Kapitel 30

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„Oh. Mein. Gott.“, flüsterte Kira. Wir beide schauten wie gebannt auf den Umschlag in meinen Händen. Hunderte Scheine lächelten uns entgegen. Ich konnte es nicht glauben, das Leben hat es anscheinend doch mal gut mit mir gemeint. Obwohl, eher gesagt mit Dawns und Annabels.
Was war das für ein Umschlag? Gehörte der Annabels Großeltern? Haben sie ihn versteckt? Oder sogar verloren?
„Lydia, du bist ein Genie.“
„Danke Kira.“, sagte ich atemlos, obwohl das Kompliment in dieser Situation überhaupt keinen Sinn ergab. Es war ja nicht so, als ob ich das Entdecken des Umschlags meiner (grenzenlosen) Genialität zu verdanken hätte. Ich stand auf und wollte Annabel und Dawn den Umschlag überreichen, als die Tür geöffnet wurde. Derek kam in die Küche, seine Haare waren klitschnass, genauso wie der Rest seines Körpers. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass es regnete. Das Fenster war bereits geschlossen.
„Derek!“, rief Annabel und warf sich in seine Arme. Doch Dawn schenkte ihm keine Aufmerksamkeit und ging stattdessen in Kiras und meine Richtung.
„Was ist das?“, fragte sie und deutete auf den Umschlag, als erneut die Tür geöffnet wurde. Verwundert drehten wir und alle um, als Eren und Finn hereinkamen. Schnell versteckte ich den Umschlag und versteckte ihn in dem Bund meiner Hose. Zur Sicherheit stülpte ich noch mein T-Shirt darüber.
Beide waren ebenso nass wie Derek und starrten verwirrt in die Runde. Wir schauten ebenso ver-wirrt zurück.
„Äh…Hei?“ Kira wank den beiden kurz zu.
„Wir haben euch gesucht. Naja, eigentlich dich, Lydia und Derek.“, antwortete Eren. „Wir wollten uns doch überlegen, was wir als Hochzeitsgeschenk hergeben wollen.“ Also das war mir neu. Kira anscheinend nicht, den sie schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Auch Derek schien davon zu wissen. Finn warf mir einen vernichtenden Blick zu.
„Hey, zu meiner Verteidigung! Ich wusste nichts von diesem Treffen, also schau nicht so!“ Außerdem will ich den beiden eigentlich nichts schenken, dachte ich mir, sagte aber nichts. Stattdessen setzte ich auf die Küchentheke und lehnte mich zurück. Ich zuckte kurz zusammen, als der Umschlag knisterte, aber niemand schien etwas zu bemerken.
„Wie habt ihr uns eigentlich gefunden?“, fragte ich, um vom Thema abzulenken. Finn öffnete einige Regale, wahrscheinlich auf der Suche nach etwas Essbarem. Jedoch verzog er schon nach der zweiten Schranktür das Gesicht und gab es auf. Stattdessen lehnte er sich gegen den Tresen und zog sein Handy aus der Hosentasche.
„Naja, zuerst waren wir zu Hause. Aber ihr wart nicht da. Ich hab Derek und Kira angerufen. Derek ging nicht ran und Kiras Handy war aus. Finn hat dich angerufen, aber du hast auch nicht abgeho-ben.“ Stimmt ja, mein Handy hat einige Male vibriert, aber ich hab es ignoriert.
„Wir haben noch auf euch gewartet. Aber ihr seid nicht gekommen. Wir haben uns langsam Sorgen gemacht, also sind wir euch suchen gegangen.“
„Lydia, gehst bitte an dein Handy!“, rief Finn wütend.
Ich verdrehte genervt die Augen und verkniff mir einen Kommentar. Als ich mein Handy aus der Hosentasche zog, hat es bereits aufgehört zu läuten. Ohne nachzuschauen, wer mich angerufen hat, drehte ich es ab und legte es neben mich auf den Tresen.
„Und weiter?“, fragte ich Derek, der sich inzwischen an einen defekten Heizkörper gelehnt hat.
„Ihr wart weder bei Dawn oder Annabel, also meinte Annabels Mutter wir sollen hier nachsehen. Und hier sind wir.“
„Was macht ihr hier eigentlich?“, fragte Finn und schaute von seinem Handy auf und mir in die Au-gen. „Du solltest dich doch eigentlich noch ausruhen.“
„Das wäre auch meine nächste Frage gewesen.“, meinte Derek.
„Äh…“, stotterte ich, sprang vom Tresen und ging auf den Tisch zu. Ich schnappte mir ein paar Gum-mibärchen um Zeit zu schinden, doch mir fiel keine passende Antwort ein.
„Es war meine Schuld.“, sagte Kira und trat einen Schritt vor. „Annabel…hat gesagt, dass wir uns hier treffen. Und ich hab Lydia gesagt, dass sie auch kommen soll. Ist doch so, oder Annabel?“
„Ja, klar.“ Annabel lächelte nervös.
„Was wolltet ihr den besprechen?“, fragte Eren neugierig. Oh Mann. Halt. Den. Mund. Eren.
„Ich…äh…weiß es nicht.“, stotterte Annabel. „Dawn sagte mir, sie müsste uns was verraten, also sind wir hierhergekommen.“
„Dawn?“, fragte Finn ungläubig. Ich schlug mir gegen die Stirn und bereute es sofort wieder, da sich meine Kopfschmerzen wieder meldeten. Ich stand auf und hielt mich am Tisch fest, als sich die Welt wieder zu drehen begann.
„Soll das hier ein Verhör werden, oder was?“, fragte ich wütend und wiederstand dem Drang, mich hinzusetzten. Doch weder Finn noch Eren hörten mir zu.
„Ja, ein Geheimnis. Ein Mädchen-Geheimnis. Und ihr beiden seid eindeutig keine Mädchen, also – geht es euch auch nichts an.“ Dawn verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn.
„Ihr könnt jetzt also gehen.“, sagte ich und deutete Richtung Tür. Außerdem setzte ich mich wieder hin und legte den Kopf auf die Tischplatte.
„Alles in Ordnung?“, fragte Finn.
„Aber wenn es ein Mädchen-Geheimnis ist und kein Junge etwas davon erfahren darf, wieso ist Derek dann hier?“ Eren stieß sich vom Heizkörper ab und lenkte die Aufmerksamkeit von mir weg.
„Er hat mich hergebracht.“, antwortete ich, ohne meine Kopf zu heben.
„Dich hergebracht.“, meinte Finn ungläubig.
„Ja, Einstein.“ Ich hob meinen Kopf und schaute ihn an. „Ich wusste nicht wo ich hin musste, und da Derek früher aus hatte als Kira, hab ich ihn gefragt, ob er weiß, wo diese Hütte ist, da er ja mit Annabel zusammen ist.“ Und wieder siegte meine Genialität. Also manchmal…
Finn und Eren wollten noch etwas erwidern, als Kiras Handy läutete. Sie hob ab und gab es nach einigen Sekunden mir.
„Für dich.“, murmelte sie.
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Carpe diem, LydiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt