16. Unerwarteter Abschied

759 47 0
                                    

"Wir haben Farbe geholt. Ich will endlich das Blond loswerden", sagt sie und wartet darauf, dass er etwas zu dem Streit sagt. Doch das tut er nicht.

"Okay, eine gute Entscheidung. Das Blond sieht zwar nicht schlecht aus, aber Schwarz steht dir viel besser", meint er nur, lächelt und verschwindet wieder. Was war das denn bitte?

--

Es ist leider nicht das letzte Mal, dass Situationen entstehen in denen Violette einfach keine Ahnung hat, wie sich sich verhalten oder was sie sagen soll. Sie bemüht sich etwas Abstand von Steve zu bekommen, indem sie viel Zeit mit Tony, Natascha, Sam und Wanda verbringt. Oftmals funktioniert dies auch. Doch in den anderen Momenten entsteht zwischen ihr und Steve eine Anziehung die eindeutig nicht da sein sollte. Mehrfach geschieht es, dass sie sich einfach nur anstarren und sich, ohne es wirklich zu merken, näher kommen. Violettes Herz schlägt jedes Mal bis zum Anschlag, um dann beim nächsten Besuch von Agent Carter wieder hart auf die Realität zu treffen. Mehr und mehr wird ihr bewusst, dass Bucky vielleicht doch Recht hatte und sie ihren Gefühlen für Steve nicht davon laufen kann.

Es ist eine Qual immer wieder vorgeführt zu bekommen, dass sie sich das zwischen sich und dem Blonden nur einbildet. Einige Wochen ziehen dahin und allmählich hält Violette es nicht mehr aus. Immer wieder bildet sie sich ein, dass die Anziehung die sie empfindet nicht nur von ihr aus geht. Dass auch Steve etwas für sie empfinden könnte, nur um im nächsten Moment auf den Boden der Tatsachen geholt zu werden. Das ständige Hoffen beginnt ihr Herz nach und nach auseinander zu reißen.

Die Ausbildung der Anderen schreitet schnell voran, sodass Violette immer häufiger darüber nachdenkt zu gehen. Sowohl Natascha als auch Wanda raten ihr sogar zu gehen. Sam hält sich raus und Tony ist dafür, dass sie wieder zu ihm in die Stadt zieht. Leider ist dies für Violette keine Option. Aber sie merkt, dass es so nicht weiter gehen kann. Deswegen kommt der Tag an dem sie erneut eine Entscheidung fällt.

Diesmal ist es fast schon einfach sich zum Gehen zu entscheiden. Sie geht nicht im Streit, sondern aus freien Stücken, wodurch sie sich genug Zeit für den Abschied nehmen kann. Außer Steve weiht sie alle in ihre Pläne ein. Besonders Wanda und Natascha sind traurig, können es aber verstehen. Wanda schlägt vor noch einen letzten, schönen Abend zusammen zu verbringen, bevor Violette geht. Eine gute Idee für den Abschied wie Violette findet. Steve wird ebenfalls eingeladen, obwohl ihm noch immer nicht klar ist, dass es eine Abschiedsparty ist.

Stundenlang sitzen sie alle gemeinsam im Hauptquartier und reden über alles Mögliche. Die Musik spielt im Hintergrund und der ein oder andere hat schnell mehr als nur einen Drink weg. Es wird viel gelacht, während eine zufriedene Stimmung herrscht. Es ist schon sehr spät als sich die Ersten verabschieden. Möglichst unauffällig folgt Violette denjenigen aus dem Raum, damit Steve es nicht bemerkt.

Vision umarmt sie, genau wie Rhodey. Maria wünscht ihr zusätzlich noch viel Glück. Der Abschied von Natascha, Sam und Wanda findet auf den jeweiligen Zimmern statt. Sie alle sagen wie sehr sie Violette vermissen werden und dass sie sich melden soll. Auch wenn Violette den Wunsch verstehen kann, verspricht sie nichts, denn ihr ist klar, dass sie das nicht einhalten würde.

Als sie wieder zurück ins Wohnzimmer kehrt, sind nur noch Tony und Steve über. Die Nacht ist bald vorbei, sodass auch Tony beschließt, dass es Zeit ist zu gehen. Violette begleitet ihn noch zur Tür, während Steve zurück bleibt. Tony zögert nicht Violette fest an sich zu drücken, was die Dunkelhaarige direkt erwidert.

"Melde dich. Bitte... Ich weiß, dass du es nicht willst, aber ich muss wissen, dass es dir gut geht. Einmal im Monat wie damals...", bittet er sie leise um ihre letzte Abmachung.

"Na gut, weil du es bist", nuschelt Violette. Natürlich hätte sie sich zumindest bei Tony gemeldet, so wie sie es immer getan hat.

"Danke..." Er löst sich und schaut sie traurig an.

"Pass auf dich auf", sagt er und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.

"Du auch", bitte Violette leise.

"Ich hab dich lieb, Blümchen", verabschiedet Tony sich.

"Ich dich auch, Brüderchen." Schweren Herzens geht der Wissenschaftler schließlich. Violette schließt die Tür erst, als sein Wagen nicht mehr zu sehen ist. Dann lehnt sie sich an die Tür. Sie haben viel zu wenig Zeit miteinander verbracht. Seit sie zurück ist, waren sie beide ständig beschäftigt... Er wird ihr besonders fehlen. Sie dreht sich um, um wieder ins Wohnzimmer zu gehen und erschrickt, als sie Steve nur einige Schritte hinter ihr steht.

"Entschuldige", sagt er und mustert sie intensiv.

"Schon gut, ich hab dich nur nicht gehört", meint sie, lächelt ihn an und geht an ihm vorbei ins Wohnzimmer aufräumen. Ihr wird erst bewusst wie spät es wirklich ist, als sie die ersten rosa Sonnenstrahlen bemerkt, die sich langsam ihren Weg über den Horizont erkämpfen.

"Was war das eben?", fragt Steve, der ihr gefolgt ist.

"Was meinst du? Ich hab Tony Tschüss gesagt." Violette versucht es lässig klingen zu lassen. Vermutlich wenig erfolgreich.

"Da steckt mehr hinter, oder? Das war kein normales 'Tschüss' sagen." Sie versucht ihn nicht anzusehen und beginnt die Schüssel in der mal Snacks waren mit übrigen Krümmeln zu füllen.

"Lila?", fragt Steve, als sie nicht antwortet.

"Ich weiß nicht was du meinst. Es war ein Abschied wie immer", lügt sie und stellt einige Gläser in die Küche.

"Nein, war es nicht. Das war ein Abschied, als würde...", beginnt er, stockt dann aber.

"Als würde was?", fragt sie, als er nicht weiter redet. Sie will an ihm vorbei zurück ins Wohnzimmer, als er einen Arm ausstreckt und sie somit daran hintert an ihm vorbei zu gehen.

"Als würdest du wieder weggehen", sagt er nun ernst und mustert sie intensiv auf der Suche nach einer Antwort. Violette schluckt schwer. Sollte sie es ihm doch sagen? Ehrlich zu ihm sein? Nein, er würde sie nicht gehen lassen.

"Das bildest du dir ein. Ich geh nirgendwohin", lächelt sie ihn falsch an. Sie befreit sich von seinem Arm und geht zurück ins Wohnzimmer die letzten Dinge wegbringen.

"Sicher?", fragt er und klingt wenig überzeugt.

"Ja. Lass uns schlafen gehen." Sie lächelt erneut, was ihr schon fast ein schlechtes Gewissen macht. Aber eben nur fast... Wenig überzeugt, folgt er ihr zu ihrem Zimmer. Seins liegt etwas weiter hinten, weswegen sie sich nun bereits verabschieden müssen.

"Bis morgen", meint Violette und umarmt ihn kurz. Dabei zieht sie heimlich ein letztes Mal seinen Duft ein. Ihr ist bereits klar, dass sie morgen nicht mehr da sein wird. Misstrauisch beobachtet er sie. Sie versucht sich nichts anmerken zu lassen und will ins Zimmer gehen, als er sie erneut am Arm ergreift und sie aufhält. Fragend blickt sie zu ihm hoch, doch er sagt nicht und lässt ihren Arm los. Er scheint zu überlegen. Dann schüttelt er den Kopf und dreht sich um.

"Steve?", fragt Violette etwas verwirrt, wodurch er wieder stehen bleibt. Einen Moment verweilt er, bevor er auf dem Absatz kehrt macht und auf Violette zu stürmt. Überrascht weicht sie zurück, aber er zieht nach. Schneller als sie es realisieren kann, steht er vor ihr, umschließt ihr Gesicht mit seinen Händen und drückt seine Lippen auf ihre. Der Kuss überrascht sie, zumal er beinahe verzweifelt wirkt. Wie der letzte Versuch eines Ertrinkenden sich festzuhalten. Aber es bleibt keine Zeit irgendwie zu reagieren... Viel zu schnell löst sich Steve wieder. Für einen kurzen Moment schaut sie ihm fragend und verwirrt in die Augen. Statt etwas zu sagen, dreht er wieder um und geht. Wortlos verschwindet er in seinem Zimmer, während Violette sich an die Lippen fasst und ihm hinterher starrt.

Hat sie sich das gerade eingebildet oder hat er sie wirklich geküsst? Irritiert schließt sie ihre Tür. An Schlaf ist jetzt nicht mehr zu denken. Stattdessen nimmt sie ihren Rucksack und packt dort ihre Reise Sachen hinein. Es sind genau die gleichen Sachen wie beim letzten Mal, nur dass sie diesmal ein anderes Bild einsteckt. Es ist erst vor kurzem entstanden und zeigt sie mit ihren neuen Freunden. Ohne sich darum zu kümmern ob Steve eventuell noch wach ist, verlässt sie ihr Zimmer. Schnell und leise schleicht sie sich hinaus zu ihrer Machine, stülpt den Helm über und steigt auf. Ein letztes Mal blickt sie zu dem Gebäude. Für einen Moment hat sie das Gefühl jemanden am Fenster zu sehen, doch als sie erneut hinschaut, ist keiner da. Vermutlich hat sie es sich nur eingebildet... Schnell startet sie den Motor und fährt noch immer etwas durcheinander zum Flughafen.

Dreamdancer - Ich träum nicht mehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt