Prolog

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Der dunkelhaarige Mann hatte abwartend die Arme vor der Brust verschränkt, während er reglos in die Nacht hinausstarrte. Von seinem Platz aus hatte er einen guten Blick über Muggel-London. Er konnte die Themse im Licht der Häuser funkeln sehen. Keine Sterne waren am Himmel zu erkennen, der Mond wurde von schweren dunklen Wolken verhangen, die Unwissende wohl auf ein drohendes Unwetter schieben würden. Er wusste es besser.

Die Dementoren hatten Askaban endgültig verlassen, hatten ihre Wacht über die Gefangenen aufgegeben. Noch in dieser Nacht würde der zukünftige Schwiegervater seiner Ziehtochter in sein Anwesen zurückkehren, womit den Festlichkeiten nichts mehr im Wege stand.

Unwillig verzog der Zauberer die Lippen, als der Wind um ihn herum heftiger wurde und die Grashalme zu seinen Füßen bis zum Anschlag bog. Das Laub der Bäume hinter ihm raschelte und ihre Äste knackten, weshalb er die Ankunft des zweiten Mannes beinahe verpasste. Ein dumpfes Ploppen, welches die Natur beinahe sofort mit sich davontrug.

"Du bist gekommen", schnarrte der Todesser und drehte sich langsam um, wobei sein schwarzer Umhang um ihn herumflatterte und ihn somit fast wie eine Fledermaus erscheinen ließ.

"Was willst du, Snape?"

Severus Snape hatte nicht erwartet, dass der Neuankömmling ihm positive Gefühle entgegenbrachte, weshalb es ihm nun umso leichter fiel, eine ausdruckslose Miene beizubehalten. Das hier war so viel einfacher, als seinem Herrn gegenüberzustehen, und ungleich so viel schwieriger. Ihm entging die Zauberstabspitze nicht, die unentwegt auf ihn gerichtet war. "Ich brauche deine Hilfe, Lupin."

Die grünen Augen weiteten sich für den Bruchteil einer Sekunde, dann runzelte sein Gegenüber die Stirn. "Wobei sollte ich dir helfen?" Abscheu schwang bei jedem einzelnen Wort mit. "Hast du eine Ahnung, was du angerichtet hast? Dumbledore ist tot. Er hat dir vertraut. Er hat sich immer für dich verbürgt und doch hast du ihn verraten."

Ein Stich breitete sich in seinem Magen aus. Der Zaubertrankmeister ballte die freie Hand zur Faust, bis das dunkle Mal sich auf der Haut an seinem Unterarm schmerzhaft spannte. Das Spiel kostete ihn viel. Doch er würde nicht zulassen, dass es sie mehr kosten würde. "Ich habe einen Verwechslungszauber gewirkt", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. So sehr es ihm widerstrebte, an diesem Punkt würde nur Ehrlichkeit ihn weiterbringen.

Der auf ihn gerichtete Zauberstab zuckte. Zu dem Wind hatte sich inzwischen Regen gesellt, der die Umhänge beider Zauberer durchweichte. "Wieso solltest du das tun?" Schweigen entstand und füllte die Luft zwischen ihnen einige Herzschläge lang, dann schien dem ehemaligen Verteidigungslehrer ein Licht aufzugehen: "Außer ..."

"Sie sollte über all dem nicht dem Hass ihres Bruders gegenüberstehen müssen. Es reicht schon, dass er inzwischen weiß, dass sie das dunkle Mal trägt."

"Ich wollte es Harry nicht glauben ..." Der Todesser sah, wie sich die Augen seines ehemaligen Schulkameraden mit Tränen füllten. "Lily und James hätten das nicht gewollt."

Angestrengt schluckte er gegen den Kloß in seiner Kehle an. "Sie hatte keine Wahl. Die Umstände haben sie dazu getrieben. Und -" Die Erinnerung trieb ihm nun seinerseits Tränen in die Augen. Er konnte den Namen nicht aussprechen, doch Lupin nickte so oder so. Für einen Moment schien die Feindseligkeit zwischen ihnen vergessen.

"Mariah hatte so eine Angst davor. Ihr Irrwicht damals - es war sie. Ich sagte ihr noch, dass niemand sie zwingen könnte. Aber sie ist stur."

Er zögerte. "So stur, dass es ihr zum Verhängnis werden könnte."

Irritation flackerte im Gesicht des Werwolfs auf. "Sie hat den Zauber gesprochen?" Ein knappes Nicken war die Antwort. "Und doch steht in allen Zeitungen, du wärst es gewesen. Es ist das, was Harry allen erzählt."

Dem Schwarzhaarigen entwich ein freudloses Schnauben. "Ich sagte schon einmal: So war es geplant. Dem dunklen Lord konnte ich beibringen, ich hätte es getan, damit er Mariah als Waffe gegen ihren Bruder einsetzen kann." Unruhig huschten die dunklen Augen über den kleinen Hügel, suchten die Schatten nach einem ungebetenen Zuhörer ab. Er hatte einen Muffliato um sie beide gelegt, aber gerade bei dem, was er im Begriff war auszusprechen, konnte man nicht vorsichtig genug sein. "Sie ist da in etwas hineingeraten, dessen Ausmaße sie nicht begreift. Ich habe Angst um sie", gab er zu und war selbst überrascht, wie ehrlich diese Worte waren.

"Was willst du nun von mir, Severus?"

"Du kanntest Potter", schnarrte der Angesprochene und verschränkte die Arme vor der Brust. "Sie ist in vielen Dingen nach ihm gekommen. Genauso halsstarrig, genauso unüberlegt ..." Im schwachen Licht der Stadt hinter ihm, konnte Snape erkennen, dass Lupin den Kiefer anspannte und die Zähne aufeinanderbiss. "Ich habe Fehler begangen." Das zuzugeben, fiel dem Tränkemeister unheimlich schwer. "Fehler, die sie Stück für Stück von mir weggetrieben haben. Sie hört nicht mehr auf mich."

Endlich senkte sich der Zauberstab. "Und was soll ich da tun?"

Gerne hätte er die Hände in die Luft geschmissen, um seinem Unmut Ausdruck zu verleihen, stattdessen verschränkte er die Arme. "Halt Potter davon ab, in Bezug auf seine Schwester etwas Unüberlegtes zu tun. Sprich mit ihr, sollte sie dir begegnen. Und lass die Taten, die sie begangen hat und vielleicht noch begehen wird außer Acht."

Ein Nicken.

"Meine Tage sind gezählt, Lupin. Ich glaube nicht, dass ich diesen Krieg überleben werde." Ein Zittern hatte sich in seine Stimme geschlichen, weshalb er sich räusperte. "Versprich mir, auch danach noch auf sie aufzupassen. Sollte es zur Schlacht kommen, versuch, sie aus der Ziellinie zu schaffen."

"Sie ist bald eine erwachsene Frau."

"Bitte." Das Wort kam so leise, dass es von dem inzwischen tosenden Wind beinahe verschluckt wurde.

"Ich kann es dir nicht versprechen."

Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt