Ein Prolog

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Die Hochzeitsgesellschaft wartete schon einige Zeit auf das Brautpaar. Allmählich wurden Unmutsäußerungen häufiger und gerade die Kinder wurden unruhig.
Dann traten sie ein.
Die Farben überraschten. Es war üblich, dass Braut und Bräutigam Weiß und Rot trugen.
Die Farben der Unschuld.
Jedoch trug nur sie Weiß.
Er kam in Schwarz. Und Rot.
Die Anwesenden erschraken, denn sie wussten, was das hieß.
Der Mann hatte gemordet, dabei sah er so anständig aus.
Die beiden gingen durch den Mittelgang und nun erschraken die Leute noch mehr, falls das möglich war.
Unter der Schnürung am Brautkleid befand sich schwarzer Stoff.
Was hatte das nur zu bedeuten?
Die Menschen rätselten noch lange über diese Hochzeit.
Wer war durch die Hand dieses Mannes gestorben?
Manche mutmaßten, dass er nicht nur einem das Leben genommen hatte.
Was hatte das Schwarz im Kleid des Mädchens zu suchen gehabt, das alle ihr Leben lang gekannt hatten?
Aber auf ihre Fragen sollten sie nie eine Antwort bekommen, denn die beiden flohen nach der Hochzeit aus dieser schwarz-weißen Welt.
Man erzählte sich, der Bräutigam habe die Braut entführt. Sein schwarzer Anzug wäre dafür beweis genug gewesen. Das rote Hemd sei Zeugnis des Teufels, der diese Heirat eigens bezeugt haben musste.
Es gab viele Gerüchte über dieses Paar, doch nur die wenigsten stimmten.
Er hatte gemordet, ja, aber nur, um nicht selbst im Jenseits zu verschwinden.
Er hatte ihre Liebe möglicher Weise unehrenhaft erworben, indem er sie verführt hatte.
Sie war im Ganzen unschuldig, ging an einem jedem Sonntag in die Kirche und half ihrer Mutter lange im Haus.
Sie konnte nichts dafür, dass er sie gefunden und berührt hatte, doch in Wahrheit hatte es ihr gefallen.
Sie trug deshalb Schwarz im weißen Kleid, weil man es von ihr so erwartete.
Doch was an ihnen allen vorbeigegangen war, war die weiße Blume an seiner Jacke.
Denn auch sie hatte ihn nicht unberührt gelassen.
In seinem Herzen.
Es gab gutes in dem Mörder, so wie es vermeintlich schlechtes in ihrem Herzen gab.
Das war es, was sie nie verstehen würden.
Die Welt war nicht einfach schwarz-weiß.
Rot stand nicht nur für vergossenes Blut, sondern auch für die Liebe.
Und so wenig, wie die Welt schwarz-weiß ist, so wenig sind Menschen gut oder böse.
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Ich melde mich mal wieder.
In der überarbeiteten Version ist dieser Teil nun der Prolog.
Ich mochte die Idee mit der Farbsymbolik.
Ein bisschen interpretieren muss man allerdings schon können...
~BE

My way downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt