Kapitel 19

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Während wir zum Café gingen, kickte ich ein paar Steine aus dem Weg und sprach mit niemandem. Ich redete nur wenig, und auch wenn mich jemand direkt ansprach murmelte ich nur ein „Ja“, „Nein“ oder „Mhm.“ Ich war eben ziemlich schlecht drauf.
Der Wind tobte durch die Luft und wehte Blätter in mein Gesicht. Annabel beschwerte sich lauthals darüber, dass ihre Haare zerstört wurden. Derek grinste und wuschelte ihr über den Kopf, worauf er einen Schlag in die Rippen von Annabel riskierte. Doch auch sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Wir setzten uns in eine Nische im vorderen Teil des Cafés. 
„Hey.“, sagte Tyler. Er legte seine Hand an meinen Rücken. „Das legt sich schon wieder.“ 
„Wenn du meinst.“ Ich drehte meinen Kopf zur Seite und vertiefte mich in die Speisekarte.
Es war mir eigentlich ziemlich egal, dass meine Mutter von dem Vorfall am See Luft bekommen hatte. Meine eigentliche Wut galt ihr selbst. Ich ertrug die Vorstellung kaum, dass sie sich nicht mal dazu durchrangen konnte, nach mir zu suchen. Stattdessen musste sie John schicken. John, ausgerechnet John!
„Lydia!“ Dawn tippte mir auf die Schulter und zeigte unauffällig auf die Kellnerin. Sie war ungefähr neunzehn, ihr braunes Haar war locker zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre Augen waren tonnenweise mit schwarzem Make-Up bedeckt und sie kaute ihren Kaugummi ziemlich laut.
Ihre Uniform bestand aus einer weißen Bluse mit einer schwarzen Hose, die kurz unter den Knien aufhörte, und einer schwarzen Schürze.
Sie tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden und warf mir einen gelangweilten Blick zu.
„Du auch was?“, fragte sie. Sie wandte den Blick ab und ging, noch während ich mein Wasser bestellte.
„Die ist nicht immer so.“, sagte Eren.
„Schon ok.“, erwiderte ich.

Ich ging früher nach Hause als die anderen. Kira wollte mich begleiten, doch ich bat sie, mich allein gehen zu lassen.
Zu Hause versuchte ich nicht mal leise zu sein. Ich schlug die Tür hinter meinem Rücken zu und ging in mein Zimmer, als ich die Stimmte von Mum hörte: „Du hast einen Monat Hausarrest!“
„Solange ich keine Zeit mit dir verbringen muss!“ Vielleicht war das ein wenig hart, aber ich war in diesem Moment viel zu wütend.
Ich hörte, wie ein Messer scheppernd am Boden aufkam, als ich mich in meinem Zimmer einschloss.

Am nächsten Morgen blieb ich so lange wie möglich oben, bevor ich zum Bus ging. Am Vorabend ging ich nochmal kurz nach draußen, aber nur um mit meinen Hunden Gassi zu gehen. Jetzt schliefen sie beruhigt auf meinem Bett.
Kira wartete vor der Tür auf mich, doch bevor ich losgehen konnte, zog Finn mich in Johns Auto. Er verriegelte die Tür, als ich wieder aussteigen wollte. Ich ließ mich schnaubend in den Sitz fallen und wartete.
„Es tut mir leid.“ Finn umklammerte das Lenkrad.
Ich schaute ihm in die Augen, fest entschlossen, nicht sofort nachzugeben. Doch kurz darauf fand ich diesen Entschluss bescheuert und verwarf ihn sofort wieder. Ich warf mich an Finns Brust und heulte mich aus. Er sagte kein Wort und strich mir nur beruhigend über den Rücken.

Nach einigen Minuten fuhren wir zur Schule, aber als wir dort waren, hatte die erste Stunde schon längst begonnen. Ich setzte mich auf meinen Platz und lies alles über mich ergehen.
Während der zweiten Stunde schrieb ich Olivia eine SMS, dass ich nicht zum Ball gehen konnte und dass es mir schrecklich leid täte, da sie ihn ja für mich organisiert hatte.
"Schon ok. Wir können das nach holen.
Keine Sorge, du hast da was falsch verstanden. Den Ball habe ich nicht organisiert, es ist irgendein Stadtball oder so, wo jeder eingeladen war."
Ich simste noch so lange mit Olivia, bis mir das Handy abgenommen wurde.

Carpe diem, LydiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt