Nach einiger Zeit fand ich das Baumhaus wieder. Ich sah von weit oben, dass auf der Hauptlichtung ein reges Treiben herrschte. Alle rannten aufgescheucht durch die Gegend. Ich kniff die Augen zusammen um meine Tränen zurückzuhalten. Ich wollte erst gar keinen Blick auf Muff werfen. Flügelschlagend bewegte ich mich auf das Baumhaus zu. Ein Rabe kam auf mich zugeflogen.
"Ella? Gott sei dank, du lebst!" , krähte Estus.
Ich ruckte nur mit dem Kopf und folgte ihm.
Meine Flügel wirbelten ordentlich Staub auf, als ich landete.
Susanne und Will kamen auf mich zu, wurden aber von Falsa und Jarus erstmal zurückgehalten. Die meisten anderen fanden sich auch auf der Lichtung zusammen und betrachteten mich ehrfürchtig. Vorsichtig legte ich den gefrorenen Muff auf den Boden. Falsa war sofort bei mir und kniete sich auf den Boden.
"Was ist mit ihm passiert?" , sie sah mich fragend an.
Ich berührte ihn vorsichtig mit einer Klaue.
"Das war Aspero." , zischte ich leise, sodass nur sie es hörte.
Falsa zog scharf die Luft ein und musterte mich.
Ich wollte gerade noch etwas hinzufügen, als ich plötzlich gepackt und in die Luft geschleudert wurde. Alle brüllten erschrocken auf.
Aspero schnappte nach mir und schleuderte mich zurück in einen Baum. Keuchend kämpfte ich mich heraus. die gebrochenen Rippen machten das nicht einfacher. Der Schattendrache beachtete mich nicht weiter und besah sich amüsiert das Baumhaus.
"Sieh an, sieh an. Das Baumhaus des Widerstands.", zischte er und kniff sein Auge zusammen.
Adrog kam aus den Bäumen geschossen und schwebte vor dem deutlich größerem Drachen. Aspero sah ihn für einen kurzen Moment erstaunt an.
"Adrog, du lebst ja noch. Was für ein, naja... Wie soll ich es sagen? Was für eine unangenehme Überraschung."
"Du hättest wissen sollen, dass mich so schnell nichts umhaut, Aspero." , meinte der Adler drohend.
"Ich habe dummerweise damit gerechnet, dass eine aufgeschlitzte Halsschlagader reichen würde. Bitte verzeih mir."
Er wollte sich auf Adrog stürzen, doch diesmal war ich ausnahmsweise schneller und warf mich gegen den Schattendrachen. Eis brach von seinen Schuppen, als wir zusammenstießen. Er fauchte wütend auf und drehte sich so in der Luft, dass er mich mit seinen Hinterbeinen gegen Adrog schleuderte und wir beide ins Taumeln gerieten. Ich hörte rasselnden Atem und warf Adrog mit meinen Pranken auf die Lichtung des Baumhauses. Schnell versuchte ich selbst außer Reichweite der Kälte zu kommen. Ich war aber zu langsam und knirschend breitete sich das Eis auf meinen Flügeln aus. Es war so dick, dass ich sie nicht mehr bewegen konnte und in die Tiefe stürzte. Eine Millisekunde später packte mich aber jemand und hielt mich an meinen Vorderbeinen fest. Kälte hüllte meinen Körper ein und die kam nicht von dem Eis auf meinen Flügeln.
Aspero war derjenige, der mich festhielt.
Verwirrt blinzelte ich zu ihm hoch. Der Drache verzog sein ohnehin schon dreist grinsendes Maul, zu einem so breiten Grinsen, dass ich seine spitzen Zähne sehen konnte. Ich bemerkte die abgesplitterten und verdrehten Zähne auf seiner linken Gesichtshälfte. Im Gegensatz zu den schimmernden gesunden Zähnen auf der rechten Seite, waren die linken schwarz und von Raureif überzogen. Er drehte den Kopf so, dass ich direkt in seine leere Augenhöhle starrte. Angewiedert zog ich den Kopf vor der grausamen Wunde zurück und versuchte mich aus seinem eisigen Griff zu befreien, da ich mittlerweile schon ziemlich zitterte. Dabei waren nur Sekunden vergangen.
"Bist du dir sicher, dass ich dich loslassen soll?" , fragte er.
Ich zappelte weiter.
"Wenn sie mich weiter festhalten, werde ich erfrieren." , knurrte ich zunehmend panischer.
Ich sah aus dem Augenwinkel, wie der Widerstand immer noch wie versteinert da rumstand. Selbst Litus und Revel waren von dem Schauspiel, das sich ihnen bot zu Salzsäulen mutiert. Diese Flaschen! Adrog rappelte sich mit Falsas Hilfe auf und langsam wurden Waffen gezogen.
"Was hätten wir denn gerne Königstochter? Sterben , indem du sehr unangenehm auf dem Boden aufschlägst, oder doch lieber langsam erfrieren?" , zischte er leise.
Langsam wurde mir durch die Kälte schwarz vor Augen und ich spürte, wie das Eis von seinen Krallen aus, über meinen Körper wanderte.
Er schüttelte mich und das Eis brach von meinem Körper ab. Ich sah verschwommen, wie es in die Tiefe fiel. Ich hörte Aspero genervt seufzen und erkannte, die unzähligen Bögen, die in seine Richtung gespannt waren.
"Lass sie los Aspero!" , krächzte Adrog warnend.
"Hach, jetzt bin ich aber beeindruckt. Habt ihr die Bögen aus eurem Antiquitätenhaufen gekramt oder was?"
Adrog öffnete schon den Schnabel, um den Befehl zum Abschuss zu geben, als er von Aspero unterbrochen wurde.
"Halt! Ok, das kann ich wirklich nicht mit ansehen. Bitte nicht, Erbarmen!" , jaulte der Drache mit gespielter Panik.
Alle sahen ihn verwirrt an (insbesondere mir.)
"Adrog, das kannst du doch nicht tun, ich bekomme gerade ernsthaft Angst, dass ihr die liebe Ella hier treffen könntet."
Jetzt sahen ihn alle sehr böse an.
"Warum sollte ich dich hier töten Ella? Wo es nur deine Freunde sehen? So schnell werde ich dich nicht umbringen, keine Sorge. Du weist, dass erst deine Freunde dran sind." , knurrte er leise, damit nur ich es hören konnte. Jeglicher Sarkasmus war aus seiner Stimme gewichen und sie klang nur noch kalt und hoch. Ich spürte, wie er mich fester packte und dann mit Schwung auf die Lichtung schleuderte. Keuchend donnerte ich auf den Boden und alle mussten erstmal zur Seite hechten. Ich sah nach oben zu Aspero, der immer noch auf der Stelle flog. Sein eisblaues Auge blitzte kurz auf, als er umdrehte und mit ein paar starken Flügelschlägen in den Wolken verschwand. Falsa trat in mein Blickfeld und sah mich genau wie die meisten anderen besorgt an. Stöhnend verwandelte ich mich zurück und schrie vor Schmerz auf, als sich meine gebrochenen Rippen bei der Verwandlung selbständig machten. Falsa berührte mit ihrem Finger meine Stirn und alles wurde wieder mal schwarz.
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Blue Darkness
Paranormal"Heiliges Kanonenrohr!" Mich hätte gerade fast ein Drache abgefackelt! Ich hatte aber nicht die geringste Lust als menschlicher Barbecuespieß zu dienen. Die 15-jährige Ella bekommt zu ihrem Geburtstag ein mysteriöses Buch geschenkt. Ohne darüber na...