, hatte uns längst umgeben und der Atem verwandelte sich beim Auspusten in kleine Wölkchen. "Wow, das...das ist toll. Ich hatte noch nie eine Eishalle für mich alleine.", staunte ich und ging die Schritte, die mich noch bis zur Bande vom Eis entfernten, um den vollkommenen Überblick über die ganze Fläche zu haben. "Alleine bist du auch nicht. Ich hoffe, du kannst dich mit mir revanchieren.", grinste er und kam mit zwei Paar Schlittschuhen in der Hand zu mir. "Zieh dir die an und dann können wir gleich aufs Eis.""Mit dir? Hm, es wird schwer, aber ich werde mir die größte Mühe geben.", versicherte ich ihm lachend und setzte mich auf eine der rum stehenden Bänke, um mir die schweren Schuhe unter die Füße zu binden. Für Außenstehende mag es sich komisch anhören, aber Bill und ich behandelten uns wirklich nur wie Freunde. Es kam mir schon fast so vor, als würde keiner von uns beiden auch nur eine Sekunde an die Situation, an die Worte oder geschweige denn an den Kuss vom Vorabend denken. Wir spaßten noch immer so rum wie vorher und auch die bedrückende Stille, die ich eigentlich erwartet hätte, blieb aus - zu meinem, unseren Glück. "Bist du soweit?", kurz schreckte ich hoch, als ich die Schleife des rechten weißen Schnürschuhs gebunden und somit startbereit war. "Klar, komm.", grinste ich und stöckelte an Bill vorbei zum Eingang der Bahn. Anfangs fühlte ich mich wackelig und ungewohnt mit dem Eis unter meinen Füßen, doch keine zwei Sekunden fuhr ich mit ausgebreiteten Armen meine erste Runde. "Komm, Bill.", rief ich meinem Begleiter entgegen, der noch immer am Rand stand und sich keinen Millimeter weiter bewegt hatte. "Komm du und gib mir deine Hand. Ich kann doch nicht wissen, dass du auch noch Schlittschuhlaufen kannst und mir schon nahezu davon fährst!", jaulte er und verzog theatralisch sein Gesicht. Lachend nahm ich Anlauf und fuhr auf ihn zu. "Gib mal her dein Patschehändchen.", total verkrampft umfasste er meine Hand. "Und jetzt wie beim Inlinerfahren.", gab ich ihm die Anweisung. Langsam bewegten wir uns voran. "Klappt doch ganz gut.", lächelte ich und wollt gerade ein wenig mehr Kraft in meine Beine setzen, um uns schneller fortzubewegen, als mit einem Klacken das Licht ausging. Sofort blieben Bill und ich stehen. "Stromausfall.", er zuckte mit den Schultern und nahm meine Hand. Wartend blickte er nach oben, als die Stille, die sich für einen Moment um uns gelegt hatte, von den leisen Klängen eines Liedes durchbrochen wurde und ein einziger heller Lichtstrahl auf uns leuchtete. "Stromausfall?", kicherte ich und senkte meinen Blick gen Boden. "[i]If ever you needed to talk[/i] [i]You could talk to me[/i] [i]Oh could you talk to me[/i]", ungläubig, dass Bill mit solch einer Art von Lied eine Überraschung geplant hatte, ließ mich hellhörig werden. Weiter hörte ich gespannt auf die nächsten Zeilen des Songs.„[i]I'll love you forever,[/i] [i]I'll like you for always[/i] [i]For always, together we'll be[/i]", mir blieb der Atem stehen, als die Stelle meine Ohren erreichten. Blitzartig sah ich auf und mitten in das Gesicht von Bill. Er hatte mich die ganze Zeit beobachtet. Fast schon paralysiert blieb ich stehen und erwiderte seinen Blick. Ich spürte, wie er seine Hand meinen Arm hinauf, über die Schulter und in meinen Nacken wandern ließ. Dort liegend übte eben jene einen festen Druck aus und zog meinen Kopf für einige Zentimeter nach vorne."Ich dachte, wir wollten nur Freunde bleiben.", platzte es aus mir heraus, als ich aus meiner Starre erwachte und mich im Kreis fahrend, doch immer noch in dem Lichtkegel bleibend, von Bill wegbewegte. Wir hatten uns doch darauf geeinigt, [i]Freunde[/i] zu bleiben. Freundschaft plus?"Wieso? Hören Freunde sich so was nicht im Dunkeln an?", erwiderte er und senkte grinsend seinen Kopf. Auch ich musste mir mein aufkommendes Lachen verkneifen. "Doch, aber sie küssen sich nicht.", langsam fuhr ich wieder auf ihn zu und blieb kurz vor ihm stehen. "Haben wir das? Da muss ich was verpasst haben.", er verschränkte seine Arme vor seiner Brust und sah mich siegessicher an. "Du hast gewonnen.", gab ich mich geschlagen. "Und danke hierfür.", ich deutete auf das Eis und legte kurz danach meine Arme um seinen Hals, um ihn als Dank an mich zu drücken. "Kein Problem, dafür sind doch schließlich Freunde da, oder nicht?", zwinkerte er mir zu. "Und jetzt lass uns noch ein wenig fahren.", er hielt mir lächelnd seine Hand entgegen. Sollte ich seinen Versuch mich zu küssen nun wieder übergehen? Schulterzuckend tat ich genau das, griff nach seiner Hand und fuhr mit ihm lachend über das glatte Eis. Das Licht blieb aus und allein der Lichtkegel begleitete uns jeden Zentimeter, den wir uns auf dem Eis bewegten.

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