Kapitel 20.

2.7K 145 13
                                    


Es war einer dieser wenigen Nachmittage, an denen ich in einem kleinen Café in der Innenstadt von Tisch zu Tisch lief und die Kunden bediente. Ich mochte meinen Job, bereute die seltenen Arbeitszeiten jedoch kaum. Ich hatte viel für die Uni zu tun und traf mich regelmäßig mit Yasmin. Nachdenklich wischte ich über den Tisch, sah auf, als ich das leise klingeln der Glocke über der Tür vernahm. Zwei ältere Frauen betraten das Café und setzten sich an einen Tisch. Ihre Nasen tief in die Speisekarte vergraben, leicht gestikulierend, während sie sich unterhielten. Ich ging mit dem feuchten Lappen und dem Tablett mit den leeren Kaffeetassen zurück zum Tresen und steuerte mit einem nun leeren Tablett und einem Notizblock in der Hand auf die Damen zu, nahm ihre Bestellungen auf und bewegte mich zurück zum Tresen, wo ich einen Cappuccino und einen Tee zubereitete und zu den Kundinnen brachte. Und so verging der Nachmittag.

Wir hatten gerade mal halb sechs und es war stock dunkel. Der Wind blies mir entgegen, als ich durch die Glastüren nach draußen trat. Ich umklammerte die Jacke und zog sie fester um meinen Körper. Ich muss wirklich aufhören diese Jacke zu tragen, ich brauche dringend was wärmeres. Ich stieg in den nächsten Bus. Meine Gedanken waren jeglich bei Yasmin. Sie wollte nach meiner Schicht zu mir kommen. Alex war bei Naomi, welche uns eigentlich zu einem Doppeldate eingeladen hatte, doch lehnte ich ab.

Yasmin: Ich stehe vor deiner Tür, bist du noch nicht da?

Emilia: Ich sitze im Bus, bin in Fünf Minuten bei dir.

Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Yasmin stand in der Kälte, nur weil ich es nicht hinbekommen hatte, meinen Arsch früher aus dem Café zu bewegen. Ich seufzte zufrieden auf, als der Bus halt machte und ich aussteigen konnte.

Als ich Yasmin vor meiner Haustür erblickte, den Kopf in ihrem Schal vergruben, die Hände um den Oberkörper geschlungen, begann ich automatisch zu lächeln.

"Hey" sagte ich, worauf die Brünette zusammen zuckte und sich zu mir umdrehte. Auf ihren Lippen bildete sich ein Grinsen.

"Hi, Em" hauchte sie, ehe sie sich in meine Arme warf. Ich löste mich nach einiger Zeit von ihr und platzierte einen Kuss auf ihren Lippen. Süß war es zu sehen, wie gerötet ihre Nasenspitze von der Kälte war.

"Du frierst" stellte ich fest und zog sie wieder in meine Arme. "Lass uns rein gehen"

"Dass dir in der Lederjacke nicht kalt ist" murmelte sie verwundert und marschierte durch die von mir aufgeschlossene Haustür.

"Das habe ich nie behauptet" schmunzelte ich und griff nach ihrer Hand, ehe wir die Treppen nach oben in die Wohnung liefen. Erneut lies ich meiner Freundin den Vortritt, schloss die Tür hinter mir und zog Yasmin an ihrer Hand zu mir, ehe ich sie erneut küsste. Ich spürte wie ihre Lippen sich zu einem Lächeln formten und wie sie ihre Hände um mich legte. Sie kicherte, als wir uns von einander lösten. "Willst du was trinken, Schatz?" fragte ich sie, hielt ihre Hände, sah in ihre Augen.

"Gerne" hauchte sie und küsste mich auf die Wange, ehe sie mich rückwärts in die Küche zog.

"Tee?"

"Du kennst meine Antwort" lachte sie. Ich nickte und begann uns Tee zu kochen.

~~~~~~~~~~~~

Wir saßen auf der Couch. Yasmin hatte sich gegen mich gelehnt und schlürfte gemütlich ihren Tee, während ich meine Arme um ihren Bauch gewickelt hatte, meine Hände unter ihrem Pulli vergraben, die weiche Haut darunter streichelnd. Im Hintergrund lief leise Musik und ab und zu vernahm ich ein leises Summen von Yasmin, welches passend zu zum Text war.

"Wie war die Arbeit?" sie stellte die Tasse auf dem Kaffeetisch vor sich ab und legte ihren Kopf auf meine Schulter.

"Es war heute nicht viel los, also ganz angenehm." antwortete ich.

"Mhh" sie richtete sich langsam auf und setzte sich auf meinen Schoss, ehe sie begann Küsse auf meinem Hals zu verteilen. "Und was machen wir heute noch?" Ihre Lippen wanderten hoch, bis sie schließlich mit ihren Zähnen mein Ohrläppchen umklammerte. Ein Stöhnen entrann meinen Lippen. Ihre Stimme klang so lüstern, so verführerisch.

"W-wir könnten" ein Stöhnen unterbrach meinen Satz, als ihre Lippen in Richtung meines Dekolletés wanderten. "was t-tinken gehen o-oder bleiben hie-hier." brachte ich stotternd raus. Yasmins Lippen lösten sich von meiner Haut. Ihre Hände suchten meine, unsere Finger verknüpften sich mit einander.

"Hm, ja, ich denke es wäre ganz schön auszugehen." sagte sie und sah auf unsere Hände hinab. Sie setzte sich neben mich auf die Couch und sah mich abwartend an.

"Ich ziehe mir nur schnell was anderes an, okay?" sie nickte und lies meine Hände los.

~~~~~~~~~~~~~~~~~

"Wie geht es Leon?" fragte sie und trank einen Schluck von ihrem Bier. Mir war bewusst, dass sie gemischte Gefühle zu dem Thema hatte. Ja, sie hasste ihn, aber sorgte sie sich auch. Es ist normal sich Gedanken um die Menschen zu machen, die man einst liebte.

"Ich glaube er ist raus." antwortete ich und trank ebenfalls von meinem Bier. Es war eine Ausnahme, dass ich Alkohol trank und in dem Fall handelte es sich um Bier, nichts hochprozentiges.

"Du glaubst?"

"Er ist sauer, wir haben bisher noch nicht wirklich gesprochen. Alex hat ihn einmal besucht." Yasmins Blick suchte meinen.

"Sauer wegen uns?" ihre Stimme klang gebrochen. Ich nickte.

"Ich hab ihn angelogen, gesagt, dass ich nichts für dich empfinde, aber er wusste es, er hatte Recht. Und dann kommen wir Hand in Hand zu ihm ohne, dass ich vorher ein Wort zu ihm gesagt hab." ich machte eine kurze Pause. "Nach dir hatte er keine andere." und ein weiteres Mal wurde mir bewusst, dass ich ihn verletzt hatte. Mein Verhalten war egoistisch, aber ich bereute es nicht. Yasmin und Leon hatten seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt und ich war nun glücklich. Yasmin nickte und lehnte sich an mich an, als wir durch den Park schlenderten. Unser Plan war eigentlich eine Bar zu besuchen, doch hatten wir uns für den Spaziergang bei Vollmond entschieden, nachdem wir etwas essen gegangen waren. Die Hände hatten wir miteinander verknüpft, ließen uns auf eine Bank nieder. Der kalte Wind wehte die Blätter über den Boden. Die Grillen waren das Einzige, was zu hören war. Unser Atem war im Licht der Straßenlaternen zu sehen. Der Kopf meiner Freundin landete auf meiner Schulter, als ich einen Arm um sie legte. Sie gähnte und trank die letzten Schlückchen aus ihrer Flasche. "Müde?" fragte ich sie.

"Ein bisschen, ja" hauchte sie, ehe sie einen Kuss auf meiner Wange platzierte.

"Wollen wir nach Hause gehen?"

"Ja" flüsterte sie, schlang im selben Moment jedoch die Arme um mich und kuschelte ihren Kopf an meinen Hals. Der warme Atem stieß gegen meine Haut und sorgte für eine Gänsehaut.

"Ich trage dich aber nicht nach Hause, Yasmin" ein leises Lachen entrann meiner Kehle. Sie brummte etwas unverständliches gegen meinen Hals, was mich nur noch mehr zum lachen brachte. Sie löste sich von mir und stand auf. Kopfschüttelnd tat ich es ihr gleich und nahm sie an die Hand. Schweigend liefen wir durch die dunkle Nacht zurück zu meiner Wohnung.

_________________

Ich bedanke mich schon mal für jegliche Art von Kritik.

The girl from the bus stop I girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt