Jily Oneshot#33: Streit & Versöhnung

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Die Tür war noch nicht vollständig geöffnet worden, da wusste Alice offensichtlich schon, dass etwas passiert war, denn ihr sonst so enthusiastisches Lächeln verwandelte sich in einen leidenden Ausdruck, als sie fragte:"James?" Lily hatte keine Ahnung, wie sie die Situation im Bruchteil einer Sekunde erfasst hatte, aber nach fast sieben Jahren erkannte Alice die typischen Anzeichen einer persönlichen Katastrophe vermutlich. Die trockenen, doch vor Anstrengung nicht zu weinen roten Augen, die zitternden Lippen und die herabgesunkenen Schultern. Wortlos zog ihre Freundin sie in eine Umarmung und schloss gleichzeitig die Tür hinter ihnen, damit zahlreiche lauschende Ohren, von denen es in Hogwarts einige unangenehme Exemplare gab, draußen blieben. Nachdem die beiden sich auf Alice' Bett gegenübersaßen und ihre Stoffschneeeule von Lily zu Tode gedrückt wurde, wartete ihr Gegenüber offensichtlich auf eine Erklärung, ohne sie dazu zu drängen. Lily wollte aus Gewohnheit ihre Locken um die Finger wickeln, wie immer, wenn sie nervös oder nachdenklich war. Doch diesmal griffen ihre Hände ins Leere, denn nach ihrer ersten Ordensschlacht vor wenigen Tagen, hatte sie ihre einst langen Haare selbst schulterlang abgeschnitten. Diese waren nämlich größtenteils mit dem Blut der Gefallenen getränkt gewesen, da sie mitgeholfen hatte die Leichen nach Hause zu bringen, damit deren Familien keinen leeren Sarg begraben müssen. Obwohl Lily ihre Haare danach wieder und wieder gewaschen hatte, zuckte sie jedes Mal zusammen, wenn diese ihre Schultern oder Arme streiften, weil die Erinnerungen an das viele Blut zurückkamen, welches ihre Haare dunkel gefärbt hatte. Deshalb vergrub Lily die Finger nun in dem weichen Fell des Stofftiers in ihrem Schoß ehe sie zu sprechen begann. „Ich weiß gar nicht was passiert ist. Er war seit dem Kampf so komisch, wollte mich weder sehen, noch mit mir reden. Also habe ich ihn heute deshalb zur Rede gestellt und plötzlich hat er all diese Dinge gesagt von denen er wusste, dass sie mich am härtesten treffen würden. Dass ich den Orden des Phönix am besten verlassen sollte, weil ich es nicht geschafft habe Marlene vor ihren Verletzungen zu bewahren und dass ich aufgrund meiner Abstammung in Hogwarts keinen Platz habe und deshalb in die Muggelwelt zurückkehren sollte. Und dass...dass die Sache mit uns sowieso zum Scheitern verurteilt war, weil bei ihm im Gegensatz zu mir der Orden an erster Stelle steht und ich den Sinn des größeren Wohls nicht verstehen würde, weil ich ihn immer zuerst retten würde. Wie blöd muss man denn sein, um so etwas als etwas Schlechtes darzustellen?" Lily hatte während des Sprechens kleine weiße Federn aus der Eule herausgezogen und blickte nun mit verschwommenem Blick zu Alice auf. Wie erwartet, war deren Blick fassungslos, doch ihre Worte passten nicht zu Lilys Vorahnungen:"Hörst du dich eigentlich reden? Merkst du, was du da sagst?" Ihre Freundin warf vor Verzweiflung die Hände in die Luft.
„Wovon redest du? Wieso soll das Ganze denn jetzt meine Schuld sein?"
„Weil du trotz deiner ach so tollen Noten der absolut blindeste Maulwurf in einem Meer voller blinder Maulwürfe bist! Verstehst du denn nicht, dass James all diese schrecklichen Sachen nur gesagt hast, damit du dich von ihm und dem Orden abwendest?"
Lily, die ihren Mund zu ihrer Verteidigung geöffnet hatte, schloss ihn wieder, um Alice sofort wieder mit Fragen zu bombardieren:"Aber...wieso sollte er so etwas tun?"
„Muss man dir den alles erklären?", rief Alice entgeistert über Lilys Unwissenheit. „Weil er in seinen verdrehten Gedanken der Meinung ist, dass er dich so beschützen kann."
„Das macht doch gar keinen Sinn."
„Natürlich nicht, aber James hat wohl durch unsere erste Schlacht erst realisiert, wie gefährlich es sein wird, weiter im Orden zu bleiben. Natürlich würde er niemals aussteigen, aber er will dich dennoch schützen. Dieses Ziel denkt er erreichen zu können, indem er dich von sich selbst und dadurch auch vom Orden und bestenfalls von der ganzen Zaubererwelt mitsamt dem Krieg fernhält."
Trotz Alice' viel zu schnellem Wortschwall, betrachtete Lily die letzten Tage endlich aus einem anderen Blickwinkel. „Aber ihm muss doch klar sein, dass es trotzdem nichts ändern wird. Als würde ich aufhören meine Freunde in der Zaubererwelt zu beschützen, nur, weil er mir das Herz gebrochen hat. Warum macht er denn so einen Schwachsinn? Damit verletzt er uns beide bloß und erreicht sonst rein gar nichts."
„Weil er in dich verliebt ist, verdammt nochmal! Auch wenn ich es angesichts deiner eigenen Dummheit im Moment wirklich nicht nachvollziehen kann, aber James ist nach wie vor so sehr in dich verliebt, dass er alles tun würde um dich zu schützen, selbst wenn er sich dabei eigens einen Dolch ins Herz stoßen muss...metaphorisch gesehen."
Stöhnend vergrub Lily ihr Gesicht in ihren Händen. Warum musste das alles so kompliziert sein? Reichte es nicht, dass sie inmitten eines grausamen Krieges viel zu schnell erwachsen werden mussten? Während sie sich selbst ein wenig bemitleidete, wurde ihr jedoch auch etwas anderes klar – diesmal sogar ohne Alice' Hilfe. Lily hatte keine Macht über den Krieg, alles was sie tun konnte, war jene zu versuchen zu beschützen, die sie liebte. Sie konnte nicht über den Krieg bestimmen, denn der Krieg bestimmte größtenteils über ihr Leben. Doch über eine Sache konnte sie selbst bestimmen. Sie konnte bestimmen, an wessen Seite sie kämpfte und ob sie trotz der düsteren Zeiten glücklich sein konnte. Und der Schlüssel zu ihrem Glück war nun einmal James Potter, ob sie wollte oder nicht. Voller neu gewonnener Energie sprang sie abrupt auf, ignorierte dabei, dass die gerupfte Schneeeule durch das Zimmer flog und stürmte nach einer hastigen Umarmung als Dank für Alice' Denkanstoß aus dem Zimmer. Dabei machte sich die hartnäckige Verletzung ihres Beines, welche durch schwarzer Magie sogar Madame  Pomfreys Tränken trotzte zwar kurz wieder bemerkbar, aber zum Glück musste sie nicht weit laufen, denn ihr erster Versuch entpuppte sich als Volltreffer. Lily riss ohne zu klopfen den Schlafsaal von Sirius, Remus, Peter und Frank auf, bemerkte dabei nicht Peters kurzen erschreckten Aufschrei, dass Remus vor Schreck ein Tintenfass umstieß, Frank beinahe an seinem Apfel erstickte und Sirius über das Drama bloß die Augen verdrehte. Stattdessen baute Lily sich vor James, der wie ein Häufchen Elend in Sirius' Bett saß. „James George Potter, du bist...du bist...einfach unmöglich! Kleiner Tipp, versuch mich nicht aus deinem Leben zu verjagen, nur weil du denkst, ich könnte nicht mit all dem was gerade passiert umgehen. Denn wenn ich eine Beziehung mit dir überleben kann, kann ich Voldemort auch in den Hintern treten."
Nach einem hilfesuchenden Blick in Sirius' Richtung, der ihm einen unsanften aufmunternden Stoß gab, hatte James endlich den Mut zu antworten:"Ich weiß, es war total schwachsinnig, aber ich dachte-"
„Tu mir einen Gefallen, hör auf zu denken.", unterbrach Lily ihn und brachte den weiterhin perplexen James mit einem Kuss endgültig zum Schweigen. Dass Sirius sofort aufsprang und alle mit den Worten „Raus, raus, raus, das will doch keiner sehen!", aus dem Zimmer scheuchte, bekamen die beiden schon nicht mehr mit.

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Soo, das war der letzte Jily-Oneshot dieses kleinen Specials. Ich hoffe, es hat euch gefallen, und wenn nicht, könnt ihr euch morgen wenigstens auf den letzten Scorose-Oneshot dieser außerterminlichen Kapitel freuen.

Und eine Bitte an alle Künstler unter euch: Es wäre sehr nett, wenn es mehr Fanarts von Lily geben würde, bei denen sie kurze Haare hat, denn es hat ewig gedauert, bis ich das Bild für dieses Kapitel gefunden habe.

-Ginny <3

Jily/Scorose OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt