Jily Oneshot#24: Erster Ausflug in die Muggelwelt

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Zweifelnd drehte James sich vor dem hohen, mit Gold umfassten Spiegel in Lilys Zimmer. Prüfend schüttelte er Arme und Beine. Er musste zwar zugeben, dass er in den Muggelklamotten, bestehend aus einer blauen Jeans einem schlichten schwarzen Pullover zwar überraschend gut aussah, aber anfreunden konnte James sich damit nicht. Dafür war das alles viel zu eng.
Lily, die mit überschlagenen Beinen in ihrem riesigen, mit Kissen überquellenden Bett saß, warf ihm durch den Spiegel einen mahnenden Blick zu. „Ich habe die Sachen nicht umsonst von unserem Nachbarn ohne sein Wissen ausgeliehen, du behältst es auch an!"
„Ohne sein Wissen ausgeliehen ist eine nette Bezeichnung für stehlen. Und es ist doch nicht meine Schuld, dass ich nicht in das Gewand von diesem Walross passe!"
Lily lachte hinter vorgehaltener Hand. „Pss, du sprichst hier über meinen zukünftigen Schwager, der sich übrigens im Nebenzimmer befindet."
„Daher kommt also der Geruch nach totem Fisch."
„Bevor Vernon und du euch noch an die Gurgel geht, verschwinden wir besser.", grinste Lily, sprang auf, schnappte sich ihre Tasche und ihren Freund und verließ das Haus nachdem die beiden sich endlich von Lilys Eltern loseisen konnten. Sie waren sofort begeistert von James gewesen und fragten ihn bei jeder gegebenen Gelegenheit über die Zauberwelt aus. Lily freute sich insgeheim darüber, allerdings hatte sie auch nichts anderes erwartet. Wenn es darauf ankam konnte James nämlich äußerst charmant sein und neben dem hochnäsigen Verlobten ihrer Schwester konnte er bloß gut abschneiden.
Es war James' erster Besuch bei den Evans' und bisher hatten sie die Tage entweder im Haus, in ihren großen Garten, in der Winkelgasse oder bei Remus verbracht, der nicht weit entfernt wohnte. Heute hatte Lily sich jedoch fest vorgenommen James endlich die Muggelwelt zu zeigen. Einerseits, damit er sich endlich darin zurechtfand, andererseits damit er seine Prüfung in Muggelkunde bestand. Und ein winzig kleines bisschen vielleicht weil es bestimmt lustig werden würde – zumindest für Lily. Hinzu kam, dass Petunia sich weigerte den Einkauf für das große Osteressen zu besorgen, zu welchem sowohl die Potters, als auch die Rumtreiber, Frank, Alice, Marlene und Mary erscheinen würden.

Das erste Problem stellte sich aber schon bei der Frage des Transportmittels. Ihr Haus stand etwas abseits von London, weshalb es zu lange dauern würde um zu gehen, vor allem mit den Einkäufen. Besen und Apparieren schied wegen der Muggel ohnehin aus. Also blieb nur noch das Auto. Lily durfte mit ihren siebzehn Jahren streng gesehen zwar noch nicht fahren, doch ein paar Verwirrungszauber bei der Führerscheinbehörde hatten das geklärt. Das wahre Hindernis stellte James dar, der neben Lilys kleinen roten Käfer stand und sich strikt weigerte einzusteigen.
„Komm schon James, es wird schon nichts passieren."
„Weißt du, wann man solche Sätze sagt? Kurz bevor etwas passiert! Wie funktioniert dieses...Ding eigentlich?"
„Zum zweihundertfünfzigsten Mal, es nennt sich A-U-T-O. Dieses Wort gehört zu einem der wichtigsten in der Muggelsprache, also verwende es bitte auch."
„Du hast meine Frage nicht beantwortet."
„Nunja...ich habe drei Pedale und ein Lenkrad und den Rest...macht das Auto eben. Frag meinen Vater wie es genau abläuft, es ist eines seiner liebsten Themen."
„Du bedienst eine todbringende, komische Geräusche und Gase ausspuckende Maschine als mit ein paar Pedalen und einem Rad und weißt nicht einmal wie es funktioniert?!"
„So könnte man es auch ausdrücken, aber...Steig einfach ein."
„Keine Chance!"
„Ich bin mit dir auch auf einem Besen geflogen, obwohl ich Höhenangst habe und es höllisch unbequem ist."
„Das kann man doch gar nicht vergleichen!"
„Soll ich Sirius morgen etwa sagen, dass du Angst vor einer läppischen Muggelmaschine hast?", versuchte Lily es nun auf eine andere Weise, die endlich Wirkung zeigte.
„Na gut, ich steige schon ein. Aber fahr langsam!"

Im Endeffekt wären sie zu Fuß vermutlich doch schneller gewesen, denn James zog jedes Mal, sobald der Zeiger auf dem Tacho den Fünfziger überschritt die Handbremse an und er musste zweimal aussteigen weil ihm schlecht war. Das hinderte Lily jedoch nicht darin auf den letzten Metern das Gaspedal durchzudrücken um den letzten freien Parkplatz zu bekommen. Dies dankte ihr der andere Fahrer mit erhobenen Mittelfinger.
„Du mich auch.", murmelte Lily genervt, während James seinen Zauberstab umständlich aus seinem Gürtel zog. Doch als er dem Typen die Reifen seines Luxusschlitten platzen lassen wollte, war der schon über alle Berge.
„Wenn wir angegriffen werden muss ich mich also selbst verteidigen.", meinte Lily mit einem Blick auf James' Zauberstab, der sich in einer Gürtelschlaufe verfangen hatte.
„Passiert das denn bei den Muggeln öfter?", hakte er interessiert nach.
„Nur zwei- bis dreimal die Woche keine Sorge.", zwinkerte Lily.
„Was? Wo soll ich denn meinen Zauberstab hingeben?"
„Wie wär's mit der hinteren Hosentasche?"
„Bist du verrückt? Moody hat mir erzählt, dass er Leute kennt, denen es die Pobacke weggepustet hat weil sie das gemacht haben!"
„Mad-Eye redet viel wenn der Tag lang ist. Verstau ihn irgendwo sicher und hol einen Einkaufswagen, wir haben dank dir schon genug Zeit verloren."
„Was ist denn ein Einkaufswagen?", fragte James mit gerunzelter Stirn.
Lily starrte ihn ungläubig an, schüttelte dann resigniert den Kopf und stellte ihn am Eingang ab um es selbst zu erledigen. Als sie wieder zurückkam sah sie, wie James versuchte die Leine es kleinen Hundes zu lösen, der neben dem Eingang geduldig auf seinen Besitzer wartete.
„Was machst du denn da?", zischte Lily und zerrte ihn zur Seite.
„Warum halten sie den armen Hund denn fest? Ist er immer hier? Tatze würde das nicht gefallen."
„Er wird doch gleich wieder abgeholt. Lass das Tier in Ruhe, DAS wäre Diebstahl."
Wiederwillig wandte James sich ab und näherte sich dem Eingang. Ein paar Meter davor blieb er misstrauisch stehen und beäugte die gläserne Tür.
„Was ist denn jetzt wieder?", fragte Lily, die ihn beinahe mit dem Einkaufswagen niedergefahren hätte.
„Wo ist die Türklinke?"
„Man braucht keine. Geh einfach näher heran, dann erkennen dich die Bewegungssensoren und die Türen öffnen sich automatisch."
Langsam setzte James einen Schritt vor den anderen. Wie Lily es prophezeit hatte, glitten die Türen lautlos zur Seite um das Paar einzulassen. Drinnen angekommen drehte James sich erneut um und sah fasziniert zu wie der Eingang sie wieder schloss. Mit großen Augen blickte er Lily an. „Lils...haben die Muggel jetzt auch Magie?"
Lachend versuchte Lily ihn zu beruhigen. „Keine Sorge, es handelt sich hierbei nur um Technik, Elektrizität und Berechnungen."
„Elektrizität ist das Ding, dass die Lampen zum Leuchten bringt oder?"
„Ja, und sprich bitte etwas leider.", murmelte Lily als eine Frau die beiden verwundert ansah und danach schnellen Schrittes davonging.
„Ok..", flüsterte James. „Was machen wir jetzt?"
„Jetzt holen wir die Sachen, die Mum uns aufgeschrieben hat. OHNE Accio!", warnte Lily. Möglichst unauffällig ließ James seine Hand, mit der er gerade nach seinem Zauberstab greifen wollte, sinken. Verloren sah er sich in dem riesigen Supermarkt um. „Das könnte dauern."
„Nicht wenn du weißt wo die Sachen sind.", widersprach ihm Lily. „Sieh zu und lerne."

Anfangs war James noch ein aufmerksamer Schüler, doch nach einiger Zeit wurde es ihm zu langweilig Regale voll Nudeln, Getränke und verschiedenen Käsesorten abzusuchen. Stattdessen machte er es einem kleinen Kind nach, welches Anlauf nahm, sich vorne auf den Einkaufswagen stellte und vor Freude kreischend die Gänge unsicher machte. Kurz darauf lieferten die beiden sich halsbrecherische Wettrennen, bis der Junge von seiner Mutter in Richtung Ausgang gezogen wurde. Lily beobachtete ihn mit unverhohlener Belustigung. Danach kam James jedoch auf die glorreiche Idee sie in den bereits halbvollen Wagen zu setzen und zu den richtigen Regalen zu schieben. Nach einiger Zeit wurde dies jedoch nicht aufregend genug, deshalb steigerten sie ihr Tempo um einiges, bis der Einkaufszettel vergessen war und sie einfach nur noch lachend umherschossen.
Der Spaß hörte jedoch auf - oder erreichte seinen Höhepunkt? - als sie geradewegs in einen mannshohen Stapel von Frühstücksflocken fuhren, der zuvor sorgfältig zu einer Pyramide aufgestellt worden war.
Lachend zog James Lily aus dem Berg an Essen und betrachtete zufrieden das angerichtete Chaos.
Sobald Lily jedoch auf den Beinen war, schnappte sie sich James' Hand und die Einkäufe und sprintete mit ihm zur Kasse bevor der Manager auf sie aufmerksam wurde.
Als das erste Produkt über den gescannt wurde, zuckte James erschrocken zusammen. Beim zweiten Mal sah er sich suchend um. Bei den Zucchini stellte er sich schützend vor Lily, bis sie ihn unaufmerksam auf die Ursache des Geräusches hinwies.
„Das...das wusste ich doch.", meinte er tiefrot im Gesicht. Die junge Kassiererin interpretierte seine Verlegenheit offensichtlich falsch, denn während Lily bezahlte fragte sie ihn nach seiner Telefonnummer.
„Was möchten Sie denn mit meiner Nummer anfangen?", fragte er verwirrt. „Gehört das zum Einkaufen dazu Lil?"
„Nein, tut es nicht.", zischte Lily mit einem giftigen Blick in Richtung des blonden Mädchens. Demonstrierend hakte sie sich bei James unter, bis bei ihrem Gegenüber endlich der Groschen fiel. Sie warf Lily einen entschuldigenden Blick zu, während James noch versuchte zu verstehen was gerade passierte.

Je mit zwei zum Platzen vollen Einkaufstüten beladen verließen sie schließlich das Geschäft und verstauten alles mithilfe eines unbemerkten Verkleinerungszaubers. Eine ältere Dame blinzelte war etwas verdutzt, doch sie hatte zentimeterdicke Brillengläser auf der Nase, die ihre Augen unnatürlich vergrößerten. Sie schob es bestimmt auf ihre schlechte Sicht und wenn nicht konnte es ihnen auch egal sein, denn wenige Sekunden später waren sie schon außer Sicht.

Diesmal schien James um einiges entspannter. Seine Hand umklammerte die Handbremse zwar nach wie vor, aber Lily durfte die Geschwindigkeit bereits auf 70 km/h erhöhen und er sang mit ihr zusammen zu den Lieder, die aus dem Radio drangen. Da Lily in langweiligen Schulstunden Texte ihrer liebsten Muggellieder oft auf ihr Pergament kritzelte und beim Lesen stets leise vor sich hinsang, kannte James überraschend viele davon.
So wurde es eine recht lustige Fahrt, obwohl James bei der ersten Gelegenheit das Auto verließ, mit der Ausrede, dass er Lily beim Einparken helfen wollte. Dabei war er jedoch keine große Hilfe, da er stets nur „Stopp, halt, nicht so schnell, langsamer, willst du gegen die Wand fahren, STOPP!", schrie.

Im Haus angekommen nahm Lilys Mum ihnen dankend die Lebensmittel ab und fragte lächelnd:"Na, wie war der erste Ausflug in unsere Welt?"
„Anstrengend.", antwortete James prompt und ließ sich auf das Sofa plumpsen.
„Frag mich einmal.", murmelte Lily, nur für ihre Mutter hörbar, und ließ sich neben ihn fallen. Laut sagte sie:"Wir könnten morgen doch in die Innenstadt fahren?"
„Ähmm...", meinte James wenig begeistert.
„Keine Sorge, war nur ein Scherz.", lachte Lily. „Das war genug Muggelkunde für ein Jahr für dich."
„Wo du recht hast, hast du recht.", stimmte er ihr zu und legte dabei seine Arme um sie. „Aber eines musst du mir noch erklären: Warum hat mich das Mädchen um meine Nummer gefragt?"
Lilys Vater, der gerade den Raum betrat, zog eine Augenbraue hoch und grinste amüsiert.
„Mach dir darüber keine Gedanken.", sagte Lily. „Das wird sie kein zweites Mal wagen."
„Gut, ich habe nämlich kein Telefon. Oh, Mr. Evans, was ich Sie noch fragen wollte, wie funktionieren eigentlich Autos?"

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AAHH, meine Kapitel werden immer kürzer. Ich werde de mich bemühen für nächste oder übernächste Woche einen richtig langen "Was wäre wenn..." Oneshot vorzubereiten.

-Ginny <3

Jily/Scorose OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt