Kapitel 19 - Ein kleiner Mistkerl

870 57 0
                                    

Benjamin

Konnten die nicht wenigstens die Tür zu machen? Besonders meinen Bruder hörte ich durchs ganze Haus.

Diese Memme!

Er hätte jedes Mädchen der Welt haben können, jede Nacht eine andere und stattdessen hatte er sich in diese eine verguckt. Nicht, dass sie nicht hübsch gewesen wäre, und Küssen konnte sie auch, aber niemals hätte ich für sie alles aufgegeben.

Kein Weib der Welt war das wert.

Jimmy konnte behaupten, was er wollte, er war sowas von verschossen.
Obwohl er sich mit dem Schlag ziemliche Mühe gegeben hatte, mich vom Gegenteil zu überzeugen.

Wie konnte er sich überhaupt verlieben? Das war für Feen unmöglich.

Vielleicht hatten bei ihm die menschlichen Werte mehr durchgeschlagen.
Aber er war ja schon immer der sensiblere.
Immer schon emotional gereizt, bei der kleinsten Kleinigkeit.
Das war aber in der Regel auch die beste Strategie Prügeleien zu gewinnen. Durch Wut gewann man eine solche Schlagkraft.

Woran ich eben wieder schmerzlich erinnert wurde.

Oben war es still geworden, na endlich. Ich ließ mich vor dem Kamin in einen der Sessel fallen.
Bald würde ich wieder aufbrechen, die Crew zusammentrommeln.

Es war Zeit Benjamin White in eine Kiste zu packen und Blackbeard ans Steuer zu stellen. Wenigstens war ich auf See noch stärker als Jim.

Mein kleiner Bruder hatte wirklich ganz schön an Schlagkraft gewonnen.
Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen.

Oh ja, ich brauchte die See. Meine einzige Liebe. Die einzige Liebe eines jeden Piraten.

Der Kamin knisterte und ich wurde schläfrig, so schläfrig, dass ich beinahe die Schritte aus der Eingangshalle überhörte.
Fast.
Ich sprang auf und riss die Tür auf. Jim und Victoria standen vor der Eingangstür.

„Wo wollt ihr denn hin?", rief ich. Victoria drehte sich um, aber Jim hielt das offenbar nicht für nötig, der kleine Mistkerl.

Respekt schien ihm ein Fremdwort, er drehte lediglich den Kopf zur Seite.
„Danke für das Zimmer, Ben, und das anregende Gespräch... aber unser Schiff legt heute noch ab und wir wollen ja nicht auf ewig hier festsitzen", sagte er.
Victoria war errötet. Sie sah sowieso ziemlich mitgenommen aus. Ich grinste kurz.
Jim hatte sie wohl ganz schön rangenommen, wie durch die Geräusche auch zu erwarten war.

„Ich finde es wirklich schade, dass ihr schon gehen wollt. Ihr habt euch ja eben so angestrengt, wollt ihr euch nicht ein bisschen ausruhen?", sagte ich um Victoria zu ärgern, was aufging, die leichte Röte wandelte sich zu Scharlachrot.

Jim aber schien mir etwas unruhig zu werden: „Vielen Dank, aber wir müssen wirklich los."
Er öffnete die Tür und zog Victoria hinter sich her nach draußen.

Warum war Jim nervös?

Irgendetwas war hier faul.
Ich ging die Treppe nach oben und öffnete die Tür zu dem Zimmer, in dem die beiden bis grade noch gewesen waren.

Kein Wunder, dass Jim nervös gewesen war.

Mein kleiner Bruder hatte das Gästezimmer angezündet.
Dieser Mistkerl!

Ich schrie vor Wut. Zwar war ein Brunnen auf meinem Grundstück, aber es würde ewig dauern, das Zimmer zu löschen, vor allem, da das Haus soweit von der Stadt entfernt war. Ich konnte nur noch den Schaden begrenzen, also stolperte ich zum Fenster, riss die brennenden Vorhänge ab und warf sie nach draußen. Gleich würde ich Brandblasen an den Händen haben.

Hinter dem Tor standen Jim und Victoria.
Sie bat ihn sichtlich zu verschwinden, aber er starrte mich an.
Soweit ich das durch die Dunkelheit erkennen konnte sah er mich kalt und dennoch triumphierend an.

„Das war dafür, dass du dich wieder mal in meine Gefühlswelt eingemischt hast!", rief er nach oben.

Wie konnte er es wagen, deshalb mein Haus anzuzünden!?
Niemand konnte ihm vertrauen, noch nicht mal ich als sein Bruder.
Die beiden rannten in Richtung Stadt. Mit dem zerknüllten Betttuch der beiden schlug ich auf die Flammen ein, die irgendwann endlich zu brennen aufhörten. Dann holte ich meinen Mantel und den Säbel und rannte nach draußen.

Wenn ich Jim kriegte, gab es für ihn nur noch herzlich wenig zu lachen...

My way downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt