Victoria
Jim wollte zum Schiff rennen, aber ich hielt ihn auf.
„Da sucht Ben doch nach uns", warf ich ein.
„Aber am Ende zündet er noch das Schiff an und dann hab ich ein Problem", erwiderte Jim. „Warum sollte er das Schiff anzünden, wenn du nicht da bist? Er weiß doch gar nicht welches dein Schiff ist!"
Jim hielt inne.„Du hast Recht."
Wir rannten Richtung Stadtende und blieben erst stehen, als wir Bens Haus auf der anderen Seite der Stadt sahen. Keuchend sanken wir gegen eine Häuserwand.
„Was machen wir jetzt?", keuchte ich.
„Abwarten und Teetrinken", japste Jim zurück.
Eine Weile standen wir noch schwer atmend auf der Straße, ehe wir losgingen uns eine Unterkunft zu besorgen.
Zwei Straßen weiter hatten wir eine Herberge gefunden und den dazugehörigen mürrischen Herbergsvater, der genervt war, weil wir ihn geweckt hatten.„Ein Bett oder zwei?", grummelte er.
„Zwei", sagte ich schnell, bevor Jim etwas anderes sagen konnte. Der Herbergsvater nuschelte den Weg zum Zimmer und verschwand nach der Bezahlung.
Immerhin hatte das Zimmer ein Fenster. Und zwei Betten. Mehr Platz war auch nicht.Jim hakte die Tür zu.
Ich gähnte und ließ mich ins Bett fallen.
„Gute Nacht", murmelte ich und drehte mich zur Wand.
„Gute Nacht", flüsterte Jim.
Aber einschlafen konnte ich nicht, dafür war zu viel in meinem Kopf.
Ich konnte mich erinnern. Da war dieses aufregende Pochen gewesen und dann der Schmerz.
Diesen drängte ich aber in den Hintergrund. Tatsache war, dass ich mich zum ersten Mal gefühlt hatte, als könnte ich es mit Jim aufnehmen.
Es war meine Entscheidung, ob ich ihn zu mir ließ und ihn damit glücklich machte oder nicht. Somit hatte ich ihn gewissermaßen in der Hand.Später war ich wohl doch noch eingeschlafen. Das erste was ich sah, als ich die Augen aufschlug, war Jim, der mich einfach nur ansah.
Ich setzte mich auf und rutschte von ihm weg, obwohl er auf dem anderen Bett saß.„Guten Morgen", sagte er, ein leises Lächeln auf den Lippen. Ich erwiderte es nicht. Stattdessen kämmte ich mir mit den Fingern grob die Haare und zog mich an.
„Was machen wir jetzt?", fragte ich, als ich damit fertig war.
„Warten", sagte Jim.
„Wie lange?"
„Ich weiß es nicht. Tage, vielleicht Wochen. Bis Ben mich aus den Augen verliert. Wir können nicht ins Zentrum der Stadt, dort würde er nach mir suchen. Es hat gestern kein Schiff mehr abgelegt, er wird also denken, dass ich noch hier bin", erklärte er. Ich schüttelte den Kopf. „Aber ich kann nicht hier bleiben und nichts tun", warf ich ein und wurde schon allein bei dem Gedanken, dieses Zimmer nicht verlassen zu können, unruhig.„Du kannst gehen. Auf dich hat Ben es nicht abgesehen. Es wäre gut, wenn du irgendwen aus der Crew finden würdest, damit sie Bescheid wissen, dass ich erstmal nicht hier wegkann. Dann können sie entscheiden, ob sie warten oder einen neuen Caept'n bestimmen. Ich fühle mich wie ein Versager", die letzten Sätze hatte er leise gesagt und damit mal wieder dieses dämliche Mitgefühl in mir geweckt.
Ein Caept'n, der von seiner Crew verlassen wurde. Für einen Moment hätte er alles gehabt und dann wäre alles wieder weg.
Ich stand auf, um ihn in den Arm zu nehmen, eine Geste, die ich mir für ihn nicht einmal hatte vorstellen können. Aber dann stand er auf und nahm seinen Mantel in die Hand.„Was wird denn das?", fragte ich verwirrt.
„Die Insel ist groß", sagte Jim mit einem Grinsen, von dem verzweifelten Mann war nichts mehr übrig, „Kommst du?"
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My way down
Fiksi Sejarah1763, Karibik: Victoria Smith, 20, lebt in einer kleinen Hafenstadt, die des Öfteren von Piraten überfallen wird. So auch diesmal. Aber etwas ist anders: nicht nur, dass der gutaussehende Pirat James White ihr eine rätselhafte Nachricht hinterlässt...