Kapitel 9

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Seit einigen Minuten schwamm ich vorsichtig durchs Wasser und hielt nach dem Schmuckstück Ausschau. Das Wasser war eiskalt, und das Mondlicht half mir auch nicht gerade weiter. Bis jetzt hatte ich Socken, eine Ball und sogar einen Schuh gefunden, aber keine Kette. Langsam fing ich an zu glauben, dass Kira ihr Medaillon gar nicht verloren hatte und sie mir das alles nur vorspielten. Ich versuchte mich zu erinnern, ob Kira das Schmuckstück heute getragen hatte, aber ich war noch nie gut darin, mir Einzelheiten zu merken.
Ich schwamm bereits meine fünfte Runde, als ich eine Holzkiste am Ufer entdeckte. Sie war groß und modrig, doch das machte nichts. Ich stieg so leise wie möglich aus dem Wasser und tapste zur Kiste. Ich fuhr mit meinen Fingern über das feuchte Holz. An einigen Stellen war es mit Moos bewachsen, und sie sah aus, als würde das kleinste Gewicht die Kiste zum Einsturz bringen. 
Ich kroch näher heran und entdeckte ein Vorhängeschloss in der Mitte des hölzernen Behälters. Verzweifelt versuchte ich das Schloss zu öffnen, doch keine Chance. Ich tastete die Wiese am, und tatsächlich – ei kleiner Schlüssel befand sich halb unter der Kiste. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete den Deckel. Eine Decke, ein Shirt, eine kurze Hose und ein Kleid lagen zusammengeknüllt am Boden. Dankbar zog ich die Decke und das Kleid heraus, schlüpfte in das Gewand und kuschelte mich in die Decke. Das Kleid hatte eine kleine Tasche, und irgendwas schien darin zu klimpern, doch ich kümmerte mich nicht weiter darum. Seufzend lehnte ich mich gegen die Kiste und schloss die Augen. Man, war ich müde.
„Was genau soll das werden?“ Tyler und Jason standen vor mir und starrten auf mich herab.
„Ich finde sie nicht! Es ist viel zu dunkel und ARSCHKALT!“, erwiderte ich wütend.
„Stell dich nicht so an. What doesn’t kill you makes you stronger, oder?“ Jason grinste.
„Wer sagt, dass ich nicht erfriere, während ihr hier draußen wartet, dass ich eine Kette finde, die wahrscheinlich gar nicht vermisst wird?!“, meinte ich wütend. Doch Jason und Tyler brachte das nur zum Lachen, was mich noch wütender machte.
„Du denkst also wirklich, dass wir dir beim Sterben zu sehen würden?“, fragte Tyler.
Ich ignorierte ihn und fragte stattdessen: „Kann ich jetzt aufhören, wie eine irre nach diesem blödem Medaillon zu suchen?“
Als Antwort wurde ich aber nur an den Oberarmen gepackt und wieder ins Wasser geschmissen.
„Seid ihr noch ganz dicht? Man, mir ist total kalt! Wollt ihr, dass ich erfriere?“
„Ich denke, sie hat recht. Sie sollte wirklich bald aus dem Wasser kommen.“ Olivia kam mit den anderen um die Ecke und stellte sich vor mich. Tyler starrte mich kurz an, grinste dann und streckte mir die Hand hin. „Klar, tut mir leid.“
Unwillkürlich lächelte ich, verfluchte mich aber im nächsten Moment dafür. Meine Wut war noch nicht verblasst, und er sollte nicht glauben, dass er so leicht davon käme. 
Ich griff nach seiner Hand, als ich plötzlich am Fuß gepackt wurde und unters Wasser gezogen wurde. Ich strampelte verzweifelt und schlug mit meinen Armen um mich. Verzweifelt versuchte ich, nach oben zu schwimmen, doch mein Angreifer packte mich an meinen Armen und drückte meinen Kopf nach unten.

Carpe diem, LydiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt