》Kapitel 10《

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Jonathans Fahrstil war mehr als nur besorgniserregend. Wenn Jasmin es nicht besser gewusst hätte, würde sie ihn für lebensmüde halten. Vielleicht hatte er bloß vergessen, dass sich eine sterbliche in seinem Auto befand. Jasmin fühlte sich schlecht und erschöpft. Am liebsten hätte sie während der Fahrt geschlafen, aber bei diesem Tempo konnte sie es nicht. „Fahr nicht so schnell. Wenn du gegen einen Baum fährst bin ich tot." Jonathan krallte sich an sein Lenkrad und drückte das Gaspedal noch weiter durch.

Er schien wütend zu sein. Jasmin wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte, aber das war ihr Problem, nicht seins. „Okay, es tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe. Würdest du jetzt bitte etwas langsamer fahren?", versuchte sie es. Es half nicht. „Redest du jetzt nicht mehr mit mir?", fragte sie etwas genervt. Jonathan verstärkte nur seinen Griff und schaute konzentriert auf die Straße. „Es tut mir auch leid, dass ich Lydia fast umgebracht hätte.", versuchte Jasmin es weiter. „Ich wusste ehrlich gesagt nicht so genau was ich getan habe. Ich kann das eigentlich gar nicht.", erklärte sie kleinlaut wurde aber unterbrochen. 

„Ich hab Durst.", knurrte Jonathan und fuhr rasant durch eine Kurve. Jasmin starrte ihn ungläubig an. „Das ist alles? Deswegen bist du so schlecht drauf?", sie war entsetzt. „Auch.", antwortete Jonathan knapp. Nach einer Weile schien er sich etwas besser unter Kontrolle zu haben, denn Jasmin merkte wie er das Tempo drosselte. „Wenn ich dich bei dir absetzte, werden sie kommen um dich zu töten.", folgerte er trocken. Jasmin hatte noch gar nicht weiter über die Konsequenzen dieser Nacht nachgedacht. Lydia wollte sie so oder so tot sehen, es wäre also keine schlechte Idee über die Wohnsituation nachzudenken. „Ich komm' schon klar.", meinte Jasmin und begann alle Schutzzauber in ihrem Kopf aufzuzählen, die sie kannte. Jonathan setzte sie also zuhause ab, auch wenn er mit dieser Entscheidung nicht ganz zufrieden war. „Wirst du jemanden töten, wenn du... du weißt schon?", fragte Jasmin unsicher, nachdem sie ausgestiegen war.

Jonathan schüttelte den Kopf. „Bei einigen Menschen würde es mich nicht stören, weißt du?", scherzte sie mit einem Zwinkern. Er musste lachen. „Wenn irgendwas ist, ich schließe die Haustür nicht ab. Und ich hab nach Lydias erstem Mordversuch meine Nummer in dein Handy gespeichert. Also wenn irgendwas ist, dann..." „Danke.", unterbrach ihn Jasmin. Zum ersten Mal fühlte sie sich in seiner Gegenwart nicht mehr komplett unwohl. Vielleicht war es dieser Pakt, oder einfach die Tatsache, dass Jonathan nicht besonders nachtragend zu sein schien, aber er war ihr ein wenig sympathischer geworden.  

Jasmin war müde und ließ sich sofort auf ihr Bett sinken. Ihre Decke und die Kissen waren so flauschig, dass sie sofort einschlief. Sie hatte nicht daran gedacht, dass sie etwas träumen könnte. Sie hatte schon lange nichts mehr geträumt, hatte es nicht zugelassen. Hexen träumen nicht wie Menschen. Sie träumen von der Vergangenheit, der Zukunft und auch der Gegenwart. Sie betreten dabei eine Welt, die den Menschen verschlossen bleibt. Jasmin hatte Angst davor, etwas zu sehen, was sie an ihre Mutter erinnern könnte oder an Beltane. Sie hatte schon fast vergessen wie es war etwas zu träumen.

Als Jasmin ihre Augen öffnete, schien sie in einem Stall zu sein. Es war warm und roch nach Pferd. Eine kühle Brise wehte durch ein offenes Tor und sie konnte erkennen, dass draußen Nacht war.  Etwas weiter weg hörte sie zwei Frauen reden. Vorsichtig näherte sie sich ihnen, sie bemerkten Jasmin nicht. Eine der Frauen hatte schwarzes Haar und trug Kleidung aus Leder, die sich eng an ihren Körper schmiegte. Die andere trug ein leichtes Kleid aus Stoff und wunderschönen Schmuck. Ihre dunkelblonden Locken wurden am Hinterkopf von einer goldenen nadel zusammengehalten.

Sie sah sehr jung aus, war noch ein Mädchen. Ihre Körpersprache verriet aber, dass sie nicht wehrlos wie ein Mädchen war. Sie schien abreisen zu wollen, denn sie hatte hielt die Zügel eines Pferdes in der einen Hand und eine Tasche in der anderen. „Du wirst jetzt nicht gehen. Nicht nachdem du mich Monatelang belogen hast. Das kannst du jetzt nicht machen.", schrie die dunkelhaarige. Als Jasmin genauer hinsah, konnte sie erkennen, dass die Frau geweint hatte. Ihre Augen waren geschwollen und rot. Sie blicke wütend auf die andere Frau und riss ihr die Tasche aus der Hand. 

𝐓𝐡𝐞 𝐩𝐚𝐜𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt