Karin trommelte angespannt mit ihren Fingern auf den Holzboden, auf dem sie mit einem Becher Kaffee saß. Ihr Ehering verursachte dabei ein durchdringendes Klacken. Sie spielte mit Jakob, nachdem sie ihn nach der Schule aus dem Kindergarten abgeholt hatte, im Wohnzimmer mit seiner Holzeisenbahn und er baute neben der Bahnstrecke hohe Türme mit seinen bunten Bauklötzen. Immer wieder warf sie besorgte Blicke auf die Uhr an der Wand, deren Zeiger sich quälend langsam bewegten. Frida sollte bereits seit fünfzehn Minuten von der Schule zu Hause sein, aber von ihr fehlte noch jede Spur.
Nach weiteren fünf Minuten sprach sie ihren bald vier Jahre alten Sohn an: „Jakob?"
Er schaute von seinem Spielzeug auf: „Ja, Mami?"
„Ich rufe mal eben Papa an. Spielst du so lange alleine weiter?" Jakob nickte und wandte sich direkt wieder seinem Bauen zu, während Karin über seine blonden, kurzen Haare strich, mit ihrem Becher aufstand und ihr Handy aus ihrer Handtasche, die im Flur lag, nahm.
Um Jakob nicht zu beunruhigen, ging sie in die Küche, trank den letzten Schluck und stellte, während sie die Kurzwahltaste eins drückte, ihr leeres Getränkegefäß in die Spülmaschine.
Das Telefon signalisierte ihr ein paar Sekunden, dass es wählte, bis sie schließlich die vertraute Stimme ihres Mannes hörte, die scherzte: „Vermisst du mich etwa schon?"
„Stefan", versuchte sie nicht allzu panisch zu klingen, was ihr allerdings nicht gelang, weshalb er sofort merkte, dass etwas nicht stimmte. „Frida ist noch nicht von der Schule zu Hause. Sie ist schon zwanzig Minuten zu spät."
Er musste schwer schlucken. Mit dieser Nachricht hatte er nicht gerechnet, versuchte aber gleichzeitig Ruhe auszustrahlen: „Okay, hast du schon bei Marie angerufen, ob Leonie schon zu Hause ist? Die beiden trödeln ja gerne mal nach Hause. Du kennst die Zwei doch."
„Ja, schon, aber ich mache mir trotzdem ziemlich Gedanken."
„Ja, natürlich machst du dir das. Ich habe noch das Elterngespräch, aber in spätestens einer halben Stunde bin ich hier fertig. Du rufst mal bei Marie an und Jonas und meine Mutter am besten auch, vielleicht ist sie bei ihnen. Deine Mama ist ja zur Zeit mit Günther in München. Melde dich bitte direkt bei mir, wenn du etwas erfährst. Ich fahre auf dem Heimweg zu ihrer Schule und ihren Schulweg ab und komme dann nach Hause, okay?"
„Hm", antwortete sie bedrückt.
„Und bitte Karin, versprich mir, dass du dir nicht zu sehr den Kopf zerbrichst. Es wird alles gut werden."
Doch dies war leichter gesagt als getan.Als Stefan seinen Pkw auf ihrem Hof parkte und ausstieg, brauchte er nicht mal die Haustür öffnen, denn Karin kam ihm bereits aus dieser entgegen. Mit Tränen, durch die sich dunkle Ringe von ihrer verschmierten Schminke unter ihren blauen Augen gebildet hatten, fiel sie ihm schluchzend um den Hals. Sie schniefte, dass Frida mit Leonie bis zu ihr nach Hause gelaufen und danach den Rest alleine weitergegangen sei. Seine Frage „Sie ist immer noch nicht da?" war somit vollkommen unnötig und er führte seine Frau in seinem Arm zurück ins Haus, wo sie auf Jakob trafen, der sich ebenfalls große Sorgen machte und nervös Paulas Hals in seinen Händchen drehte: „Papi, was ist mit Mami? Und wieso ist Frida noch nicht wieder zu Hause? Spielt sie heute mit Leonie?"
Jakobs Fragen sorgten nur dafür, dass Karin noch bitterlicher weinte, was bei ihrem Sohn ebenfalls noch mehr Furcht auslöste. Stefan führte die beiden aufs Sofa und die Zwei kuschelten sich an seine Seite, wobei sie unermüdlich heulten. Zum Weinen war Stefan ebenfalls zu Mute, aber er blieb stark, auch wenn es ihm schwer fiel, für seine Familie.
Nachdem sich die Situation ein wenig beruhigt hatte, informierte Stefan die Polizei, die ihm zusagte, dass in kürzester Zeit ein Streifenwagen bei ihnen vorbeikommen würde, um die Vermisstenanzeige aufzunehmen und die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.Zu dritt saßen sie im Wohnzimmer am Tisch. Stefan hatte Karin und Jakob einen heißen Kakao gemacht, während er selbst an seinem Kaffee nippte. Jakob hing traurig auf dem Schoß seiner Mama, während dieser seinen Becher zwischen seinen kleinen Händchen hielt und trank, hatte sie ihren noch kein einziges Mal angerührt. Sie starrte nur gedankenverloren auf den Boden und hielt ihren Sohn fest umklammert. Stefan strich ihr immer wieder tröstend den Arm, bis es schließlich an der Haustür klingelte.
Er stand auf und Karin wollte dies ebenfalls tun, doch er drückte sie sanft, aber bestimmend an der Schulter zurück und schüttelte den Kopf: „Bleibt sitzen, wir kommen gleich her."
Er drückte einen liebevollen Kuss auf ihren Kopf und verschwand in den Flur.
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Ein perfekter Moment, den möchte man am liebsten einfrieren
Fanfiction„Manchmal gibt es so einen perfekten Moment, den möchte man am liebsten einfrieren." (Karin Noske, „Der Lehrer" - Staffel 5, Folge 7) Eine Sammlung von kleinen, perfekten Momenten aus dem Leben von Karin, Stefan und Frida mit dem Staffelfinale #5 de...