Die Worte, welche Marcus vorlas erleichterten Jasmin. Sie würde keine Hexe verbrennen müssen und auch keinen Freund auf dem Meer entzündet sehen. Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie einen Blutpreis für die Erweckung Alexandras zahlen musste. „Wird der Liebhaber bluten", beunruhigte sie nicht weniger als einen Menschen zu töten. Zudem wusste sie ja nicht mal wer mit Liebhaber gemeint war, doch Jonathan beantwortete ihre Frage schon bevor sie diese gestellt hatte. „Du wirst bluten.", erklärte er Marcus mit einem schadenfrohen Lächeln.
„Und du denkst, du würdest das nicht? Sei nicht dumm John.", erwiderte Marcus spöttisch. Es wunderte Jasmin zwar, dass Marcus der Liebhaber von den beiden war, andererseits erklärte das warum er sich in den letzten Wochen und Tagen so seltsam benommen hatte. Marcus musste also bluten, aber warum sollte er das auch nicht? In Jasmins Augen hatte er das vollkommen verdient. Was trotzdem ein Rätsel für sie blieb, war wie der Freund geben könnte was er nahm. Wenn mit der Inschrift Jasmin, Marcus und Jonathan gemeint waren, musste letzterer der Freund sein. Sie verstand nicht wie er eine Hexe wieder zum Leben erwecken könnte, was sie aber verstand, war, dass sie noch etwas Zeit hatte, um sich diese Frage zu erklären.
"Wir werden sie erst am Morgen nach Samhain erwecken können, wenn ich das richtig verstanden habe. Bis dahin sind es noch zwei Wochen und ich sollte dringend mal wieder arbeiten gehen.", versuchte Jasmin die beiden davon zu überzeugen, dass sie nachhause zurückkehren sollte. Auch wenn sie ihre Wohnung in den letzten Tagen kaum gesehen hatte, musste sie irgendwie die Miete bezahlen und ohne arbeiten zu gehen wäre das nicht möglich. "Das ist zu gefährlich.", antwortete Marcus schroff. Er konnte es nicht zulassen, dass die einzige Hexe, welche Alexandra erwecken könnte, durch die Fehde von ihrem eigenen Coven unbrauchbar gemacht wird.
Dazu kam die Tatsache, dass er auch wenn er es nicht zugeben mochte, ein wenig um Jasmin wegen ihrer selbst besorgt war."Ich muss wirklich gehen Marcus. Wenn ich nicht arbeite, kann ich keine Miete bezahlen und dann sitze ich auf der Straße. Nicht jeder hat so viel Geld wie du.", erklärte sie, obwohl sie sich nicht mal sicher war, ob er wirklich so viel Geld besaß wie es aussah. „Ich werde gehen.", beschloss sie. „Jonathan kann ja mitkommen, wenn ihr denkt, dass das hilft."
Es war einen Versuch wert die Pakt-Karte auszuspielen, auch wenn sich Jasmin sicher war, dass sie sich auch alleine vor den Hexen verteidigen konnte. Jonathan und Marcus tauschten Blicke aus als könnten sie über bloße Gedanken kommunizieren und gaben schließlich nach.In der Bar hatte sich nichts geändert. Maya war immer noch wütend auf Jasmin und blickte sie jedes Mal eiskalt an wenn sie an ihr vorbeiging. Jasmin konnte, nicht verstehen, warum sich Maya nicht wieder beruhigte. Ben hatte nicht damit gerechnet Jasmin noch einmal wieder zu sehen. Er hatte gedacht, dass sie mit Jonathan durchgebrannt wäre oder sich ihren Traum vom Linguistikstudium doch noch erfüllt hatte. Umso glücklicher war er als sie die Bar betrat, sich ihre rote Schürze umband und ihre Locken in einem Pferdeschwanz bändigte. „Das du dich hier nochmal blicken lässt.", wunderte er sich, als sie ein Tablett nahm und ein paar Tische abräumte.
„Ich hatte ein paar Probleme, die ich klären musste und das hat länger gedauert, als ich dachte.", versuchte sie zu erklären.
„Du hättest dich ja mal melden können."
„Tut mir leid. Ich hatte... es war nicht so einfach die letzten Tage."
„Dir sei vergeben.", sagte Ben mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Er war so viel unkomplizierter als Maya. Ben konnte man nicht so schnell wütend machen und besonders nachtragend war er auch nicht. Trotzdem konnte das seine schlechten Eigenschaften nicht wieder aufwiegen. „Natürlich nur unter der Bedingung, dass du morgen zu meiner Feier kommst. Du hast meinen Geburtstag doch nicht vergessen, oder?"Jasmin merkte wie ihr die Kinnlade runterfiel und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie es tatsächlich vergessen hatte. „Wie könnte ich denn sowas vergessen?", antwortete sie und sah zu Maya rüber. „Aber ich denke Maya wird ziemlich schlecht drauf sein wenn ich dabei bin, also..."
„Sie wird sich ja wohl mal einen Abend zusammenreißen können. Du musst kommen!"
Jasmin gab nach. Sie wusste, dass Ben sie so lange mit seiner Party nerven würde, bis sie „Ja" sagte. Vielleicht gab es ja eine Chance mit Maya zu reden und wenn nicht, dann könnte sie auch jeder Zeit wieder gehen.Jonathan war von Bens Einladung nicht besonders begeistert. Er konnte sich denken, was Ben von Jasmin wollte und verstand nicht warum sie so naiv war zu glauben, dass er sie auf der Party nicht angraben würde. Dieser Kerl hatte das gute Benehmen eines Hooligans aus Westham geerbt, wenn man das überhaupt noch als Benehmen bezeichnen könnte. Jonathan hatte sich fest vorgenommen niemals Sätze wie: „Das hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben." zu sagen, denn das taten nur alte Menschen. Aber irgendwie hatte sie ja schon Recht und alt war er streng genommen auch.
„Ich hab kein gutes Gefühl, wenn du alleine zu Ben gehst.", versuchte er Jasmin umzustimmen. Er wollte nicht direkt sagen, wie sehr er ihren Arbeitskollegen, oder was auch immer dieser Mensch für sie war, nicht mochte.
„Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Ich gratuliere ihm, trinke ein Bier, versuche mich mit Maya zu versöhnen und bin hoffentlich innerhalb einer Stunde wieder zu hause.", beruhigte sie ihn.
„Du gehst nicht wegen Ben hin, oder? Du gehst wegen Maya.", stellte Jonathan erleichtert fest. Er sah, dass es Jasmin nicht leicht fiel über Maya zu sprechen. „Ruf mich an, wenn irgendwas ist.", verabschiedete er sich von ihr bevor sie auf dir Party ging.Sie hätte vielleicht fragen sollen, ob sie Jonathan mitnehmen könnte. Allerdings war ihr schon klar, dass Ben von dieser Idee nicht überzeugt gewesen wäre und sie es wohl hätte vergessen können mit Maya zu reden. Außerdem hätten dann sicherlich alle gedacht, dass Jonathan und sie sowas wie ein Paar wären und das wäre wirklich seltsam. Wenn sie schon wegen etwas in Erklärungsnot geraten sollte, dann nicht wegen ihm. Ben feierte in der Bar und als sie dort ankam, waren bereits mehrere Leute dort und der Alkoholpegel sichtlich erhöht. Sie erkannte Ben sofort, der mit einer Flasche Schnaps in der Hand irgendein Mädchen antanzte. Er hörte damit sofort auf, als er Jasmin sah. „Jaaaaasmiiiiiin! Komm her Süße und trink was mit mir.", brüllte er ihr entgegen und fing sofort an ein Mixgetränk für sie zu mischen. Er drückte es ihr in die Hand und sie nippte kurz daran. Es schmeckte scheußlich. „Das schmeckt ja super.", log sie ohne die Miene zu verziehen. „Und: Alles Gute zum Geburtstag. Ich hab dir ja heute noch gar nicht gratulieren können.", fuhr sie fort, nippte nochmal an ihrem Glas und beschloss das Getränk bei nächster Gelegenheit in einen Blumentopf zu kippen. Sie entschuldigte sich, um ihre Jacke ins Lager zu bringen, da wusste sie immerhin, dass sie nicht wegkam. Außerdem konnte sie so quer durch die Bar laufen und Ausschau nach Maya halten. Sie fand Maya an einem Tisch mit ein paar alten Schulkameraden, die Jasmin sofort erkannten und sie baten sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen. Sie schaute Maya an um sicher zu gehen, ob das für sie in Ordnung wäre, aber die rollte nur gleichgültig mit den Augen.
Jasmin setzte sich also neben die Person, die ihr den Tag zuvor noch Todesblicke zugeworfen hatte und hörte sich an wie erfolgreich alle anderen außer sie selbst waren. „Und studierst du auch?", fragte ihr alter Sitznachbar aus dem Mathekurs. Jasmin seufzte als sie erkannte, dass sie eine der wenigen war, die es nicht wirklich zu etwas gebracht hatten. „Du wolltest doch immer Sprachwissenschaften studieren und dann wie dein Vater nach Mumien in Pyramiden suchen."
„Mein Vater war nie in den Pyramiden.", versuchte sie diesem ernüchternden Gespräch aus dem Weg zu gehen und mischte sich ein Getränk, welches genießbarer war, als das vorherige. Die Gespräche an diesem Tisch waren für Jasmin ein absoluter Höllentrip. Es war die Bestätigung, dass sie in ihrem Leben versagt hatte. Ben kam ein paar Mal vorbei und jedes Mal wurde ein Schnaps getrunken. Sie überlegte wie sie Maya dazu bringen konnte mit ihr zu sprechen, aber jedes Mal wenn sie Maya etwas fragte bekam sie bloß einen bösen Blick zugeworfen. In dieser Hinsicht war ihr Plan also gescheitert.
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𝐓𝐡𝐞 𝐩𝐚𝐜𝐭
Paranormal"Von Anfang an, bis jetzt und in alle Ewigkeit ist unser Blut mit seinem verbunden und so soll die Tradition weiter geführt werden.", las die Hohepriesterin vor. So hatte Jasmin sich den weiteren Verlauf ihres Lebens ganz sicher nicht vorgestellt. A...