Wissenschaftliche Neugier

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Claire glaubte zuerst sie würde träumen und etwas in ihrem Traum hätte leise geflüstert, bis sie begriff, dass das Flüstern auch nicht aufhörte, als sie mühsam die Augen öffnete.
Es war eine leise, beruhigende Stimme, die so sanft klang, als wolle sie sogleich den Schlaf zurück in ihre Glieder locken.
"Schlaf wieder ein..." drangen Worte an ihr Ohr.,"...ich bleib hier.... ssshh. Is' schwer wieder einzuschlafen, hm? Ich versteh dich...Es ist genauso schwer, wenn man den Kopf mit Erwachsenenkram voll hat, weißt du?"
Claire war aufgestanden und der leisen, beruhigenden Stimme gefolgt, die zweifelsohne zu Owen gehörte.
Doch im Dunkel der Nacht klang sie anders als sonst.
Natürlich war sie - wie gewohnt - auf ihre besondere Art anziehend: Tief und melodisch zugleich.
Wie etwa das beruhigende Rauschen des Meeres, dass herüber wehte und sich ebenfalls mit einmischte.
In der Dunkelheit hatte sie jedoch einen weiteren Beigeschmack, der sich in ihr Bewusstsein bohrte: Sie klang beschwörend und verlockend süß wie eine Zauberformel, der sie folgen musste, bis sie bei ihr angelangt war.
"Ich liebe dich, du kleine Überraschung und wenn ich dich und deinen Bruder so anseh, weiss ich, dass es keine perfekteren Menschen auf der Welt gibt als euch. Von euer Mutter mal abgesehen."
Als er diese Worte gesagt hatte, musste Claire grinsen.
Sie war über die Schwelle der geöffneten Schlafzimmertür getreten und lehnte sich in den Türrahmen.
Die dünne Decke, unter der sie eingeschlafen war, an ihn geschmiegt, als seien sie ein Leib, um die nackten Schultern gezogen.
Sie fühlte die Spuren ihrer Leidenschaft noch immer auf ihrer Haut, ebenso wie das leichte Brennen in ihren Muskeln - was sie ebenfalls zum Grinsen brachte, als sie das wohlige Gefühl dieser Art Erschöpfung registrierte und an den Grund dafür zurück dachte.

Owen saß auf dem Fußboden an den großen Sessel gelehnt.
Er trug inzwischen Boxershorts und ein enges Shirt, unter dem sich sein ihr zugewandter, muskulöser Rücken gegen das Mondlicht abzeichnete, das vom Fenster hereinfiel.
Seine kleine Tochter lag auf seinen angewinkelten Beinen und schaute ihn aus ihren großen Augen an.
Ihr kleiner Mund bewegte sich stumm, als würde sie mit ihm sprechen.
Wie er so da saß, mit dem winzigen Menschlein bei sich - wurde Claire wieder einmal bewusst, wie hünenhaft seine Gestalt tatsächlich war.
In seinen Händen wirkte alles irgendwie noch ein bisschen winziger.
Derek lag im Bettchen daneben und schlief.
"...vermutlich würde es deiner Mutter einen Herzinfarkt bescheren, aber du musst mich ja nicht verraten..." Claire konnte hören wie er dabei lächelte. "Doch als ich einen Fuß auf die Insel zurück gesetzt habe, hat es sich unglaublich angefühlt, weißt du? Also nachdem ich gewusst habe wo ich war. Ja, ich war ein bisschen ohnmächtig..." er machte eine Kunstpause, als warte er eine Antwort ab., "... es ist echt nicht witzig zu ertrinken...oder... zumindest beinahe... und du siehst auch kein Licht am Ende des Tunnels oder so. Dein Leben zieht auch nicht an dir vorbei, wie man immer sagt. Man will einfach nur atmen und denkt an gar nichts, außer vielleicht, dass man nach Hause möchte. Falls man noch weiß wo das ist... als ich aufgewacht bin, hab ich auch kurz gedacht, dass ich das war..."
Er tat einen tiefen Seufzer.
"...irgendetwas davon ist es auch noch..."murmelte er ein bisschen wehmütig und klang nun abwesender als zuvor, "... ich glaube es gibt nirgendwo so viele Facetten der Farbe: Grün. Oder Bäume, die annähernd so alt sind, dass sie Dinge gesehen haben, die kein Mensch je zuvor gesehen hat. Dort hinein eine künstlich geschaffene Urzeitwelt zu pflanzen war schon ganz schön clever..."
Hedys Augen blickten ihn an, mit der Art tiefen Verständnisses, wie es nur Babys es haben, wenn sie aufmerksam den Worten eines Gegenübers lauschen, ohne den Hauch einer Ahnung von dessen Bedeutung zu haben.
Sie ließ einen leisen Gluckslaut hören und dann verzogen sich ihre kleinen, vollen Lippen als wollte sie jeden Moment losweinen.
"Nicht weinen Munchkin..." murmelte er sanft beruhigend, drückte sie behutsam an sich, küsste ihre weichen Locken und blickte sie dann wieder an: " Ich weiß es ist gemein, dass ausgerechnet, die Nacht viele Dinge größer und schwerer macht, als sie es eigentlich sind. Doch wir sollten beide versuchen zu schlafen... Okay? Ich bin ja hier..."


"Grady!"
Das Sonnenlicht fiel viel zu hell durch seine geschlossenen Lider und außerdem taten ihm sämtliche Knochen weh.
"GRADY!" zischte es ungeduldig neben seinem Kopf und es waren jene unangenehmen Misstöne, die ihn noch weniger dazu bewegen wollten die Augen zu öffnen.
"Owen, nun wachen sie schon auf!!!", es war diesmal so fordernd, dass er nicht anders konnte, als wenigstens mit einem Auge zu blinzeln.
Er kannte die Stimme, doch die Realität konnte es unmöglich sein, denn niemals würde ER sich in Claires und seinem Schlafzimmer befinden.
Es musste wiedermal einer dieser sonderbaren Träume sein, die sein Hirn ihm vorgaukelte.
Ist ja nicht so, dass ich das nicht schon gewöhnt bin - !
Sicherheitshalber schloss er schläfrig die Augen wieder.
"Stehen sie auf MANN!"
Man fasste ihn unsanft an der Schulter und rüttelte ihn.
Okay das ist neu! Vielleicht, ist das doch... real!?
Owen schnappte nach der, für einen Mann, doch eher zierlichen Hand und hinderte sie so mit mit einem kräftigen Zupacken daran, ihn abermals durchzuschütteln und öffnete erneut die Augen.
"Will ich wissen, wie sie hierhergekommen sind?" knurrte er dann und sein Blick fand den seines Gegenübers.
Dr. Henry Wus braune Augen weiteten sich erschrocken, als die Hand noch fester zupacke.
Mit einem derart harten Griff hatte Henry nicht gerechnet, als er sich tatsächlich dazu durchgerungen hatte Grady zu wecken.
Er hatte minutenlang vor dem Bett gestanden und darüber nachgedacht, ob seine Idee eine Gute war...
...Abgewägt, was passieren würde, wenn er ihn weckte und wie schlimm es werden könnte.
Doch mit dem Zerquetschen seiner Hand, hatte er am wenigsten gerechnet.
"Auuu!" entfuhr es ihm, worauf Owen nun endlich die Hand losließ und im Bett nach oben rutschte, um sich aufzusetzen.
"Ihr Concierge ist bestechlich..." erklärte er.
Owen fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht.
"Carlos!" stöhnte er, "hmm wo ist Clarie?", nuschelte er mit kratziger Stimme und augenblicklich bohrte sich Realität in sein Bewusstsein.
"... mit den Kindern unterwegs..." antwortete Wu und seine Stimme hatte einen sonderbaren Unterton.
Owen blinzelte verwirrt.
"Woher wissen sie denn....", dann schien er sich gesammelt zu haben und rutschte schließlich mit einer pfeilschnellen Bewegung aus dem Bett, sodass er auf der gegenüberliegenden Seite von Wu stand, "... WAS ZUM TEUFEL TUN SIE HIER!?!", das Bett wie eine Barriere zwischen ihnen.
"Hören sie mir zu... bitte.. ich will bloß das sie mir ..." begann Henry.
Owen streckte seine Hand aus und wies mit seinem Zeigefinger auf den Wissenschaftler.
"... ich rate ihnen zu einer plausiblen, Antwort Wu! Und zwar zügig!"
"Ich weiß, ich sollte nicht hier sein...!"
"Da haben sie verdammt Recht!"
Ein paar Atemzüge lang stand Schweigen in der Luft, bis Wu langsam sagte:"Sie müssen mit mir mitkommen. Ich weiß, dass sie mich verstehen, wenn sie mir die Möglichkeit geben ihnen zu zeigen..."
"Was zeigen?" stöhnte Owen jetzt und klang mehr als genervt, "und dazu tauchen sie in meinem... in UNSEREM Schlafzimmer auf?! Haben sie jetzt völlig den Verstand verloren?"
Sein halbwacher Geist erarbeitete gerade ein Szenario, in dem er NICHT allein in dem Bett gelegen hätte und Wu unerlaubt das Zimmer betrat.
Anamika hatte Henry am vergangenen Abend dem Sicherheitsteam von Masrani Global übergeben, um ihn vorerst weit von den Inseln wegzuschaffen und ihm keine weitere Möglichkeit zu liefern, sie unbeaufsichtigt zu besuchen.
Nicht bevor sie selbst ein Bild davon gewinnen konnte, WAS sich genau dort abspielte.
Owens Beschreibungen hatten ihr genug Gründe dafür geliefert.
Mal abgesehen von der Horror - Nachricht darüber, dass es irgendwo in den Gewässern um Costa Rica einen freien Kronosaurus gab.
Und doch stand er hier. Mitten in Claires und seinem Schlafzimmer.
Wo ist Claire und die Kids?
"Fahren sie mit mir zurück! Sie MÜSSEN etwas ansehen."
" Wohin?!" fragte Owen und er schien immer noch durcheinander.
Sein Blick ging zum Handy auf der Konsole auf seiner Bettseite.
"Nach Isla Sorna..." antwortete Henry schließlich zögerlich und wägte dann die Reaktion in Gradys Gesicht ab.
Der Name hatte ihn mehr als nur leicht zusammenfahren lassen.
"WO IST CLAIRE? UND WO SIND MEINE KINDER?" zischte Owen schließlich noch einmal.
"Sie ist mit den Kindern rausgegangen, ich sagte es doch schon. Ich habe den Augenblick abgewartet. Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen. Ich bitte sie doch nur um diesen einen Gefallen Owen! Danach können sie mich von mir aus auch Masrani Global übergeben .. aber..."
"Das sollte ich vielleicht jetzt tun. Immerhin sind sie hier NICHT eingeladen gewesen...!" Fauchte Owen und zerrte nun seine Jeans von einem Hocker um hineinzusteigen.

Als er den Kopf wieder hob, erfassten seine Augen die Mündung einer 45er Derringer und fast vorwurfsvoll setzte sich der Blick in Henrys Gesicht fort.
"Ich hatte eigentlich gehofft, ich würde derartige Überzeugungskraft nicht nötig haben." kam es dann aus Henrys Mund mit einer plötzlich sonderbar gefestigten Stimme.
Dem folgten weitere endlose Sekunden Stille, als er die Worte ausgesprochen hatte, während sich ihre Augenpaare beiderseits leicht fassungslos beäugten und ihre Situation auszuloten schienen.
Schließlich war es Owen, der als erster das Schweigen brach:
"Is' wohl effektiver als Altmetall, hm?" sagte er dann wenig beeindruckt, allerdings war ihm durchaus bewusst, welche eigenartige Macht die Waffe in Wus Hand ihm verlieh.
Auch wenn sie leicht zitterte.
Fürs Erste, würde ihm nichts weiter übrig bleiben, als sich dem zu fügen.
Wu war so nervös, dass er noch ausversehen abdrücken würde und das wollte er auf keinen Fall riskieren.
Er hoffte einfach auf eine passende Gelegenheit ihn entweder davon zu überzeugen, zur Vernunft zu gelangen, oder ihm die Waffe zu entwenden.
"Sie lassen mir keine Wahl...mir ist das Risiko zu hoch, dass sie sich von ihrer eigenen Loyalität überrumpeln lassen." erklärte Wu und machte mit dem kleinen Revolver in seiner Hand eine auffordernde Handbewegung.
Die zunehmende Sicherheit im Umgang damit, ließ Owen noch mehr in die Defensive gehen.
"Los! Ziehen sie sich was an und kommen sie!"

Es war eigenartiges Gefühl sich unter einer vorgehaltener Waffe anzukleiden und als sie kurz darauf an dem freundlich grüßenden Carlos vorbeigingen, überlegte Owen vorübergehned, ob er es irgendwie schaffen würde, ihm eine Nachricht für Clarie zu hinterlassen, bis das leise Klicken der Waffe in Wus Jeansjacke ihn daran erinnerte, dass dieser derartige Sperenzien nicht zulassen würde.
Zu welch sonderbarem Selbstbewusstsein eine Waffe manche Menschen gelangen lässt, ist wirklich beängstigend.
Er dachte an sein Handy, das auf dem Nachttisch lag und als er von Wu wie ein Tier vor sich her in das Boot getrieben wurde, war Owen klar, dass er jeden Chance vertan hatte, um auf sein unfreiwilliges Verschwinden hinzuweisen.

Wu schlug einen Route ein, die Owen nach Sorna noch nie genommen hatte und erst als sie auf offener See waren, entspannten sich dessen Hände um die Pistole, die er nach wie vor in der Jackentasche hielt und legte schließlich beide Hände ans Steuer.
"Setzen sie sich wieder hin." meinte Wu leise, denn er hatte aus dem Augenwinkel durchaus bemerkt, dass Owen aufgestanden war.
"Ich verspreche ihnen, wenn wir zurückkommen, werden sie unbehelligt ihrer Wege gehen können. Ich will lediglich, dass sie sich etwas ansehen und sie wären nicht mitgekommen, wenn ich sie nur gebeten hätte..." erklärte er weiter ohne ihn anzusehen.
Owen ließ einen schnaubenden Lut vernehmen.
"Sie sind ein Gefangener ihrer eigenen Vernunft. Ich weiß, dass sie nur zu gern diesen Weg viel früher eingeschlagen hätten, wenn Claire ihnen nicht so dermaßen im Weg stehen würde. Aber ich biete ihnen jetzt eine einmalige Gelegenheit, die sie ohne mich vielleicht nie ergriffen hätten." er grinste, während Owen das Herz in die Hose rutschte.
Die Art wie er die Worte aussprach, ließ ihm klar werden, dass Claire nicht einfach nur spazieren gegangen war.
Er war nach wie vor davon überzeugt, dass Wu immernoch kein gewalttätiger Mensch war, aber er war Wissenschaftler und wurde von jener skrupellosen Neugier getrieben, die zu mächtig war, um sich von einfachen menschlichen Gefühlen aufhalten zu lassen.
Doch die Sorge um seine Familie loderte in ihm, wie die kleine Flamme in einem Gaskessel.
"Wo ist meine...", er zögerte kurz, bevor das nächste Wort seine Lippen verließ, "...Frau?!" setzte er dann fest und fordernd fort.
Technisch gesehen waren sie zwar nicht verheiratet, doch was würde es je an seinen Gefühlen für sie ändern? Also Claire war in dieser Hinsicht selbstverständlich SEINE FRAU!
Owen wusste nicht warum ihm diese Gedanken ausgerechnet jetzt in den Sinn kamen, doch irgendetwas in seinem Kopf sagte ihm, dass es genau JETZT wichtig war.
Wu fuhr einen Schlenker und seine Augenbraue zog sich spöttisch nach oben.
"Tatsächlich? Ihre Frau... da hab ich wohl was verpasst. Wäre wohl angebracht meine allerherzlichsten Glückwünsche zu übermitteln..." murmelte er gerade noch so leise, dass er sichergehen konnte, verstanden worden zu sein, und fügte dann rasch - das Knurren in Gradys Kehle übergehend - hinzu, "... ich würde ihr niemals ein Haar krümmen, dass müssen sie mir glauben. Sie können unbesorgt sein. Es geht allen gut.", dann legte er provozierend langsam die Waffe neben sich ab.
Owen warf einen Blick darauf, doch als seine Hand zu zucken begann, um danach zu greifen, ließ Henry ein leises: " Sch sch..." erklingen, "... wenn sie wissen wollen wo Claire und ihre Kinder sind, würde es sich nicht gut machen, wenn sie die einzige Person erschießen, die ihnen das beantworten kann!"
Owens Hand zog sich zurück und ballte sich zur Faust, die er dann ergebnislos, in die andere Handfläche boxen ließ.

Die See war glatt und ruhig wie ein Dorfteich und die Erlebnisse des vergangene Tages verblassten beim Anblick der spiegelnden Fläche zu einem ferienhaften Arrangement, bis das Boot hindurchpflügte, als wolle es eine Idylle zerschneiden.
Owen versuchte sich auszumalen, was wohl geschehen würde, wenn sich er Kronosaurus jetzt - genauso wie gestern - aus dem Wasser erhob.
Er hatte das Boot zum Kentern gebracht, aus welchem Grund auch immer ein Tier so etwas tat, führte am Ende doch meist zu dem einen Punkt: Es war auf Futtersuche in einem Territorium, das es für sich beanspruchte und das Boot war nichts weiter als bloß ein Eindringling!
Bevor Owen weiter darüber nachdenken konnte, tauchten vor ihnen am Horizont die Silhouetten der beiden Inseln auf.
Nublar und Sorna.
Wu fuhr eine weitere Kurve die so abrupt kam, dass Owen Mühe hatte sich aufrecht zu halten.
Rasch lag Nublar in ihrem Rücken und das schnelle Boot schob sich auf Isla Sorna zu.
Owens Blick ruhte eine Weile auf der Wasseroberfläche, die Gedanken an das geheftet, was sich darunter verbarg: Der Körper war glatt und stark gewesen, sickerte es in seine Erinnerung und das Gefühl keine Luft zu bekommen, kämpfte sich erneut bis in seine Lungen herauf.
Er schluckte, um diesen hinterlistigen Eindruck abzumildern, den sein Körper ihm vorgaukelte und es half ein wenig.
Als müsse er dem Ganzen noch ein wenig mehr Ausdruck verleihen, tat er einen tiefen Atemzug und die salzige Luft legte sich diesmal wie Balsam auf seine ausgetrocknete Kehle.
Er hatte nicht viel von dem Geschöpf gesehen.
Es war alles verschwommen in einem Strudel aus Luftblasen, Schreien und dem Willen am Leben zu bleiben.
Wu fuhr wieder einen Haken, was Owen diesmal so unvermittelt traf, dass er von einer Sitzseite zur anderen geschleudert wurde.
Was zum Teufel macht der da?
Owen rappelte sich auf und hielt sich diesmal an der Reling fest.
Er beobachtete Wu genau, der seinen Blick angestrengt auf das Wasser richtete und schließlich ging Owen ein Licht auf.
Wu - war auf der Flucht!
Er nahm diesen Zick - Zack - Kurs nicht unbewusst, sondern er wich aus!
Henry Wu fuhr diese hakenartige Fluchtroute, um einem Wesen zu entkommen, dass ihnen vielleicht bereits auf den Fersen war.
Ein weiteres Mal überlief Owen diese ungute Gänsehaut , und wenn es tatsächlich möglich gewesen wäre, so rutschte ihm das Herz nun noch ein Stückchen tiefer in die Tasche seiner ausgewaschenen Jeans als vorhin.
"Haben sie sich das bei den Kaninchen abgeguckt?" fragte er dann schließlich und in diesem Moment war er froh, dass Sorna noch ein Stück näher rückte.
Auch wenn es dort nicht minder gefährlich sein würde.
Es war wenigstens ein Terrain, das ihm bekannt war.
"Es ist von Vorteil, wenn man kennt wovor man davon läuft... oder... fährt..." bestätigte Wu und nahm an Fahrt weg, als das Wasser seichter zu werden begann.
Owen ließ ein spöttisches Lachen hören.
"Tzhe, wem sagen sie das?" nuschelte er.
"Der Kronosaurus, ist zwar nicht so behäbig wie der Mosasaurus doch er benötigt allein schon aufgrund seiner Größe einen breiteren Wendekreis, auch wenn er schneller ist , ist es wirklich ein Vorteil so richtig klein und noch flinker zu sein. Außerdem möchte ich ihm ungern die Gelegenheit geben, seinen Schöpfer zu verspeisen."
Jetzt grinste er vergnügt und griff wieder nach der Derringer.
Er steuerte das Gefährt nun einhändig auf den bereits halb auseinanderfallenden Steg, des Lieferdocs von Sorna zu und brachte es dann schließlich zum Stehen.
Ein weiterer freudloser Lacher entwich Owens Kehle und diesmal klang es eher nach Verzweiflung als nach Spott, dann sagte er: "Dass die anderen Kreaturen hier, ihren ...." er machte eine Kunstpause und fuhr dann ironisch klingend fort: " SCHÖPFER, auch lecker finden können ist ihnen schon bewusst? Ja?"
"Ich setze da ganz auf ihr Know How. Wir haben sie schließlich nicht all die Jahre ausgebildet, als das JETZT nicht ausgerechnet in dieser Lage von Nutzen sein könnte." gab er missbilligend zur Antwort.
Seine dünne Hand schob sich in Owens Rücken und drückte ihn von Bord.
Als ihre Füße die Planken des Stegs berührten, blieb dieser jedoch ruckartig stehen, so dass Wu sich unangenehm die Hand zusammenstauchte,als die fließende Fortbewegung so unerwartet stoppte.
In diesem Augenblick, wurde Henry mehr als bewusst, dass er tatsächlich wenig Chancen haben würde, falls sich dieses große und deutlich schwerere Paket von Mensch versuchen würde, ihm körperlich entgegenzusetzen.
"Mich AUSGEBILDET?!" echote Owen und drehte sich jetzt zu ihm um, "... sind sie noch zu retten?! Was soll denn das hier werden?!" fauchte er dann und er kam ziemlich nahe an den Rand seiner Verfassung, die ihm davon zu gleiten drohte, "Reden sie jetzt Mann!"
"Ich würde ihnen raten sich zu mäßigen, sie kennen schließlich die Gegebenheiten hier! Und was es bedeuten kann, wenn man sich nicht in der Gewalt hat. Das muss ich ihnen ja wohl nicht erklären!"
"Ich weiß ja nicht was sie hier mit mir wollen, aber mein sogenanntes Know How wird ihnen kaum etwas bringen. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass die Raptoren nach so langer Zeit..." Owen brach seinen Satz ab als Wu gebieterisch seine Hand hob und flüsterte: " Sie sind mir ein bisschen zu arglos, mein Lieber Grady! Natürlich glaube ich das nicht. Sie sollen sich doch bloß etwas..."
"Klappe!" fauchte jetzt Owen dazwischen und zog den verdatterten Wissenschaftler urplötzlich vom Steg hinunter in das unwegsam wuchernde Farn, dass daneben aus dem Sand gewachsen war.
Vorsichtig schob er Wu unter den Steg, dort wo sich das brackige Wasser gesammelt hatte, und kleine Seepocken die im Wasser liegenden Pfähle besiedelten.
Er drängte Wu noch weiter unter die Planken und setzte einen Fuß nach dem anderen in die grünliche Brühe, die nach altem Fisch und Seetang müfflelte.
Seine Turnschuhe saugten sich augenblicklich mit Wasser voll.
Ebenso der Saum seiner Hose und je weiter er den Wissenschaftler in die schützende Dunkelheit unter den Steg drängte, umso tiefer versank sein Körper in dem sumpfartigen Gemisch aus Meeresüberresten und Sand.
Es war dieser Ton, den er unter tausend Geräuschen auf der Erde zweifelsfrei immer wieder sofort erkennen würde und aus dem Dickhicht am Waldsaum kam:
Das Schnorren eines bestimmten Raptors!

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