Kapitel 15

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Ich tigerte nervös auf und ab, während Lucas mir verwirrte Blicke zuwarf.
„L, was ist los?“ Lucas steckte seine Hände in die Hosentaschen und stieg nervös von einen auf den anderen Fuß.
Abrupt blieb ich vor ihm stehen und sagte: „Ich weiß, ich sollte es vielleicht gar nicht tun. Aber ich mach’s trotzdem. Unsere Vergangenheit…ich bin auch nicht ganz unschuldig. Ich will nicht, dass du die ganze Schuld auf dich nimmst. Ich hab… Ich sehe, dass du es bereust. Ich habe mir geschworen, dich nie wieder eines Blickes zu würdigen, geschweige den mit dir zu reden. Aber jetzt stehe ich hier mit dir, in einem leeren Gang. Allein. Vielleicht sollte ich Angst haben, aber ich hab keine.“
„Lydia-“ 
„Nein, lass mich ausreden.“ ,unterbrach ich ihn. Ich holte tief Luft und fuhr fort: „Hör zu. Ich habe dich geliebt, wirklich. Und als du weggezogen bist, war das das Beste, was mir damals passiert ist. Aber auch das Schrecklichste.“ Ich seufzte und senkte den Kopf. Nervös knetete ich meine Finger und schaute Lucas in die Augen. 
Ich öffnete den Mund, und legte mir bereits die nächsten Sätze in meinem Kopf zurecht, als Lucas hoffnungsvoll fragte: „ Heißt das…heißt das du verzeihst mir?“ 
Ich nickte, und im nächsten Moment fand ich mich in Lucas Armen wieder. Ich schlang meine Arme um seinen Oberkörper. Nach einigen Sekunden lösten wir uns wieder.
„Ich hab noch was für dich.“, sagte er, „Ich wusste heute Morgen noch nicht, ob ich es dir geben sollte.“ Zögernd zog er eine schwarze Schatulle aus seiner Jackentasche. Er legte sie mir in die Hand und flüsterte: „Ich habe lange auf diesen Moment gewartet. Ich weiß nicht, ob du dich noch daran erinnerst, aber ich habe mir geschworen, es dir zu geben, falls ich dich jemals wieder sehen werde. Ich habe ihn gekauft, kurz bevor ich weggezogen bin.“
Ich hob den Deckel – und grinste. Ich erinnerte mich noch gut an diesen Tag. 
Lucas und ich schlenderten durch die Stadt, als wir bei einem kleinen Schmuckgeschäft vorbeikamen. Im Schaufenster waren verschiedenste Dinge ausgelegt worden: Ketten, Ohrringe, Armbänder, Uhren. Staunend wanderte ich an der Glaswand entlang, als mein Blick von einem kleinen Stein festgehalten wurde, der eine ähnliche Farbe wie ein Rosenquarz hatte. Der Stein war geformt wie das Plektrum einer Gitarre. Jedoch war er dicker als ein Plektrum, und eine schwarze Schlinge war eingraviert worden. Sehnsüchtig hatte ich meine Hand bereits in meine Tasche gesteckt, um mein Geld herauszuholen. Jedoch war es viel zu teuer gewesen.
Und nun hielt ich ihn in der Hand. Ein kleines Loch wurde hineingebohrt, damit ich es als Kette um den Hals tragen konnte. Doch ich hatte etwas anderes damit vor. Ich bedankte mich nochmals bei Lucas, und gemeinsam gingen wir zurück in die Cafeteria.
Gerade als wir den Raum betraten, läutete es. Schnell holte ich meine Tasche und ging in die nächste Klasse. Ich ging extra etwas langsamer und hielt nach Kira Ausschau. Aber ich konnte sie nirgendwo finden. Dann musste ich eben warten, bis ich zu Hause war. Kira und ich hatten heute nämlich keinen gemeinsamen Stunden mehr. Aber wenn ich mich beeilte, würde ich sie vielleicht noch nach der Schule abpassen können.
In der Klasse ließ ich mich ganz hinten auf einen leeren Tisch nieder und holte die Schatulle aus meiner Tasche. Erst jetzt fiel mir auf, dass auch eine Lederschnur in der Schachtel lag. Ich schnitt sie ab und fädelte sie durch das Loch im Stein. Danach band ich das Ganze an meine Schlüssel.
Der Unterricht verging recht schnell, und als die Glocke zu letzten mal für mich an diesem Tag läutete, sprang ich auf und rannte aus der Schule.
Hecktisch sah ich mich am Parkplatz um. Da! Kira wollte gerade in ein Auto steigen, als ich sie an ihrer Jacke zurückzog.
„Was soll das?“, zischte sie.
„Spiel dich nicht so auf, Kira. Du kannst mir nicht ewig aus dem Weg gehen.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ach ja? Wollen wir wetten?“ Kira machte am Absatz kehrt, doch ich packte sie an der Schulter und drehte sie um. Langsam machte sie mich wütend. 
„Kira, bitte! Hör mir zu! Du führst dich auf wie im Kindergarten.“, fügte ich flüsternd hinzu.

Carpe diem, LydiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt