Kapitel 23

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Erschrocken schaute ich auf die Hand auf meiner Schulter, und atmete geräuschvoll aus, als ich Finns Ring im Mondschein glitzern sah.

„Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt.

„Ja, ja. Du hast mich bloß erschreckt.“, antwortete ich und stand auf.

„Das hab ich gemerkt.“ Finn grinste. „Was ist denn überhaupt passiert? Du bist von oben bis unten mit Tomatensaft beschmiert!“

Ich riss die Augen auf. Ich konnte Finn nichts sagen. Ich hatte Dawn und Anabel vorhin das Versprechen abgenommen, meinen Mund zu halten. Aber vielleicht war genau die Wahrheit der Schlüssel. Finn würde es vielleicht für einen Witz halten.

„Ich ging gerade zum Bus, als ich Dawn und Annabel in einer Gasse bei drei Jungs entdeckte. Sie wollten Geld von ihnen. Ich hab mich angeschlichen, aber einer der drei Typen hat mich entdeckt und mich gestoßen. Irgendwann ergriffen wir die Flucht.“, erklärte ich mit einem aufgesetzten Lächeln.

Dawn und Annabel kratzen nervös mit ihren Turnschuhen über den Boden. Ich spürte, wie sich ihre Blicke in meinen Rücken bohrten und mich am liebsten zerfetzten wollten. Ich zwang mich zu Ruhe und schaute zu Finn.

Mein Plan ging auf. Finn senkte den Kopf und lachte. Erst jetzt fiel mir auf, dass er meine Hunde an der Leine hielt. Sie tänzelten nervös um unsere Füße und wollten anscheinend auch nach Hause. Zusammen gingen wir zu Finns Auto. Währens wir über die Straße gingen, zischte Anabel mir „Das ist ja gerade nochmal gut gegangen“ ins Ohr, lächelte mich dann aber an.

Finn brachte Dawn und Annabel nach Hause, bevor wir zu uns fuhren.

Gerade als ich die Tür schloss, trampelte meine Mum wütend aus der Küche und wischte sich die Finger an ihrer Schürze ab. „Wo warst du so lange?“, rief sie. Ihre Augen weiteten sich, als sie die befleckte Einkaufstasche sah. Ich fragte mich, wieso ich sie nicht schon längst weggeschmissen hatte.

„Und was hast du mit den Einkäufen gemacht?“ Anscheinend erwartete sie gar keine Antwort, den Mum entriss mir die Tasche und suchte verzweifelt nach einem Lebensmittel, das nicht zu Matsch verarbeitet wurde.

Ich ging an ihr vorbei in mein Zimmer und simste Dawn und Anabel, dass ich morgen von ihnen ein Erklärung hören wollte. Danach ging ich zu meinem Kleiderschrank, um mir meinen Pyjama zu holen. Ich hielt inne, als ich mein Ballkleid sah. Es war in einer Plastikfolie verpackt und raschelte, sobald man es anfasste. Ich nahm es aus der Folie und fuhr mit dem Finger über den Stoff. In diesem Moment beschloss ich, zu diesem Ball zu gehen. Was hatte ich schon zu verlieren? Meine Mum und ich waren sowieso schon auf Kriegsfuß, und ich wusste nicht, wann ich Olivia und die anderen wieder sehen werden.

Morgen würde ich zu ihr gehen und ihr mitteilen, dass wir zu dieser Party gehen werden.

Ich hängte das Kleid wieder in den Schrank, schnappte mir meine Gitarre, spielte Say something und sang leise mit. Liv sagte mir mal, ich hätte die schönste Stimme die sie je gehört hatte. Ich wusste dass sie übertrieb, aber ich freute mich trotzdem. Ich wusste auch, dass ich singen konnte, trotzdem sang ich nicht gern vor Menschen außer vor Liv.

Es klopfte an der Tür, als ich die letzte Note spielte und die Gitarre beiseite legte. Kira kam herein und setzte sich zu mir ans Bett.

„Deine Mum ist ziemlich sauer. Wo warst du?“, fragte sie verwirrt. „Sie denkt, du wärst zu deinem heimlichen Freund gegangen.“ Kira grinste.

Ich seufzte. „Ich weiß, dass sie sauer ist. Aber es läuft eben nicht immer so, wie sie es will!“, antwortete ich wütend und ignorierte Kiras Frage.

„Du solltest vielleicht ein wenig nachsichtiger mit ihr sein.“, meinte Kira kleinlaut.

„Bitte?“ Bei den Klang meiner erbosten Stimme zuckte sie kurz zusammen, richtete sich aber gleich wieder auf.

„Naja, sie heiratet bald. Außerdem haben sie nicht gerade viel Zeit alles zu planen. Es ist ziemlich kurzfristig.“ Kiras ruhige Stimme machte mich nur noch wütender.

„Das ist doch nicht meine Schuld! Ich hab nicht gesagt, dass sie jetzt schon heiraten müssen! Ich hab nicht gesagt, dass sie sich mit John verabreden soll! Ich hab nicht gesagt, dass sie mit John zusammen ziehen soll! Ich hab ihr gar nichts gesagt!“, rief ich.

„Lydia…“, flüsterte Kira. Ich sah in ihr erschrockenes Gesicht und konnte Schmerz in ihren Augen lesen. Sie stand auf und verlies ohne weiteres das Zimmer.

Carpe diem, LydiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt