》Kapitel 36《

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Jasmin saß schweigend und in Gedanken vertieft auf Jonathans Sofa und starrte auf die drei verbliebenden Gegenstände, die ihr aus ihrer Wohnung noch geblieben waren. Es war schon fast wieder Morgen, aber sie hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Chloe hatte ihr gesagt, dass sie viel schlafen soll, um zu heilen, aber Chloe hatte auch leicht Reden. Jasmin klappte immer wieder den Laptop, welchen sie von Marcus geliehen hatte auf und wieder zu. Öffnete Skype und schloss es dann wieder, nur um es gleich darauf wieder zu öffnen und den Cursor über die eine Nummer schwenken zu lassen, die sie schon viel zu lange nicht mehr angerufen hatte. Sie wollte nicht anrufen und doch tat sie es, ausversehen. Aber auflegen konnte sie dann nicht mehr. Auf dem Bildschirm sah sie flackernd und in graustufen, das Gesicht eines Mannes in den Sechzigern. Er trug eine Brille mit runden Gläsern und lächelte sie an als er sie sah. 

„Du hast dir einen Bart wachsen lassen.", erkannte Jasmin. Sie wusste nicht wirklich was sie sagen sollte und die Erörterung einfacher Tatsachen schien ihr fürs Erste passend. 
„Und du hast deine Haare abgeschnitten. Sieht gut aus.", sagte der Mann. Dann kniff er die Augen zusammen und verzog sein Gesicht, als versuche er viel zu kleine Schrift zu lesen. „Was ist das über deinem Auge?", fragte er schließlich. Jasmin fuhr mit den Fingern über die Narbe, welche ihr von dem Brand geblieben war. 


„Das ist nichts, Dad. Es ist nur... Hat sich vielleicht die Versicherung bei dir gemeldet, oder so?"
„Nein, wieso sollte sie?", fragte er erstaunt. Jasmin war sich nicht sicher, wie sie das Thema genau ansprechen sollte. Aber irgendwie musste sie es ihm ja erklären. Spätestens wenn er sie besuchen wollte und vor einer Ruine stand würde er merken, dass Jasmin keine Wohnung mehr hatte. „Es gab ein Feuer.", begann sie und blickte in das entsetzte Gesicht ihres Vaters. „Ist wirklich nur halb so wild. Aber ich habe keine Wohnung mehr und wohne jetzt bei einem Freund. Ich hab kaum was abgekriegt, es ist wirklich nur diese kleine Narbe.", log sie. 
„Das war aber normales Feuer, oder?", fragte ihr Vater, immernoch schockiert.

Jasmin wusste nicht genau was er damit meine und nickte nur. „Diese ganze Magiesache ist gefährlich, das ist dir doch klar oder? Es ist besser wenn du dich davon fern hältst.", brach es plötzlich aus ihrem Vater heraus. Es war genau die gleiche Leier, wie schon seit Jahren. Er hatte einfach kein Verständnis dafür.„Ja, schon klar, Dad.", sagte Jasmin und versuchte nicht mit den Augen zu rollen. Sie überlegte was sie noch sagen könnte, aber ihr fiel wirklich nichts ein. Das Knallen der Kellertür und Jonathans Schritte nach unten erlösten sie schließlich von der peinlichen Stille.„Wie auch immer, mein Mitbewohner ist da und braucht den Laptop.", log sie erneut. 
„Ich hab dich lieb, Schatz.", sagte ihr Vater, aber sie wusste, dass er es nicht wirklich so meinte. 
„Ich dich auch.", antwortete sie, schaltete den Laptop aus und erkannte, dass Draußen die Sonne aufgegangen war. 

Als Jasmin den Keller  betrat, lag Jonathan in seinem Bett, in der einen Hand ein Buch, in der anderen einen Blutbeutel. Er legte das Buch zur Seite, als Jasmin sich neben ihm aufs Bett schmiss. „Du hast mit Robert geskyped?", fragte er erstaunt darüber, dass Jasmin ihn zu dieser Uhrzeit in Kairo erreichen konnte. „Woher kennst du meinen Dad?", wunderte sich Jasmin, aber dann fiel ihr auf, dass Jonathan ihn durch ihre Mum kennen musste und beantwortete sich die Frage mit einem „Ach ja". Es war irgendwie seltsam, dass Jonathan so viel über sie wusste und sie so wenig über ihn.

„Ich würde das aber kein Gespräch nennen, es war mehr ein ihn in Kenntnis setzten, dass ich keinen Wohnsitz mehr habe. Und dann hat er, wie immer, versucht mir vorzuhalten, dass Magie böse ist und ich hab das in Kenntnis setzen beendet.", erklärte sie.„Magie ist gefährlich.", entgegnete Jonathan. „Vampire auch.", konterte Jasmin und musste dabei ein bisschen Lachen. Jonathan lachte nicht. Ihn beschäftigte irgendwas. Immer wenn Jonathan etwas beschäftigte bildete sich eine Falte zwischen seinen Augenbrauen. Eine Denkerfalte. Es war nicht besonders gut, wenn diese Falte zu sehen war. „Worüber denkst du nach?", fragte Jasmin. 
„Schaffst du das morgen? Was ist, wenn du wieder jemanden töten musst? Dein Vater hat Recht. Magie treibt dich noch in den Wahnsinn." 

𝐓𝐡𝐞 𝐩𝐚𝐜𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt