Kapitel 1 - Der erste Flug

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Wer fliegen will, muss den Mut
haben, den Boden zu verlassen.
~Walter Ludin~

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Eine junge Frau mit kinnlangen, zerzausten, braunen Haaren lief am Strand entlang, auf ihrem Rücken war ein silber-goldenes Gestell befestigt. Neben ihr tobte das Meer, hohe Wellen brachen dicht am Meer und leckten über den feuchten Sand, starker Wind und Regen kamen vom welligen Gewässer her, das Haar der jungen Frau war komplett durchnässt, ebenso wie ihre Sachen, die aus einem braunen Regenmantel, einer langen Jeanshose und hohen, schwarzen Stiefeln bestanden. Mit ruhigen, präzisen Schritten lief sie einen steilen Hügel hoch, der in einer Klippe über dem Meer endete.
Oben angekommen sah sie erst in die Ferne, bevor sie anfing, das Metall-Gestell auf ihrem Rücken zu entfalten, welches sich darauf als gigantische Flügel entpuppte. Die Spannweite war größer als die zweier Weißkopf-Seeadler zusammen, damit weiter als vier Meter. Sobald sie alle Gelenke der Flügel komplett eingerastet hatte, machte sie die Gurte richtig fest, überprüfte alles mehrmals, bevor sie dann einige Schritte zurückging, um Anlauf zu nehmen, ihre Hände umklammerten derweil die ledernden Griffe an den Flügeln. Mit einem kräftigen Sprung stürzte sich die junge Frau in die Tiefen. Das Meer kam immer näher, doch sie hatte keine Angst, kein bisschen. Im Regen, der unentwegt auf ihre metallenen Flügel niederprasselte, suchte sie eine geeignete Windströmung. Erst zwei Meter über den gefährlichen Wellen des Meeres fand sie diese und schoss beinahe schon senkrecht in die Höhe, dabei testete sie die Grenzen ihrer Geschwindigkeit und Höhe genau aus, auch wenn sie erst zum ersten Mal flog, machte sie das ziemlich gut. Der starke Wind trug sie umher, es sah aus, als würde sie segeln. Ohne es selbst zu bemerken, flog sie immer weiter in den Sturm hinein, auf das Meer hinaus.
Nach einigen Stunden des Flugs war der Sturm um sie herum so stark, dass sie herumgeschleudert wurde, wie ein Blatt im Wind. Mühsam versuchte sie, umzudrehen, doch ohne Erfolg. Sie sank immer tiefer, während sie vom Sturm umher gewirbelt wurde, ohne etwas dagegen tun zu können. Sie war komplett durchnässt und ihre Arme wurden schwächlich, ihre Muskeln gaben langsam nach, ihre Flügel sanken nach unten. Ich darf nicht aufgeben, dachte sie wieder und wieder, doch sie wusste, dass ihre Gedanken nichts bringen würden, die Wasseroberfläche kam immer näher, doch das bemerkte Asai nicht mal, sie konnte keinen Meter weit gucken. Irgendwann schlug sie dann auf die Wasseroberfläche auf, im ersten Moment schlitterte sie noch über das Wasser wie über Eis, dann wurde sie von den hohen Wellen verschlungen und in die Tiefe gezerrt. Panisch versuchte sie, zurück an die Oberfläche zu kommen, doch ihre Flügel zogen sie immer weiter runter. Dann gab sie auf, ließ sich einfach sinken. Schmerzen fühlte sie eh keine, sie spürte nicht, wie die Luft aus ihren Lungen schwand und diese sich langsam mit Wasser füllten. In der Tiefe des Meeres bekam sie nicht einmal mit, wie ihre sowieso schon dunkle Umgebung noch dunkler wurde, bis alles schließlich komplett schwarz wurde.

Mitten in der Dunkelheit öffnete sie ihre Augen und blickte sich um. „Bin ich... tot?", murmelte sie zu sich selbst. „Nein... ich bin unsterblich... ich kann nicht tot sein... ich bin schon seit tausend Jahren am Leben... ich kann nicht tot sein...", antwortete sie kopfschüttelnd.
Nach gefühlten Stunden, die sie damit verbrachte, mit sich selbst zu reden, hielt sie sich mit beiden Händen den Kopf und krümmte sich knurrend zusammen. „Ich werde hier noch verrückt! Ich habe mir oft den Tod vorgestellt, aber nicht so! Irgendwer muss doch hier sein!", brüllte sie dann, drückte ihre Hände fest an ihre Schläfen. „Ganz ruhig, junges Mädchen.", ertönte plötzlich eine fremde Stimme. Sofort sprang sie auf und sah sich hektisch um. „Junges Mädchen? Gehts noch? Ich bin Asai Hitomi! Ich bin über zweitausend Jahre alt, kapiert?!", rief sie dann wütend zurück. „Ich auch, nein, ich bin noch älter als du.", gab die tiefe Stimme zurück. „Aha, toll, interessiert mich wirklich brennend, aber ich würde trotzdem gerne wissen, warum ich hier verrückt werden soll, statt einfach wie immer in meinem Zimmer aufzuwachen, als wäre nie etwas passiert!", knurrte sie. „Beruhige dich.", sagte er nur. „Ich will mich aber nicht beruhigen! Jetzt sag mir endlich, wo ich bin und warum!", brüllte sie so laut sie konnte. „Eben sagtest du noch, du wärst über zweitausend Jahre alt, jetzt führst du dich auf wie ein Kleinkind.", meinte die Stimme leise lachend. „Damare!" {Halt die Klappe}, keifte sie aggressiv zurück. „Wenn du dich beruhigst, erzähle ich dir, was du wissen willst.", sagte er ruhig.
Nach einer ganzen Weile, in der sie die Stimme in allen ihr bekannten Sprachen verfluchte und beleidigte, beruhigte sie sich endlich und fragte ruhig: „Also, warum bin ich hier? Und wo bin ich überhaupt?"
„Endlich hast du dich beruhigt... dafür, dass du so lange auf dieser Welt warst und so viel ertragen musstest, bringt dich so was ziemlich leicht aus der Fassung.", stellte er fest. „Das liegt daran, dass ich ein Gewohnheitstier bin, mehr nicht. Ich mache jeden Tag dasselbe, in der selben Reihenfolge, nur die Menschen, die ich sehe, sind von Zeit zu Zeit eben andere.", maulte sie und verschränkte beleidigt die Arme. „Also? Antwortest du mir jetzt, ka*? Du sagtest, du würdest mir antworten, wenn ich mich beruhigt habe. Ich bin ruhig.", meinte sie dann. „Du bist hier in einer Art Zwischenwelt-", fing er an, weiter kam er jedoch nicht, da er von Braunhaarigen unterbrochen wurde: „Das heißt ich bin tot?!" Ein leises, resigniertes Seufzen folgte. „Nein, bist du nicht, hör doch erstmal bis zum Ende zu.", meinte die Stimme dann ruhig. „Gut...", brummte die Grünäugige genervt. „Du bist in einer Welt zwischen deiner und einer anderen Welt. Du warst nun seit über zweitausend Jahren in deiner Welt und hast wirklich viel geleistet, aber nun wirst du in eine andere Welt geschickt.", sagte er. Eine Weile herrschte Schweigen, Asai musste erstmal über das gesagte nachdenken.
„Welcher Penner hat das zu verantworten?!", brüllte sie dann mit geballten Fäusten. „Ich.", meinte die Stimme seufzend. Das Gesicht des Mädchens wurde bleich, als sie realisierte, dass sie ihn grade beleidigt hatte, ohne es zu wollen. „Und in welche Welt werde ich geschickt, ka?", wechselte sie das Thema schnell. „Das wirst du dann erfahren.", gab der Mann zu dem die Stimme gehörte zurück. Arigatou, nett, so viele Informationen bekomme ich also, wenn ich in eine andere Welt geschickt werde, dachte sie und zog genervt die Augenbrauen zusammen. „Na, von mir aus. Was soll man anderes machen, ka?", lachte sie dann. „Dann schicke ich dich jetzt in diese Welt.", meinte er ruhig und schon fing alles an, hell zu leuchten, bis die ganze Umgebung um Asai herum weiß war.

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*ka = Im japanischen Zeichen für eine Frage, wurde von Asai auch bei deutschen Fragen übernommen

Zum Fliegen Geboren ||Naruto FF|| [Abgebrochen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt