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"Soll ich mitkommen und wir sagen ich wäre dein super erfolgreicher Freund? Oder du machst deinen alten Schwarm mit mir eifersüchtig" - Cody Mains

M I L E S

„Was ist los?" Fragte mein Mitbewohner, als er mein angewidertes Gesicht sah und auf den Brief deutete, welchen ich soeben in den Händen hielt.

„Klassentreffen..." War daraufhin meine knappe Antwort und stöhnend lehne ich mich tiefer in den Sessel zurück, während ich ein kleines kichern von meinem Gegenüber vernahm. Ich musste hoffentlich nicht anmerken das dies meine Laune keinesfalls in die Höhe trieb, ganz im Gegenteil, eher war diese weiter auf dem Weg hinab zum Erdkern.

Genervt drehte ich meinen Kopf Richtung meines braunhaarigen Mitbewohners und warf ihm einen Blick zu, welcher deutlich machte, dass er sich ganz genau überlegen sollte was er nun zu sagen hatte.

„Bei solchen Aussagen merke ich immer wieder was für ein alter Mann du bist" Scherzte er und war vorher anscheinend viel zu blöd dafür gewesen meinen Blick zu deuten oder er hatte es einfach schlichtweg gekonnt ignoriert. Natürlich war letzteres der Fall, zumindest ließ sein freches Grinsen hinterher absolut drauf schließen.

Ich verdrehte die Augen, und erwiderte mit einem deutlich genervteren Tonfall: „Ja du Riesenbaby und das merke ich auch mit deinem rumgelole und rumgeyolole"

Der Braunhaarige, auch genannt Cody - oder eben Riesenbaby - lachte nur über mein Kommentar, wobei ich mir sicher war das er sich im Augenblick fragte ob es diese Worte überhaupt gab - nein gab es nicht!

Ebenfalls lachend warf ich ihm den Brief frisbeeähnlich entgegen, sodass er diesen etwas ungeschickt auffing und sich diesen anschließend durchlas.

Er zuckte ruhig mit den Schultern. Womöglich Fragte sich der Zwanzigjährige gerade was denn so schlimm daran war zu einem Klassentreffen zu gehen. Sicher dachte er das es ja total cool war zurück durch die Zeit zu reisen und indirekt einen auf Marty McFly zu machen - einem Typen welchen ich sicherlich nicht von der Bettkante stoßen würde.

Das Problem daran allerdings war nicht das Treffen an sich, sondern eher die Tatsache wer dieses organisierte.

Rika Jason und Trudy Gold.

Ich hatte Trudy die letzten Jahre - Gott sei Dank - nicht zu Gesicht bekommen und wenn ich ehrlich war dann sollte das eigentlich auch so bleiben. Keine Ahnung, vielleicht hatte sich die Dame auch geändert, aber irgendwie...ich hatte wenig Hoffnung.

Rika hingegen hatte ich in den letzten zehn Jahren öfters zu Gesicht bekommen, wir trafen uns regelmäßig mit ihrem Bruder zusammen, tranken Kaffee und taten das was coole Erwachsene eben so tatet...Jede menge Feiern gehen, sodass man hinterher das Gefühl hatte, jemand hätte einem mit Freude die Birne weggesprengt.

Was mich eigentlich an dem Brief allerdings verwunderte war die Tatsache, dass Rika, Trudy und ich eigentlich zum Ende hin gar nicht mehr im gleichen Jahrgang gewesen waren, sodass dieses Klassentreffen sicher irgendwas eigenes, seltsam organisiertes sein würde. Zumindest deutete alles darauf hin und wenn das von Rika und Trudy organisiert wurde...naja.

"Und fährst du hin?" Fragte Cody, während er sich dabei auf die gelbe Couch setzte, welche keinesfalls zu dem Sessel passte, auf welchen ich zuvor Platz gefunden hatte.

Unsere Wohnung war generell mit Möbeln versehen, welche alles andere als zusammen passten. Wie ein ganz bunter Haufen idiotischer Regenbogenscheiße.

Cody war Student und verdiente deshalb nicht sonderlich viel Geld, zwar ging er arbeiten, aber das reichte gerade mal für die Miete und dem restlichen Lebensnotwendigen Scheiß. Ich mit meinem Gehalt konnte mir zwar etwas leisten, aber da ich zu der Zeit, zu welcher wir die Wohnung bezogen hatten nur Auszubildendengehalt bekam, hatte ich damals auch nicht wirklich etwas vorzuweisen. Jetzt, wo ich wesentlich mehr Geld bekam, war ich einfach nur zu faul neue Möbel für uns zu besorgen und so bestand unsere Wohnung aus Möbeln, welche wir hauptsächlich vom Straßenrand aufgelesen hatten. Also eine super, coole Hipster-Wohnung.

Grummelnd zuckte ich mit den Schultern. Wie gesagt, ich hatte wirklich wenig lust zurück ins Dorf zu fahren, aber ich hatte meine Eltern schon lange nicht mehr gesehen und da ich zu allem Überfluss die nächste Woche auch noch Urlaub hatte, passte alles perfekt. Als hätte Gott das alles perfekt in die Wege geleitet. Wohl wollte er unbedingt das ich zurück in meine Heimatstadt kam.

"Werde wohl fahren ja..." Beantwortete ich seine Frage murmelnd und wieder hatte er nichts besseres als mich auszulachen. Ich hatte bis vor kurzem eigentlich gedacht wir wären Freunde,. Jetzt war ich eher der festen Überzeugung, dass ich zu seiner vollkommenen Belustigung diente und das zu allem Überfluss anscheinend auch noch mit großem Erfolg.

"Soll ich mitkommen und wir sagen ich wäre dein super erfolgreicher Freund?" Grinste er verschmitzt und war offensichtlich vollkommen von sich selbst überzeugt "Oder du machst deinen alten Schwarm mit mir eifersüchtig" Nun war ich derjenige welcher laut zu lachen begann und das dieses nur gestellt war, war kaum zu überhören.

"Du könntest höchstens mich dafür nutzen um irgendwen eifersüchtig zu machen, wenn ich mit dir ankomme bemitleiden die mich eher..." Eingeschnappt ließ mein Gegenüber ein lauten "Pff" von sich vernehmen und verschränkte sogar die Arme vor der Brust. Allerdings war deutlich zu sehen wie sehr er sich das Lachen verkneifen musste.

Ja, Miles Parker war in den letzten zehn Jahren nicht erwachsen geworden, aber wer wollte das schon...

Kurze Zeit später sah Cody auf die Uhr, erhob sich und erklärte mir dann das er nun zum Training ging - Ja auch das zählte für ihm zur Rubrik 'Lebensnotwendiger Scheiß'

"Wann fährst du?" Fragte er noch, als er sich die große Sporttasche über die Schultern hängte.

"Sonntag direkt, werde wohl auch meinen ganzen Urlaub dort verbringen..." Erwiderte ich nickend, wobei Cody mir hinterher versicherte mich in der Zeit besuchen zu kommen. Er musste ja schließlich sehen wo sein Mitbewohner seine Kindheit verbracht hatte - das ich in meine Kindheit eigentlich in der Stadt gewohnt hatte musste der gute Junge anscheinend vergessen haben.

Meinen Freunden Cody zu präsentieren war jetzt nicht so die beste Vorstellung. Wenn das, was ich in den letzten zehn Jahren erreicht hatte, die Freundschaft mit Cody Mains war, dann war meine gesamte Entwicklung wohl eine vollkommene Etäuschung.

Cody war nämlich einer der Menschen, welcher nicht aus Interesse Studierte, sondern weil er einfach zu faul war Vollzeit zu arbeiten. Es war nicht so das Cody dumm war, eigentlich war er tatsächlich ein sehr kluger und talentierte Mensch, nur eben todes Faul und damit zerstörte er regelmäßig jegliche seiner guten Charaktereigenschaften. Ja, vielleicht schämte ich mich manchmal sogar für Cody, aber er sorgte auch regelmäßig dafür das ich weniger für die Miete zahlen musste und das ließ ihn eigentlich recht gut ertragen.

Der Braunhaarige verabschiedete sich mit einem Lächeln im Gesicht und einem leichten winken. Das wir später wohl nochmal darüber reden würden war klar, ich musste ihm irgendwie ausreden das er unter keinen Umständen ebenfalls in unser Dorf kam...die Leute die dort verkehrten wollte ich keinesfalls Cody vorstellen, nicht das er dann noch verkorkster wurde, als er es so oder so schon war....

Another love || ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt