Kapitel 6

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Langsam drehe ich mich zu ihm um. Eigentlich will ich hier einfach weg. Auf der anderen Seite, will ich aber auch wissen, was er jetzt doch zu sagen hat. Vorsichtig lässt er meine Hand los, wahrscheinlich aus Angst, dass ich mich doch dazu entscheide weg zu gehen. Aber ich bleibe. "Was willst du sagen?", frage ich leise und setze mich wieder neben ihn. "Das ist alles sehr kompliziert. Aber ich muss wirklich sagen, dass deine Worte mich geschockt haben. Deine Vorwürfe verstehe ich, also teilweise. Allerdings ist es doch sehr komisch, es von dir zu hören. Ich meine wir kennen uns erst seit gestern.", fängt er an. "Und nein, ich habe nicht gelogen. Ich bin wirklich Single. Dazu muss ich aber sagen, dass diese Info noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen ist, aus dem Grund, dass sonst zu viele Fans versuchen würden an mich ran zu kommen. Gerade weil ich erst 21 bin." Ich komme mir total dämlich vor, weil ich ihn angeschrien haben. "Es... es... tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe.", sage ich leise. "Ich habe wahrscheinlich einfach überreagiert, weil alles zu viel wurde. Erst das mit dem Artikel, dann das mit Nick und seiner dämlichen Freundin. Es tut mir leid.", ergänze ich, genauso leise wie meine Entschuldigung. Sein Mund verzieht sich zu einem leichten Lächeln, dass aber kurz danach wieder verschwunden ist. Wir schweigen eine Zeit lang, bis Julian nach einer Weile das Wort ergreift. "Wieso willst du eigentlich weg aus Düsseldorf? Wegen deinem Ex?" Ich nicke leicht. "Und wegen der Arbeit. Und meinen Mitbewohnern. Eigentlich wegen allem. In Frankfurt ist auch schon alles vorbereitet. Ich muss in 4 Monaten wirklich nur meine Tasche packen und mich in mein Auto setzen." "Ist es denn wirklich so schlimm wie du sagst, oder reagierst du wieder über?", fragt er, mit einem Grinsen auf den Lippen. Ich sehe ihn sauer an. Sofort verschwindet das Grinsen wieder. "Tut mir leid.", flüstert er. 

Nach seiner Entschuldigung sind wir noch eine Weile durch den Park gelaufen.  Wirklich geredet haben wir dabei nicht. Ich fühle mich leichter, weil ich alles rauslassen konnte. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen, weil gerade Julian alles abbekommen hat. Ich habe keine Ahnung, ob ich das jemals wieder gut machen kann. Nach einer Weile sehe ich zu ihm rüber. Bisher hat jeder den Blick des anderen gemieden, aber aus irgendeinem Grund sehe ich jetzt zu ihm. Er tut das Selbe und wir beide öffnen den Mund um etwas zu sagen. Und stoppen gleichzeitig, um dem anderen den Vorrang zu lassen. "Nein, du zuerst.", sagt er. "Ich habe Hunger.", sage ich ganz leise. Es ist ein Klischee, dass Frauen immer Hunger haben. Leider trifft dieses Klischee genau auf mich zu. Ich esse total viel. Ich könnte immer essen. Ich liebe Essen. Er lächelt mich an. "Ich auch. Wo kann man hier gut essen?", will er wissen. Ich überlege kurz. "Wenn wir zum anderen Ende des Parks laufen, kommen wir an den Rhein. Da ist ein Hotel mit Restaurant und Bar. Da ist das Essen eigentlich ganz gut." Er nickt leicht. "Klingt gut.", antwortet er und bleibt stehen. Ich sehe ihn verwirrt an. "Ich dachte du willst eventuell wieder vorlaufen, wie heute Nachmittag." Wieder ist da dieses Grinsen auf seinen Lippen. Ich will ihn sauer angucken, aber bei seinem Grinsen kann ich nicht sauer sein. Ich lächle und greife nach seiner Hand. "Komm jetzt, du Idiot.", sage ich und ziehe ihn neben mich. Diesmal laufen wir nebeneinander durch den Park.

Gegen 22 Uhr haben wir uns dazu entschieden, dass es besser wäre, wenn er jetzt langsam wieder nach Hause fährt. Schließlich wollten wir nur reden und nicht den ganzen Abend miteinander verbringen. Ich habe mich noch mindestens 5 Mal bei Julian entschuldigt. Nach dem dritten Mal hat er nur noch mit den Kopf geschüttelt und gesagt, dass alles okay sei und ich mir keine Gedanken machen soll. Aber sag das mal einer jungen Frau, ohne das sie sich weitere Gedanken macht. Das funktioniert einfach nicht. Aber natürlich ist er nicht gefahren, ohne mir nochmal zur Seite zu stehen. Beim Essen habe ich ihm ausführlich von Nick und seiner Freundin erzählt, und was die beiden in der letzten Zeit mit mir abgezogen haben. Und es war nicht einmal meine Idee, das zu tun, was keine 2 Stunden später passiert ist. Julian hat vorgeschlagen mich wieder nach Hause zu bringen, diesmal war der Weg zwar nicht so weit, wie der aus der Altstadt, aber er hatte eine Idee. Eine Idee von der ich erst an der Haustür erfahren habe. Er hat sich dazu entschieden mich bis in mein Zimmer zu bringen und noch eine halbe Stunde zu bleiben. Kaum habe ich die Tür aufgeschlossen, meldet Nicks Freundin sich aus dem Wohnzimmer zu Wort. "Das ging ja schnell. Ich habe dir doch gleich gesagt, dass er sich bei deinem Aussehen sofort wieder fallen lässt." Julian schließt leise die Tür hinter uns und kann sich einen Kommentar nicht verkneifen. "So schlecht, sieht sie doch gar nicht aus.", sagt er und legt seinen Arm um mich. Die Blicke von Nick und seiner Freundin werde ich nie im Leben vergessen. "Ehm... hey. Ich bin... Nick und das ist..." "Schon okay, ich habe schon viel von euch gehört.", lacht Julian. Wieder sehen die beiden sich verdutzt an. "Also, wo ist dein Zimmer?", fragt Julian und schiebt mich aus dem Raum. Nick und Mia sitzen immer noch sprachlos auf der Couch und jetzt kann auch ich mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Julian und ich reden noch eine Weile und er schlägt mir vor, mir gerne zu helfen, wenn ich noch etwas nach Frankfurt bringen muss. Und obwohl wir beide beschlossen haben, dass er langsam gehen sollte, finde ich es sehr schade, dass es doch schon soweit ist, als er seine Jacke anzieht. Ich bringe ihn zur Tür und wir verabschieden uns mit einer Umarmung. "Schreib mir, wenn du zu Hause angekommen bist.", sage ich während der Umarmung. "Mache ich.", erwidert er. 

Eine Stunde später bekomme ich die Nachricht von Julian. 'Gut. Danke nochmal dafür, dass du die beiden sprachlos gemacht hast. Ihre Blicke werde ich im Leben nicht vergessen.' Ein paar Minuten später bekomme ich die Nachricht, dass er da gerne gemacht hat und ich die beiden einfach reden lassen soll. Sie seien es nicht wert, dass ich ihnen soviel Aufmerksamkeit schenke und mich über sie aufrege. Und damit hat er total recht. Ich lege mein Handy, nach einem einfachen 'Danke', zur Seite und schlafe, das erste Mal seit Monaten wieder mit einem Lächeln auf den Lippen ein. 

Stay - Julian Brandt Fanfiction (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt