》Kapitel 47《

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„Jasmin?", murmelte es plötzlich aus einer hinteren Ecke. Chloe war wieder zu Bewusstsein gekommen und schaute schockiert an sich herab. Jasmin wusste nicht was genau die Hexen mit Chloe angestellt hatten. Für Chloe sah die Sache allerdings sehr eindeutig aus. „Was hast du mit mir gemacht?", schrie sie Lydia an und rannte auf sie zu. Lydia taumelte zurück. Ohne ihre Magie war sie recht unbeholfen. „Lass gut sein Chloe. Es ist vorbei.", ersuchte Jasmin das Mädchen zu beruhigen. Es wurde langsam Zeit die anderen Hexen wieder zurück zu holen. „Verschwinde von hier.", zischte Chloe Lydia an. Diese sah verwirrt aus, machte aber was ihr gesagt wurde. Wenn Jasmin den anderen Hexen klar machte, dass sie einer Hohepriesterin die Magie gestohlen hatte, sollte sie so weit weg sein wie nur möglich. Jasmin schritt zwischen den hexen hindurch und sorgte dafür, dass sie sich wieder an den Händen fasten. 

Jasmin!

„Hast du was gesagt?", fragte sie Chloe. „Nein, wieso?", antwortete Chloe skeptisch. Diese Situation kam ihr bekannt vor. Auch Jasmin erinnerte sich daran das gleiche Gespräch schon einmal geführt zu haben. Damals hatte sie mit einem Geist gesprochen, aber den hatte Alexandra ihr ausgetrieben. Es konnte nicht schon wieder ein Geist sein. 

Jasmin!

Es war eine Männerstimme. Eine erschöpfte Männerstimme, die klang, als würde sie nicht genug Luft haben. Jasmin musste nicht lange überlegen zu wem sie gehörte. Es war Jonathan, den sie mit seinem Doppelgänger allein gelassen hatte und er schien sie zu rufen. Ohne nachzudenken fasste sie den Arm einer der Hexen und merkte, dass die Verbindung wieder bestand. In kurzer Zeit waren ihre Körper aus der Bewusstlosigkeit erwacht. Perplex sahen sich die Hexen im Raum um, noch zu schwach, als dass sie etwas gegen Jasmin hätten unternehmen können. Diese drehte sich zu Chloe. „Ich glaube Jonathan ruft mich.", versuchte sie zu erklären. „Na dann solltest du zusehen, dass du ihn nicht zu lange warten lässt."

Es war verrückt. Gerade noch hatte sie einer Hexe die Magie gestohlen und jetzt rannte sie zu dem Vampir, den sie aus Unsicherheit zurückgelassen hatte. Ihre Hände berührten den Türknauf zum Keller und lösten den Zauber, den sie zuvor noch gesprochen hatte. Sie schaute die Treppe hinab und versuchte etwas zu erkennen, aber von so weit oben konnte sie nichts sehen. Alles was ihr auffiel war eine beunruhigende Stille im Keller. Vorsichtig schritt Jasmin die Stufen hinab und blickte auf das Chaos, welches sich vor ihr ausbreitete.

Neben der Tür zu der Zelle, in der sie eingesperrt worden war, lag ein Mann auf dem Boden und atmete kaum. Er war Blutverschmiert und seine langen braunen Haare verdeckten sein Gesicht. Lydia hatte ihn also verzaubert, damit er so aussah wie Jonathan. Jasmin stieß mit dem Fuß gegen seinen Körper und erwartete eine Reaktion, aber es gab keine. 

„Er ist nicht tot.", hörte sie Jonathans Stimme aus einer dunklen Ecke. Verunsichert schaute sie noch ein Mal auf den Mann zu ihren Füßen, bevor sie auf Jonathan zu lief. Dieser saß mit dem Oberkörper gegen einen Stapel Brennholz gelehnt und einen Holzpfahl umklammernd, welcher in seinem Oberkörper steckte. „Oh scheiße, Jonathan.", stieß Jasmin aus und blickte voller Entsetzen auf den Pfahl. Ihre Hände zitterten und wussten nicht was machen sollten. „Du müsstest tot sein, oder nicht?", war das nächste was ihr einfiel. „Er hat mein Herz nicht getroffen.", flüsterte Jonathan und sein Griff verkrampfte sich immer mehr.

„Warum ziehst du ihn dann nicht einfach raus?", fragte Jasmin und versuchte nachzuvollziehen was hier unten geschehen war. Jonathans Blick wanderte nach unten, zu seinem Handgelenk, das schwach auf dem Boden lag. Jasmin erkannte einen runden Abdruck, eine Bisswunde, die nicht heilte. „Warum heilst du nicht?", wunderte sie sich, aber sie bekam keine Antwort. Jonathan starrte in die Leere und bewegte keinen einzelnen Muskel mehr. „Jonathan?", Jasmin fuchtelte ihm vor den Augen herum und versuchte ihm irgendeine Reaktion zu entlocken - vergeblich. Übelkeit stieg in ihr hoch. Was, wenn er gelogen hatte? Wenn der Pfahl doch sein Herz getroffen hätte? Ihre Lippen begannen zu zittern, ihr ganzer Körper wurde von innerer Unruhe durchströmt und mit jeder Sekunde verlor sie mehr Kontrolle. „Nein, nein, nein.", wimmerte sie und versuchte sich zusammen zu reißen. Ohne zu wissen was sie tat, fing sie an Jonathans Jackentaschen zu durchwühlen, bis sie sein Handy fand. Ihre Finger wählten fast automatisch Marcus Nummer, das Signalton dröhnte in Jasmins Kopf bis sie endlich die vertraute Stimme hörte. „Alles klar, John?", fragte Marcus.

Jasmin versuchte erneut sich zusammenzureißen, aber es fiel ihr schwerer als gedacht. „Nein.", war alles was Jasmin herausbrachte. Sie spürte eine Träne ihre Wange herunter rollen. „Es ist... Jonathan... er ist...", stammelte sie vor sich hin und wusste nicht recht was sie sagen sollte. Ihr Atem beschleunigte sich und doch fühlte es sich so an als würde sie keine Luft bekommen. „Beruhig dich, Jasmin. Was ist mit Jonathan?", hörte sie Marcus kühle und ruhige Stimme sagen. Sie atmete zwei Mal tief durch und versuchte die Gedanken in ihrem Kopf zu ordnen. „Hier war noch ein anderer Vampir und er... er hat... es steckt ein Pfahl in Jo's Oberkörper und er meinte er würde sein Herz nicht berühren, aber jetzt sagt er nichts mehr... er ist... ich meine kann es sein...kann es sein, dass...?", sie schaffte es nicht den Satz zu Ende zu bringen. Für eine gefühlte Ewigkeit bekam sie keine Antwort. Sie wusste, dass Marcus noch am Handy war, aber er sagte nichts. „Und da ist diese Bisswunde an seinem Arm, die nicht verheilt. Das kann doch nicht sein, oder?", erzählte Jasmin, um die Stille loszuwerden. „Eine Bisswunde?", rief Marcus erstaunt aus. „Ja.", bestätigte Jasmin leicht verwirrt. „Ist der andere Vampir noch da?", fragte Marcus weiter. „Ja, aber sein Genick ist gebrochen."Marcs Stimme wurde ernst. „Du musst mir genau zuhören, verstehst du? Wenn der andere Vampir noch da ist, dann musst du ihn pfählen. Schaffst du das?" Jasmin bejahte seine Frage, auch wenn sie nicht ganz verstand warum  es so wichtig war den Vampir zu pfählen, wenn sein Genickbruch ihn außer Kraft setzte. „Wenn Jonathan von ihm gebissen worden ist, dann braucht er Blut." Jasmins Kehle wurde trocken und ihr Herz schien einen Schlag auszusetzen.  „Das kann ich nicht machen. Was wenn er nicht aufhört?" „Dann wird er sterben.", erklärte Marcus mit derselben kühlen und konzentrierten Stimme. 

Jasmin schaute auf den Holzpfahl in Jonathans Hand und seine Augen, die ins Nichts starrten. Es war absurd, dass sie überhaupt darüber nachdachte. Sie hätte ihn nicht hier unten lassen dürfen, nur weil sie wieder zu viel Angst hatte verletzt zu werden. Er hatte sie gerufen, weil er sie brauchte und jetzt war sie hier. Sie legte auf und ließ das Handy in ihre Tasche gleiten. Als sie sich umsah, konnte sie ein paar Scherben finden und hob eine vom Boden auf. Dann ging sie zurück zu Jonathan und packte seine kalte Hand, die den Holzpfahl hielt. Mit der anderen zog sie den Pfahl aus seiner Brust und erkannte, dass sie eine klaffende Wunde zurückließ. Sie musste sich beeilen, wenn das hier funktionieren sollte. Dem anderen Vampir den Holzpflock in die Brust zu rammen war ein Kinderspiel. Sie hatte nicht mal ein schlechtes Gewissen. Was danach kam, war viel schwieriger. Sie kniete sich vor Jonathan und sah das Blut aus seinem Oberkörper fließen, während er gelähmt an der Wand lehnte. „Wenn du mich umbringst, werde ich dich heimsuchen.", erklärte Jasmin, riss sich die ihre Kette vom Hals und pfefferte sie in eine der Ecken des Kellers. Mit zitternden Händen nahm sie die Scherbe und schnitt sich das Handgelenk auf. 

Sie ließ ihr Blut in Jonathans Mund tropfen und wartete auf eine Reaktion, doch als sie ihr Handgelenk gegen seine Lippen presste trank er nicht. Erst als Jasmin ihr Blut mit Magie in seinen Körper schnellen ließ, begann er langsam selbst zu trinken. Jasmin tropfte wieder Blut aus der Nase, sie sollte nicht zaubern, es machte sie kaputt. Jonathans Körper begann langsam aufzutauen. Seine Zähne bohrten sich in ihren Arm und rissen ihre Arterien auf. Immer mehr von ihrem Blut fand seinen Weg in Jonathans Mund, doch seine Wunden heilten nicht und er konnte sich kaum bewegen. Jasmins Knie schmerzten und sie setzte sich näher an Jonathan heran. Als sie sich bewegte, öffnete er die Augen und sah sie entsetzt an. Der Blick kam ihr bekannt vor. Er machte sich Sorgen und das war nicht gut. Jasmin fragte sich, ob er genau so viel Angst hatte nicht mehr aufhören zu können, wie sie. Doch bevor sie darüber nachdenken könnte, packten seine Hände ihren Arm und zogen sie auf seinen Schoß. Das Blut tropfte aus seinen Mundwinkeln, er ließ ihr Handgelenk los und sie merkte, dass ihr schwindelig wurde. Jasmin sah verwirrt und erschöpft in Jonathans Augen, als er ihre Haare langsam vom Hals weg schob. „Jonathan?", sie war sich nicht sicher was er vorhatte und konnte nicht mehr klar denken. Er hatte schon zu viel von ihrem Blut getrunken. Ihr wurde für eine Sekunde schwarz vor Augen, sie stützte sich auf Jonathans Schulter ab und als sie wieder sehen konnte, zog er sie zu sich heran. Sie spürte ein Stechen in ihrem Hals und fühlte ihr warmes Blut den Hals herunter laufen. Er konnte nicht aufhören und sie konnte sich nicht mehr wehren.

𝐓𝐡𝐞 𝐩𝐚𝐜𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt