Kapitel 30

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"Und wir, also eher ich, weil alles schließlich von mir abhängt, habe entschieden, dass ich gehe...", sagt Julian und lässt alles verstummen. Jeden Gedanken, jedes Geräusch, jeden Atemzug. Er verlässt mich. Er verlässt mich einfach. Was habe ich ihm getan, dass er mich einfach so stehen lassen will? Bin ich nicht gut genug? Bin ich doch nicht die Richtige für ihn? Das wird es sein. Es ging alles viel zu schnell mit uns. Es war nur ein kurzer Moment der Verliebtheit. Bis er gemerkt hat, das er doch nicht in mich verliebt ist. Aber das ich mich verliebt habe, obwohl ich es nicht wollte, obwohl ich eigentlich gar nicht mehr in Düsseldorf sein wollte, das ist egal. Es geht nie um mich. Es geht immer nur um das Beste für die anderen. Genau deswegen hätte ich mich nicht verlieben sollen. Es wäre mal das Beste für mich gewesen. Ich hätte in Frankfurt einfach neu anfangen können. Weit weg von all dem. Weit weg von dieser WG, weit weg von meinem Job, weit weg von meinen Ex. Und weg, weit weg von Julian. Wieso tut er mir das jetzt an? Genau jetzt? Ich, wir, hatten doch gerade erst entschieden, das ich nach Köln ziehen werde. Und dann sagt er mir, das er nach England gehen wird. Ich bin sprachlos. Aber in meinem Kopf ist es laut. Sehr laut. Ich habe das Gefühl, dass hunderte von Stimmen in meinem Kopf zu Wort kommen wollen. Sodass ich selbst nicht zu Wort kommen kann. Ich denke an die vergangene Zeit zurück. Sie war kurz. Sehr kurz. Aber auch schön. Ich denke daran zurück, wie er mit mir nach Koblenz gefahren ist. Das er mir das ermöglicht hat, einfach um sich zu entschuldigen. Aber das hier, das er mich so vor vollendete Tatsachen stellt, das kann ich nicht entschuldigen. Mit nichts auf der Welt könnte Julian sich dafür entschuldigen. Niemand von uns dreien sagt etwas. Ich nicht, weil ich einfach keine Worte dafür habe. Und Kai scheint genauso überrascht von dieser Aussage zu sein wie ich. Und Julian schaut uns einfach nur an und wartet darauf, das einer von uns das Schweigen bricht und antwortet.

"Ich muss hier weg.", sage ich leise und setze mich ins Auto. "Warte Marie.", sagt Julian während er die Tür öffnet. "Nein, Julian. Ich kann das hier nicht. Wenn ich dir nichts wert bin oder je war, dann hat es mir diese Aktion heute gezeigt. Denn wenn du je etwas für mich empfunden hättest, dann hättest du mir früher von einem möglichen Wechsel erzählt. Oder direkt am Anfang unserer Beziehung, dann hätte ich mir noch Gedanken gemacht. Aber so musste ich es von meinen Freundinnen in einem Chat erfahren. Du hast mir so viel gezeigt, Julian. Du hast mir gezeigt wie es ist, mal geschätzt zu werden. Und dann fährst du es so vor die Wand. Ich liebe dich, Julian. Und du machst alles kaputt. Ich verstehe den Gedanken dahinter. Deswegen wollte ich auch weg.", schreie ich fast. Und ich wiederhole mich, aber das ist mir egal. "Ich hatte alles vorbereitet, du wolltest mir sogar helfen, den Rest meiner Sachen nach Frankfurt zu bringen. Und dann habe ich mich in dich verliebt. Viel zu schnell und viel zu stark. Alles an dir hat mich angezogen. Deine Art, dein Lächeln. Alles an dir. Und du verschweigst mir so eine wichtige Sache. Bei mir war von Beginn an klar, dass ich nur noch drei Monate in Düsseldorf sein werde. Das du in dieser Zeit nach England wechselst, davon war nie die Rede." Ich hole kurz Luft, als Julian mich unterbricht. "Ich gehe auch nicht jetzt, sondern erst in der Winterpause, wenn...", will er erklären, aber ich unterbreche ihn. "Denkst du das macht es besser? Das es erst in 6 Wochen passieren soll? Denkst du das echt? Julian, nichts auf der Welt kann das wieder gut machen, was du mir gerade angetan hast. Du weißt gar nicht wie hintergangen ich mich fühle. Und vielleicht übertreibe ich jetzt wieder, so wie damals im Park. Aber so bin ich halt. Ich bin ein Mensch mit Gefühlen, Julian. Und du hast meine Gefühle verletzt. Mehr als es je jemand getan hat. Und das sage ich, obwohl ich über mehrere Monate von meinem Ex betrogen worden bin. Das was du heute getan hast, tut viel mehr weh. Ich dachte wir vertrauen uns. Das wir keine Geheimnisse voreinander haben. Ich habe dir am ersten Tag meine Seele geöffnet. Und mich hundert Mal entschuldigt dafür. Aber so bin ich. Nah am Wasser gebaut, aber auch sehr impulsiv. Ich bin verliebt in dich, Julian. Und werde es wahrscheinlich auch noch eine Zeit lang sein. Aber das hier kann ich nicht. Und ich will es auch nicht. Und auch, wenn es nicht meine Schuld ist, es tut mir Leid, Julian.", sage ich mit Tränen in den Augen. Ich schließe die Tür und drehe den Schlüssel in der Zündung. "Marie, warte doch. Du musst...", ruft Julian mir hinterher, aber ich bin schon auf dem Weg in Richtung Heimat. Vielleicht kann ich noch alles drehen. Vielleicht kann ich Frankfurt noch möglich machen. Oder irgendeine andere Stadt, Hauptsache nicht mehr Düsseldorf. Mir tut es Leid, das ich Kai habe so dastehen lassen, aber ich habe es nicht mehr ausgehalten. Ich hoffe er wird mir verzeihen. Falls wir uns überhaupt je Wiedersehen sollten.

Stay - Julian Brandt Fanfiction (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt