Kapitel 7 - Tote und Verletzte

1.2K 64 5
                                    

Auch der Rest der Crew hatte sich auf Vordermann gebracht, denn als wir alle wieder an Bord waren, hätten wir auf einem anderen Schiff auch als Handelsleute durchgehen können.

„Männer!", rief Jim mit aller Autorität über das Deck, „Segel setzen. Wir steuern auf zu Hause zu. Victoria ist ein Teil der Besatzung. Das Schiff hat es bisher auch geschafft, als sie an Bord war."

Vereinzelt wurde protestiert, doch im Großen und Ganzen nahmen die Anderen die Verkündigung, dass ich an Bord sein würde, mehr oder weniger gelassen auf.
Die Segel wurden gesetzt und wir nahmen Kurs auf den Heimathafen.
Wo immer das auch sein mochte.

Als die Feeninsel außer Sicht war, winkte Jim mich zu sich und verschwand in der Kapitänskajüte am Heck.

Die Kajüte war dunkel trotz der großen Fenster, die sich an ihrer Rückwand befanden. Ein Tisch mit Karten und einem Kompass nahm den größten Teil des Zimmers ein.
Des Weiteren standen hier noch ein Bett und ein Schrank und Jim am Fenster. Er sah nach draußen.
Viel dürfte er allerdings nicht sehen, die Scheiben waren völlig verdreckt.

„Genießt du die Aussicht?", fragte ich. Es sollte locker klingen, aber stattdessen kam es verkrampft und ängstlich hervor.

„Ja. Siehst du die Stadt dort vorne?", erwiderte Jim sarkastisch, „Schließt du die Tür?"

Ich tat wie mir geheißen.

„Abschließen."

Ich will gar nicht mehr so tun, als wäre ich noch Herr der Lage gewesen. Ich hatte Angst.

„Ich soll uns hier einschließen?", fragte ich und meine Stimme schnellte in die Höhe.

„Du sollst uns Raum für uns geben. Ich kann auch abschließen, wenn es dir schwer fällt", sagte Jim ganz ruhig, drehte sich um, kam auf mich zu und schloss die Tür ab.

Ich stolperte ein paar Schritte zurück, eine Hand an dem neuen Degen.

Seit ich mit seiner Mutter gesprochen hatte, hatte ich Angst vor Jim.
Er drehte sich zu mir um.
War er immer schon so groß gewesen?
Er musste mir meine Angst angesehen haben, denn er streckte beruhigend die Hände nach vorne.

„Victoria, es ist alles gut", sagte er, „Was hast du denn?"

Nichts, nur das deine Mutter mich vor dir gewarnt hat.

„Ich will nach Hause", flüsterte ich.

„Was?", fragte Jim ungläubig. Er hatte wohl mit allem gerechnet. Nur nicht damit.

„Ich will nach Hause, Jim. Ich hätte nie mit dir gehen sollen", wiederholte ich.

Er sah mich eine Weile lang an.
„Meine Mutter, nicht wahr? Sie hat dir Feensilber gegeben. Sie hat dich vor mir gewarnt", er schien mehr mit sich selbst als mit mir zu sprechen.
Jim schien enttäuscht zu sein.
Von wem oder was auch immer, aber er sah zu Boden und ließ die Schultern hängen.
„Ich tu dir nichts, Victoria. Das kannst du mir glauben."

„Du bist ein Feen Mann?", fragte ich.

Wie kam ich jetzt darauf? Es hatte nichts mit der Situation zu tun.
„Ja. Nein. So halb. Mein Vater ist ein Mensch. Deshalb kann ich auch Eisen anfassen. Ich habe kaum etwas mit Feen gemein", erklärte er.
Einer plötzlichen Eingebung folgend ging ich auf James zu, zog ihm den Degen weg und hielt ihm selbigen an den Hals. Er zuckte nicht mal mit der Wimper.

„Was wird das?", wollte er wissen. Ich ließ den Degen fallen.

„Es macht dir wirklich nichts aus."
„Natürlich nicht", erwiderte Jim.
Eine Weile schwiegen wir.

My way downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt