Meine normal verrückten Therapiestunden

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Missgelaunt saß ich auf der Couch gegenüber meiner Therapeutin. Dieses Mal war Anne nicht mitgekommen, da sie mit Ella noch einkaufen gehen wollte. „Wie geht es dir, Ed?", fragte Mrs. Schmitt. Ich hätte so gerne gesagt „Abgesehen davon das ein paar Engel mein komplettes Weltbild verändert haben, recht gut", aber Anne hatte mir eingeschärft ich solle Menschen nichts von Engeln erzählen. Da zum Einen ich in die Klapse kommen könnte (mit diesem Punkt hatte ich schon etwas Erfahrung) und zum Anderen konnte es Krieg und Zerstörung verursachen (mit diesem Punkt wollte ich keine Erfahrung machen).

„Gut, und ihnen?", stellte ich als Gegenfrage. „Ich mach mir Sorgen um dich." „Warum denn das?", fragte ich verwirrt und nervös. „Warum bist du weggelaufen? Das hast du noch nie gemacht.", wollte meine Therapeutin wissen. Ich lachte nervös, ich brauchte jetzt eine gute Ausrede: „Man muss doch alles einmal ausprobieren." Mrs. Schmitt sah mich forschend an. „Das war nur ein Missverständnis.", vor ich fort.

„Worin lag den dieses Missverständnis?" Ich unterdrückte den Drang mit meinen Fingern auf dem Sofa „I need somebody, help" zu trommeln und erklärte dann stotternd: „Naja, wir haben äh interessanten Besuch bekommen und ich wusste nicht das da noch dieses Mädchen war und dann äh habe ich mich vor ihr etwas extrem erschrocken und danach bin ich eben abgehauen."

Ich fand die Ausrede nicht wirklich gut, aber Mrs. Schmitt schien das einleuchtend zu sein. „Und danach warst du eine Woche krank.", ergänzte meine Therapeutin und ich nickte: „Ich hab mich gefühlt als hätte jemand giftige Säure auf meinen Bauch tropfen gelassen." Meine Therapeutin sah mich mitleidig an.

„Und was ist mit dem Mädchen, ist es wiederaufgetaucht?" Ich hätte fast „ja, sie heißt Sophia" gesagt, aber ich konnte mich noch stoppen und meinte stattdessen: „Nein, außer sie meinen das hübsche Mädchen von den Besuchern."

Warte, habe ich gerade das Adjektiv hübsch benutzt? Meine Wangen glühten leicht und ich hatte die unangenehme Vermutung das ich gerade rot wurde. So schnell ich konnte, senkte ich meine Kopf, damit meine Therapeutin nichts mitbekam.

„Wie heißt den dieses Mädchen?", fragte Mrs. Schmitt neugierig. „Sophia.", verkündete ich dem grauen Teppich, der auf einmal sehr interessant geworden war. „Wir werden zusammen auf ein Internat gehen.", fügte ich, als ich wieder aufblickte, hinzu ohne so wirklich zu wissen wieso.

Ich könnte schwören das sie ein Lächeln unterdrückte, aber bei ihrem fehlenden Sinn für Humor war das lächerlich. „Du gehst auf ein Internat?", fragte sie verwundert. Ich nickte begeistert. Ich freute mich wirklich auf das Internat, da ich vieles über die Engel erfahren würde.

Ich hatte Anne schon im Auto etwas ausgefragt. Anscheinend gab es in jedem Jahrgang vier Klassen, die je einem Erzengel unterstellt waren sowie bei einem Klassenlehrer. Jede Klasse hatte ein Hauptelement, das zu dem Element des Erzengels passte. Also bei Michael Feuer, Uriel Erde, Raphael Luft und Gabriel Wasser. Engel konnten zwar jedes Element etwas kontrollieren aber immer nur ein Element konnte sie ganz bezwingen. Ich wollte wissen was wohl mein Element war und wie ich es benutzen konnte.

„Du scheinst dich ja sichtlich zu freuen.", riss mich meine Therapeutin aus den Gedanken. Ein breites Lächeln schlich sich in mein Gesicht und ich bewegte eifrig meinen Kopf auf und ab. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind dem man gesagt hatte es würde in einen Freizeitpark fahren.

Ich glaubte zuerkennen das meine Therapeutin lächelte und um Jahre jünger wirkte. Doch gleich darauf war sie wieder Mrs. Schmitt und meinte nachdenklich und eher zu sich selbst: „Ich muss noch mit deiner Pflegemutter reden. Es geht gerade etwas Aufwärts, es wäre falsch jetzt die Therapie zu unterbrechen oder dich an jemand anderes weiterzugeben wie einen Gegenstand."

Danke, dass ich mit einem Gegenstand verglichen werde. Als ob ich mich so nicht schon ab meinen Pflegefamilien gefühlt hatte. Ich rieb das Mrs. Schmitt nicht unter die Nase (obwohl meine Zunge schon bereitstand und meine Stimmbänder kribbelten), da sie es nicht so gemeint hatte.

Der Rest der Therapiestunde war uninteressant jedenfalls empfand ich das so. Ich erzählte von meinem Traum über Geschichte mit dem brennenden Haus, worauf meine Therapeutin etwas Besorgt wirkte und mit mir alles wieder einmal besprach.

Wovon ich ihr nicht erzählte war die Stimme die ich gehört hatte nachdem ich den Kampf gegen Raphael, Gabriel und das Mädchen verloren hatte. Eventuell wollte ich nicht das meine Therapeutin noch dachte das es wirklich einen Hans, einen Werner oder einen Edward den Zweiten gab.

Ich bin mir nicht sicher warum aber nach allem was danach noch passiert war hatte ich es vergessen, bis ich jetzt von meinem Traum erzählte. Bei dem Gedanken an die Stimme in der Dunkelheit bekam ich eine Gänsehaut und meine Trommelfelder begannen an zu schmerzen, als würde langsam Gift durch sie in meinen Körper rinnen.

Ein Schauer durch lief meinen Körper und alle meine Haare stellten sich auf. Mittlerweile saß ich im Wartezimmer, aß Karamellbonbons und wartete auf Anne, die noch mit Mrs. Schmitt redete.

Plötzlich rief mich Nina, da ich ihr mit einer Kiste die im Erdgeschoss stand helfen sollte. Widerstrebend erhob ich mich und griff noch ein letztes Mal in die Schüssel um so viele Bonbons mit zu nehmen wie möglich. Dann schlenderte ich mampfend die Treppen hinunter.

Als ich um die letzte Rundung der Treppe ging, sah ich unten Nina stehen und mir fielen die Karamellbonbons vor Schreck aus der Hand. Und wenn mir Süßigkeiten aus der Hand fallen, ist das nie ein gutes Zeichen.

Warum auch nicht? Meine Therapiestunden waren ja schon immer etwas verrückt. So etwas Chlichehaftes! Die nett, liebe Rezeptionsfrau ist ein schrecklicher Dämonen. Sie hatte sich kaum verändert nur das sie noch dürrer war, was fast schon unmöglich war, und das ihre Augen komplett schwarz waren. Als hätte jemand Tinte in Ninas Augentropfen gemacht, und ihr wäre es nicht aufgefallen.

Sowie Nina meinen geschockten Gesichtsausdruck erblickte, schenkte sie mir das widerlichste Lächeln, das ich je gesehen hatte. Die Anordnung ihrer gelben Reiszähne folgte keiner Regel bis auf das sie tödliche Wunden hinterlassen würde.

"Na du willst mir doch sicher helfen.", säuselte der Dämon mit Zuckersüßer Stimme. " Sterbehilfe ist in England untersagt.", erklärte ich als ich meine Schock über ihre schwarze Zunge, die grün belegt war, überwunden hatte. "Oh, ich wusste, dass das hier lustig würde. Je mehr du dich wehrst desto mehr Spaß werde ich haben.", lachte sie.

Das klang als sage ein Lehrer "wenn ihr lernt, ist es ganz einfach" und dann nichts davon in der Arbeit kommt. Somit stand eins schon einmal fest ich würde mich wehren.

Ich überlegte fieberhaft Überlegte ich was ich gegen sie tun konnte. Ich hatte kein Schwert, wobei das auch nicht geholfen hätte da ich damit noch nicht umgehen konnte. Und meine Flügel konnten mich höchstens in Sicherheit bringen, aber nur für eine bestimmte Zeit.

Ich blickte mich um doch das Treppenhaus hatte keine nützlichen Gegenstände mit denen ich mich verteidigen könnte. Als mir nichts einfiel schluckte ich, während Nina langsam die Treppen hinauf stieg.

Mein Herz schlug nun immer schneller und spornte auch meine Atmung damit an. Angst schoss durch meinen Körper und ließ jedes einzelne Haar sich aufstellen.


Engels Chroniken ~ David ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt