》Kapitel 23《

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Sunny Sunshines Grill & Bar war ein heruntergekommener alter Laden, dem kein Mensch in ganz Cardiff Beachtung schenkte. Die Leuchtreklame, welche den Namen des Etablissements anzeigen sollte, flackerte unentwegt, wobei bereits zwei Buchstaben ihren Geist aufgegeben hatten. Wer einen Blick durch die großen Fensterscheiben warf sah einen wenig einladenden Tresen und einige schlecht platzierte Tische mit instabil wirkenden Plastikstühlen. Der Boden war dreckig und von der Decke hingen von Staub bedeckte Spinnenweben, sodass niemand den Eindruck hatte, dass in dieser Bar eine Putzfrau angestellt sein könnte. Alles in allem wirkte Sunny Sunshines Grill & Bar mehr als nur ausladend und das aus gutem Grund. 

Als Jasmin und Cloe dazu aufgefordert wurden eben diese Bar zu betreten wechselten sie unsichere Blicke. Sie wunderten sich noch darüber, dass sich die Eingangstür überhaupt öffnen ließ, doch als sie sich im Inneren der Bar befanden, blieb ihnen die Luft stehen. Chloe hatte sich schon unwohl dabei gefühlt in das Auto eines Vampirs zu steigen, dass dieser sie nun an einem derartigen Ort abzusetzen schien, verbesserte ihre Laune keineswegs. Erst wollte sie gar nicht aus dem Auto aussteigen und flehte, dass man sie an einen anderen Ort brachte. Ihr wäre alles lieber gewesen als Cardiff. Chloes Augen waren immer noch angeschwollen da sie vor all der Angst, die sie verspürte nicht aufhören konnte zu weinen. Jasmin verstand zwar, dass es für das Mädchen schwer sein musste sich innerhalb so kurzer Zeit auf etwas einzulassen, das ihr zuvor als böse und gefährlich eingetrichtert wurde, wusste aber auch nicht wie sie es für Chloe einfacher machen konnte. 

„Willkommen in meiner Bar.", verkündete Marcus mit einem breiten Grinsen im Gesicht und sah die Mädchen erwartungsvoll an. Es hätte Jasmin nicht gewundert, wenn in diesem Moment ein Präriestrauch an ihren vorbeifegen würde. „Den Ort wo ich arbeite könnte man als Bar bezeichnen, das hier ist...ein deprimierendes Loch.", bemerkte sie unbeeindruckt. Das Grinsen verschwand aus Marcus Gesicht und seine Mine wurde wieder ernst. „Du wirst schon noch sehen, dass dies eine wahrhaftige Bar ist.", verkündete er und ging in Richtung einer Tür, auf welcher „Kein Zutritt - Nur für Personal" zu lesen war. Er öffnete die Tür und im nächsten Augenblick konnte Jasmin die immer gleich bleibenden Riffs von Status Quo vernehmen. „Bitte nach euch.", sagte Marcus übertrieben höflich und machte eine Geste deren Richtung die Mädchen folgten.  
Sie ginge eine Treppe hinab und durch eine weitere Tür hinter der sie einen großen Raum vorfanden, der bis zu hintersten Ecke mit Vampiren gefüllt war. Jasmin fühlte sich etwas unwohl, als diese ihre Anwesenheit vernahmen und in ihre Richtung starrten. Chloe hingegen schien einem Nervenzusammenbruch nahe zu sein. Die Musik wurde einen Moment leiser und die gesamte Aufmerksamkeit schien den Hexen zu gehören. „Wer die beiden anrührt wird auf der Stelle sterben, sie gehören mir.", verkündete Marcus mit aggressivem Ton. Ein unzufriedenes Murren ging durch die Masse, die Musik wurde wieder lauter und die Vampire gingen wieder ihren vorherigen Aktivitäten nach. Im Gegensatz zu der Versammlung in Marcus Apartment, schienen diese Leute wenigstens auf ihn zu hören. 

„Wir sind in der Hölle gelandet.", flüsterte Chloe vor sich hin, was Marcus zum Lachen brachte. „Für uns ist es das wahre Paradies.", gestand er lächelnd und sah auf eine leicht bekleidete Frau, welche auf dem Schoß eines Mannes saß und ihn sich von ihr nähren ließ. Ihm fiel dabei auf, wie lange er schon nicht mehr hier gewesen war und wie sehr er sich danach sehnte ebenfalls das Blut dieser Frau zu kosten. „Wir sollten etwas trinken.", schlug er vor und suchte sich den Weg zur Bar. Hinter der Theke stand eine Frau mit schokoladenfarbener Haut, fast schwarzen Augen und einer langen lockigen, ungebändigten Mähne. „Felicitas, meine schöne.", begrüßte Marcus sie, doch sie zischte nur enttäuscht durch ihre Zähne. „Komm mir nicht so an. Du hast mich jahrelang sitzen gelassen.", warf sie ihm vor. „Weil ich genau wusste, dass du es auch ohne mich schaffst.", entgegnete Marcus mit einem Lächeln und bestellte für sich Whiskey gemischt mit B negativ und Jasmin Whiskey mit Cola. Dann sah er grübelnd auf Chloe herab. 

„Wie alt bist du, meine Hübsche?", fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue. 
„Vierzehn.", antwortete  Chloe, erschrocken darüber, dass der Vampir sie etwas fragte. 
„Dann wohl noch ein Bier?", forderte er unsicher. 
„Auf gar keinen Fall! Sie ist viel zu jung dafür.", protestierte Jasmin.
„Als ich in dem Alter war habe ich das auch getrunken."
„Als du in dem Alter warst, war der Jugendschutz ja auch noch nicht erfunden.", versuchte Jasmin zu argumentieren, aber Felicitas war schneller als sie und hatte Chloe bereits ein Bier in die Hand gedrückt. 

Glücklicherweise hatte Marcus nicht vorgehabt die ganze Nacht mit den Mädchen in seiner Bar zu verbringen. Er brachte sie zu einer großen, schwarzen Tür und zog einen Schlüssel aus seiner Hosentasche. Wieder bat er die Mädchen vor ihm einzutreten und nun befanden sie sich in einer stilvoll eingerichteten Studiowohnung. „Chloe kann hier bleiben solange sie will. Keine Hexe wird hier nach ihr suchen und wenn ihr euch dann sicher fühlt, könnt ihr ja die Tür verhexen, damit kein Vampir reinkommen kann.", schlug er vor. Jasmin erkannte einen Hauch von Erleichterung auf Chloes Gesicht und musste Marcus wenigstens in dem Punkt Recht geben, dass keine Hexe jemals freiwillig diesen Ort betreten würde. „Einverstanden.", antwortete sie für Chloe, welche sich müde auf ein Sofa sinken ließ. „Ich denke Chloe braucht ein wenig Ruhe.", erklärte sie Marcus und versuchte ihn damit aus der Wohnung zu bekommen. Anstatt zu gehen, packte er Jasmin an ihrem Arm und zog sie näher an sich heran. „Es gibt da noch etwas, das ich mit dir besprechen muss. Ohne deine Junghexe.", raunte er in ihr Ohr. Sie nickte nur während ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief, ließ sich aber wieder von ihm in die Bar begleiten. 

„Tanz mit mir.", forderte er sie auf. Jasmin schnaubte verachtend. „Nein.", lehnte sie ab und trank den letzten Schluck aus ihrem Glas. „Ich kann deine kleine Freundin auch direkt an Lydia ausliefern.", drohte Marcus mit einem gespielt freundlichen Ton. „Du bist ein egoistisches, erpresserisches Arschloch.", sagte Jasmin mit der gleichen freundlichen Stimme und ließ sich in die Mitte des Raumes ziehen, wo auch ein paar andere Leute tanzten. Sie fühlte sich unwohl Marcus so nahe zu sein und das ausgerechnet zu Hysteria von Def Leppard - einem Song den sie bis zu diesem Zeitpunkt mit der Romantik eines Abschlussballs gleichsetzte. 
„Also warum genau tust du mir das jetzt an?", versuchte sie ihre eigne Stimmung aufzulockern. „Ich habe großartige Neuigkeiten.", erzählte Marcus und zog Jasmin etwas näher an sich heran. „Ich denke wir werden jemanden ausgraben.", erklärte er und Jasmins Herz schlug etwas höher. „Sag nicht du hast die Meis...", weiter kam sie nicht, denn Marcus legte ihr seinen Finger auf die Lippen. „Shhh. Jeder hier kann dich hören, vergiss das nicht.", ermahnte er sie. Jasmin hatte tatsächlich für einen kurzen Moment vergessen, dass sie nicht allein waren. „Also für wen werde ich sämtliche moralische Überzeugungen über Bord werfen?" Marcus schien mit der Antwort zu kämpfen. Er packte Jasmin an der Hand und wirbelte sie so herum, dass sie mit dem Rücken zu ihm stand, umfasste ihre Taille und legte den Kopf auf ihre Schulter. „Alexandra.", flüsterte er in dem Moment in ihr Ohr, als das Lied zu Ende war.

𝐓𝐡𝐞 𝐩𝐚𝐜𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt