Es war einige Zeit vergangen, seitdem Yasmins Großmutter verstorben war. Genauso lange war es her, dass ich Yasmin zuletzt gesehen hatte. Mein Herz schlug schnell in meiner Brust, während ich am Flughafen auf ihre Ankunft wartete. Die letzten Wochen waren schwer gewesen, aber wohlgemerkt, war der Stress, der mich belastete, nichts im Vergleich zu Yasmins Belastung. Von Weitem sah ich sie, wie sie ihren Koffer hinter sich her zog. Aus ihrer Hosentasche hing das Kabel ihrer Kopfhörer hinaus und ihr Haar war leicht zerzaust. Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab, als sie mich sah. Ihre Schritte wurden schneller. Als sie bei mir ankam, ließ sie die große, schwarze Tasche, die um ihre Schulter hing, fallen. Den Koffer ließ sie ebenso achtlos zu Boden knallen. Yasmin trat näher und schlang die Arme um mich. Ich krallte mich in den Stoff ihrer Jacke und vergrub meinen Kopf in ihrer Halsbeuge.
"Ich hab dich vermisst." murmelte sie leise. Ihre Stimme klang rau und gedämpft. Ich spürte ihren warmen Atem an meiner Haut.
"Ich hab dich auch vermisst, Yasmin." erwiderte ich mindestens genauso leise. Wir standen eine gefüllte Ewigkeit so da, bis wir und von einander lösten. Erst jetzt hatte ich die Chance sie richtig zu betrachten. Ihr langes, braunes Haar war um einiges kürzer. Es ging ihr bis knapp unter die Schulter. Die Absätze ihrer Schuhe machten sie größer, weshalb ich mir nicht sicher war, ob sie abgenommen hatte oder es nur so wirkte. "Du hast eine neue Frisur." sagte ich und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.
"Du nicht." Yasmins Lippen zierten ein leichtes Schmunzeln.
"Hey, ich war gestern beim Friseur." sagte ich in einem neckendem Ton und grinste. Ihre Augen wurden zu Schlitzen.
"Du hast immer noch die selbe Frisur, wie vor-" Yasmin stoppte kurz und schien nachzudenken "vier Wochen."
"Weißt du, meine Haare wachsen und dann lasse ich sie mir wieder schön kurz schneiden." lachte ich, während ich die große Tasche vom Boden aufhob und über meine Schulter hängte. "Lass uns nach Hause gehen." Yasmin nickte zustimmend.
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"Wir müssen uns ein Auto anschaffen." grummelte Yasmin und legte ihren Kopf auf meiner Schulter ab, als der Bus an einer Haltestelle hielt. "Mit dem Auto wäre es wirklich nicht so umständlich."
"Du bist zu verwöhnt, Schatz." entgegnete ich lachend. "Autos sind teuer."
"Ich weiß. Ich hab ein gekauft und dann verkauft. Aber wir wissen beide, dass es nicht lange dauern wird, bis ich mir wieder eins angeschafft habe." Sie warf einen Blick aus dem Fenster, bevor sie die Augen schloss.
"Ich verstehe die Leute nicht, die nicht ohne Auto klar kommen." sagte ich und warf einen Blick auf die Uhr. Yasmin zuckte mit den Schultern. "Was willst du heute Abend essen? Du musst doch hungrig sein."
"Essen." murmelte sie verträumt. Im selben Moment begann ihr Magen zu knurren, woraufhin sie grinsen musste. "Kommt drauf an was hast du...wir denn da? Oder bestellen wir was?"
"So klug, wie ich bin, habe ich mir schon gedacht, dass wir erst spät nach Haus' kommen werden, also hab ich einen schönen Salat, frisches Brot und eine beachtliche Auswahl an Brotbelag gekauft. Aber wenn du lieber was warmes willst, dann könnten wir aus dem Gemüse und anderem Zeug, das noch da ist, etwas zaubern." Yasmins Kopf schoss hoch.
"Also ich finde ja, dass dein Plan ziemlich gut klingt und es sauert nicht lange." stimmte sie zu. Sie lehnte sie zu mir und hauchte einen kurzen Kuss auf meine Lippen. "Ich liebe dich, weißt du das?" hauchte sie lächelnd. Ich nickte und lächelte ebenfalls.
"Ich liebe dich auch."
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Yasmins POV:
Während Emilia den Salat zubereitete, war ich duschen gegangen. Es war ein wenig seltsam zu wissen jetzt mit Emilia zusammen zuwohnen, aber nicht unangenehm.
Ich drehte das Wasser ab, das bis eben noch warm über meine Haut geflossen war, stieg aus der Dusche und wickelte mich in eines der weichen Handtücher, um mich abzutrocknen. Nur kurz später schlüpfte ich in frische Unterwäsche. Es klopfte an der Tür."Yasmin? Bist du fertig?" drang Emilias Stimme in den Raum. Ich öffnete die verschlossene Tür und blickte in Emilias Augen.
"Ich zieh mir nur noch was an." sagte ich lächelnd. Emilias Augen blitzten auf.
"Das musst du nicht." grinste sie und wackelte mit den Augenbrauen, woraufhin ich lachen musste.
"Ich hoffe, dass sollte nicht sexy sein." entgegnete ich noch immer lachend.
"Was findest du mein Aufreißermanöver nicht geil?" sagte sie mit ironischem Unterton in der Stimme und legte sich gespielt schockiert die Hand aufs Herz.
"Naja, wenn du damit Frauen ins Bett kriegst, müssen die ziemlich einen an der Waffel haben." sagte ich und zog mir das T-Shirt, dass ich mir rausgesucht hatte, über.
"Ja, da stimme ich dir zu. Die schlimmste von allen steht sogar vor mir." Ein grinsen bildete sich auf Emilias Lippen.
"Was?"
"Yasmin, also wirklich. Dich hatte ich schon einige Male im Bett, also musst du ziemlich verrückt sein."
"Oh du!" Ich griff nach der Jogginghose, die ich eigentlich anziehen wollte, und schlug damit nach Emilia. "Verzieh dich lieber, bevor ich dich noch auspeitsche." lachte ich. Sie lief schnell den Flur entlang in die Küche, während ich die Hose anzog.
Ich hatte es vermisst. Ich hatte Emilia vermisst.
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The girl from the bus stop I girlxgirl
عاطفيةEmilias kleine unscheinbare Welt stellte sich schlagartig auf den Kopf, nachdem sie eine junge Frau an einer Bushaltestelle irgendwo in einer kleinen Stadt kennen lernte.