Unruhige Nächte

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LENA

Wenige Tage nach einer Geburt war die junge Mutter zwar wieder zuhause, aber noch nicht wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte, sondern erschöpft, ausgelaugt und todmüde. Doch mittlerweile hatte sie sich von der Geburt einigermaßen erholt und ihr Körper schöpfte wieder genügend Kraft. Doch heute sah sie sehr müde aus, zu meiner Besorgnis.

>>Es geht mir gut<<
, ihre Stimme klang müde, als sie auf meine Frage antwortete.
>>Helena, du solltest wirklich Schlaf nachholen, wenn die Kleine schläft<<, erklärte ich besorgt und musterte die dunklen Augenringe, die ihre Lider zierten. Nach einer kurzen Pause fuhr die ich etwas strenger fort, >>Sonst macht dein Körper irgendwann mal schlapp. Das hilft dir nicht und der Kleinen genauso wenig<<.

>>Du solltest dich mal richtig ausschlafen<<
, sagte ich.

Helena schreckte hoch und fuhr sich über die müden Augen, die nur kleine Schlitze waren.

>>Hast du was gesagt?<<
, fragte sie.
>>Das meine ich, du schläfst fast beim Essen ein. Wie lange soll das noch gut gehen?<<, erklärte ich.

>>Lena, mir geht es gut<<
, sagte sie. Ich verdrehte die Augen und blickte Helena ungläubig an.

>>Mir geht es gut<<
, wiederholte sie bestimmt und versuchte sich wach zu halten.

>>Das kannst du mir nicht erzählen, dafür kenne ich dich jetzt schon zu gut<<
, sagte ich, ehe ich einen Schluck von meinem Wasser trank. Sie zog nachdenklich die Stirn kraus.

>>Ich habe noch vier Tage frei bekommen bis ich wieder zurück muss. Meine Chefin ist sehr tolerant und hat mir freigegeben. Ich bleibe also hier, um dich noch besser zu unterstützen<<, erklärte ich Helena.

Unsicher blickte Helena mich an und runzelte die Stirn.

>>Aber Mädchen deine Ausbildung ist doch wichtig<<
, erklärte sie mir.

Ich blickte wortlos zurück.

Eine halbe Ewigkeit verlor ich kein Wort. Ich blickte Helena somit eine ganze Weile sprachlos an, während sich mein Kopf mit Gedanken förmlich überschlug.

So schön diese Situation in den letzten Tagen auch war, es gab noch ein Leben.

Ein Leben in einer anderen Stadt, in der Stadt wo ich meine Ausbildung erst angefangen hatte und wo ich bei meinen Eltern wohnte. Genau, meine Eltern, die immer dachten, dass ich bei einer guten Freundin bin, mit der ich auch im Urlaub war. Davon das ich am Anfang der Ausbildungszeit schon eine Pause nahm, darüber waren sie nicht begeistert. Meine Eltern gehörten zwar zu den toleranteren Teilen der Gesellschaft, aber ich wusste nicht, wie sie reagieren würden, wenn ich ihnen Erzählen würde das ich eine Frau liebte. Eine ältere Frau mit zwei Kindern. Meine ehemalige Lehrerin. Ich musste es aber bald klären, da ich mit den Gedanken spielte bei Helena zu bleiben, auch wenn diese davon nichts wusste.

Mit diesen tausenden Gedanken saß ich erwartungsvoll vor Helena und sah sie an. Ich wartete immer noch gespannt auf ihre Antwort.

Schließlich setzte sie mit ihrer Antwort an, nachdem sie ein paar Mal tief eingeatmet hatte.

>>Danke, für dein Angebot, ich weiß es zu schätzen<<
, sie machte eine kurze Pause, um etwas zu trinken.

>>Wirklich, ich weiß es zu schätzen, Lena, aber das ist nicht nötig. Mia und ich müssen nur die richtige Routine entwickeln<<,
sagte sie, stellte ihr Glas ab und blicke zu mir über den Tisch hinweg an.

>>Mehr als was du schon für mich getan hast ,kann ich von dir nicht verlangen<<, erklärte sie.


Ich verdrehte meine Augen, bevor ich erwiderte, >>Ja klar, das schaffst du bestimmt alleine, wenn du dann erst mal vor Übermüdung zusammengebrochen bist.<<

Ich sah sie eindringlich an als ich fortfuhr, >>Helena, ich will dir doch nur helfen. Du hast es nicht verlangt, ich habe es dir angeboten. Also nimmst du es an!<<

>>Ich weiß deine Sorge zu schätzen, aber ich schlafe nachts, wenn sie schläft<<, erklärte sie mir.

>>Ein Baby schläft aber nie eine ganze Nacht durch. Du weist, dass sie letzte Nacht viermal wach war und geweint hat. Das bedeutet, du schläfst immer nur maximal zwei Stunden am Stück
<<, sagte ich. Wir diskutierten noch eine weile hin und her. Fast schon wie ein altes Ehepaar.

>>Meinetwegen<<, gab sich Helena dann mit einem flüchtigen Lächeln geschlagen. Ich freute mich, was man mir wohl auch ansah, denn meine Augen leuchteten freudig, nein, sie strahlten noch viel mehr als sonst. Sie funkelten regelrecht.

Helena stand auf. >>Wo willst du hin?<<, fragte ich.

>>Zu Mia!<<


>>Du gehst ins Bett und ich kümmere mich um Mia<<, sagte ich und schob Helena in Richtung ihr Schafzimmer. Sie gab sich schließlich geschlagen, legte sich in das Bett und schloss müde die Augen.

Die Kleine Maus fing nun an zu Weinen. Ich ging zu ihr ans Babybett. >>Ruhig, meine kleine Mia, wir beide wollen deine Mama doch schlafen lassen, oder?<<, nahm ich sie und wiegte die kleine in meinen Armen und redete beruhigend auf sie ein. Nach und nach entspannte sich das kleine Mädchen.

>>So ist gut Mia, nah was ist? Schenkst du mir ein Strahlen?<<


Beim erneuten Klang von meiner Stimme blickte sie auf und sah mich mit tränennassen Augen an. Man hätte meinen können, dass sie mir wirklich ein kleines Strahlen schenkte.
>>Du bist schon eine süße Maus<<, sagte ich.

>>Wie deine Mama, die ist auch so süß. Ich mag deine Mama sehr, weist du<<
, erzählte ich und sah hinunter und vernahm nur noch gleichmäßige Atemzüge.

>>Ich habe dich wohl in den Schlaf gequatscht<<
, lächelnd betrachtete ich liebevoll das Baby, das nun friedlich in meinen Armen schlummerte. Zärtlich küsste ich es auf die Stirn. Bevor ich aufstand, um Mia in ihr Kinderbett zu legen. Leise zog ich die Tür hinter mir zu. Draußen im Flur fiel mein Blick auf die gegenüberliegende Zimmertür. Lächelnd gestand ich mir ein, dass sie nicht nur hier war, um über Mia zu wachen, sondern auch um auf ihre Mutter aufzupassen. Um auf Helena zu achten, die ich immer noch liebte.

Am nächsten Morgen. Ich hatte diese letzte Nacht nicht viel Schlaf bekommen, denn immer wenn die kleine Maus wach wurde sprang ich förmlich aus dem Bett, bevor es Mia schaffte, ihre Mutter zu wecken, und stürzte ins Kinderzimmer. Mir gelang es auch immer, das weinende Mädchen zu beruhigen. Nur einmal gelang es mir nicht, da diese Hunger hatte. So musste ich Helena notgedrungen wecken, damit sie die Kleine stillen konnte. Inzwischen war ich aufgestanden und reckte mich ausgiebig. Ich schlüpfte in meine roten Kuschelpullover und verließ das Zimmer, wo ich geschlafen hatte. Schon als ich im Flur stand, hörte ich Helenas Stimme, wie sie mit Mia redete.

>>Guten Morgen<<,
begrüßte ich Helena.

>>Guten Morgen<<, lächelte diese mir nervös entgegen.

>>Hast du gut geschlafen?<<
, fragte sie mich.

>>Hab ich, also die Stunden, die mich dieses Engelchen nicht wach gehalten hat<<, ich blickte mit einen fürsorglichen Blick auf den Säugling, der in Helena ihren Armen lag. Ich strich ihr sanft über die Wange, wobei ich versehentlich Helena ihre Hand streifte und ein Prickeln mir überkam.

Helena sah heute Morgen schon viel besser aus als gestern noch und dies freute mich.

>>Du siehst gut aus<<, bei meinen Worten lächelte ich Helena so zärtlich an, dass es mein Herz schneller schlagen ließ.

HELENA


Eigentlich war ich froh, dass Lena mich unterstützte. Ich hatte zwar ein schlechtes Gewissen wegen ihrer Ausbildung, die sie gerade erst begonnen hatte. Sie pausierte meinetwegen und dem Baby, das wollte ich eigentlich nicht. Doch Lena ihr Unterstützung war echt toll. Endlich konnte ich eine Nacht mal richtig schlafen und fühlte mich am Morgen frischer als zuletzt.

Dann wieder so eine kleine Berührung von ihr, die mich aus der Fassung brachte.

Wieso hat ihr Lächeln immer diese verheerende Wirkung auf mich? Wenn sie lächelte, gelang es mir nicht mehr, mich auf irgendetwas zu konzentrieren, an nichts mehr anders zu denken als an Lena. An ihre Augen, die mich auf eine Art und Weise in meinen Bann zogen, dass ich nicht mehr klar denken konnte und was ich nicht verstand, oder besser, nicht wahrhaben wollte.

Ich wurde nun zunehmend nervöser. Das Mädchen in meinen Armen schien die Unruhe zu spüren, ihrer Mutter ausging. Denn vor wenigen Sekunden gluckste sie noch vergnügt vor sich hin und nun fing sie plötzlich mit einem Mal aus Leibeskräften an zu brüllen. Ich strich ihr über den Rücken und sprach beruhigend auf sie ein, doch Mia wollte sich einfach nicht beruhigen lassen, denn sie spürte viel zu genau die innere Unruhe von mir.

>>Soll ich mal?<<, fragte Lena mich.
Wortlos reichte ich ihr den schreienden Säugling.
>>Hey, Sonnenschein, was ist denn los?<<, zärtlich umschloss Lena den Babykörper in ihren Armen und wog ihn sanft hin und her. Sie lächelte das kleine Mädchen an, während sie zugleich tröstend auf sie einredete.

>>Nah geht doch, du keiner Schreihals<<
, grinste sie nun, als Mia unvermittelt aufhörte zu schreien und sie stattdessen strahlend anschaute.

>>Sie mag dich<
<, sagte ich zu ihr.

>>Ich sie auch<<,
gab Lena mit einem Lächeln zurück.

Wir schauten uns über das Kind hinweg an, das nun erschöpft in Lena ihren Armen lag und im Schlaf vor sich hin brabbelte.

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In Love - Frau Jordan Teil 2 -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt