Bald schon konnte man ihre Schritte auf der Treppe hören, die sie so schnell sie konnte hinauf lief. Natürlich hatte er sie gefragt, denn er hatte erst Jonathan gefragt. Er tat trotzdem überrascht, als ihm das kleine Energiebündel mit den zerzausten Haaren um den Hals fiel und vor Glück weinte. Er nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich, denn er wusste was diese Frage für ihn bedeutete. „Nicht weinen kleine Schwester, das macht dich nicht schöner.“, scherzte er und sie kämpfte sich sofort aus seiner Umarmung. „Das wird mich ganz schön was kosten.“, stellte er kurz darauf fest, nur um sie zu ärgern. Sie schaute ihn sofort unsicher an, denn sie wusste, dass er all ihre Wünsche mit einem einfachen „Nein“ zerstören könnte. „Aber das bist du mir wert.“, sagte er dann schnell, damit sie nicht auch noch aus Kummer weinte. Gleich darauf schenkte sie ihm das strahlendste und herzerwämendste Lächeln, das er kannte. So viele Mädchen London auch hatte, keines lachte so schön wie Rose und ausgerechnet ein Stoffhändler aus Venedig wusste diese Eigenschaft mehr zu schätzen als alle Männer dieser Stadt. Außerdem wusste er nicht wie unzähmbar Rose war und wie selbstständig und freiheitsliebend. Man konnte versuchen sie in einen Käfig einzusperren, nach ein paar Minuten hätte sie einen Weg heraus gefunden.
Jonathan hielt sein Versprechen und veranstaltete ein großes Fest mit allen Verwandten, die übrig geblieben waren, Freunden und wichtigen Handelspartnern. Erstaunlicher Weise hatte auch der Händler aus Venedig nicht wenige Freunde im Herzend Englands. Ihre Hochzeit war wirklich teuer, aber das war es Wert in Anbetracht der Handelsbeziehungen die sich damit nach Italien eröffneten. Rose sah in ihrem Hochzeitskleid wunderschön aus. Sie hatte es selbst genäht, aus Stoffen die ihr Gemahl mitgebracht hatte. Es passte perfekt zu ihr und ihrem Temperament. Das Kleid zeigte ihr Talent mit der Nadel besonders dann, wenn sie über die Tanzfläche wirbelte. Sie tanzten zusammen so lange bis ihr Gemahl sich dazu überreden ließ sie ebenfalls über die Tanzfläche zu führen. Aber das war nicht besonders oft und somit hatte Jonathan seine kleine Rose noch etwas für sich alleine. Ihr Lächeln, ihr Lachen mit dem kleinen Gluckser am Ende und ihre großen rehbraunen Augen, die ihn so fröhlich anstrahlten, gehörten für den Moment nur ihm alleine. Das war der glücklichste Tag in ihrem Leben. Das war alles was er jemals wollte, dass sie glücklich ist. Nachdem sie fast zwei Jahre nicht mehr gelacht hatte, weil Krankheit und Tod ihr alle nahm, die sie so sehr geliebt hatte, hatte sie es wirklich verdient wieder glücklich zu sein. Dieses Glück war ansteckend.
Die Musik war laut und erheiterte die Menschen. Das Bier floss aus den Fässern wie Wasser aus einem Fluss und alle tanzten bis tief in die Nacht. Erst jetzt wo der Mond am Himmel stand begannen auch der Gemahl und seine Freunde sich an der Feier zu erfreuen. Wahrscheinlich war ihm klar geworden welchen Wirbelwind er geehelicht hatte und erst jetzt hatte er genug getrunken, um es nicht mehr zu bereuen. Er würde sie bändigen, da war sich Jonathan sicher. Und er konnte ihr so viel mehr bieten als Jonathan selbst. Marcus Aureus, der seltsame Stoffhändler aus Venedig.
Ein paar Fackeln erleuchteten den Platz auf dem gefeiert wurde. Das Feuer spendete nicht nur Licht, sondern auch Wärme, wenn man sich nur nah genug an sie heran stellte. Als Jasmin Marcus erkannte, schrecke sie kurz zurück und stieß dabei gegen eine der Fackeln. Wenn das Jonathans Interpretation von einem fröhlichen Traum war, musste sie ihm nochmal erklären, dass Marcus eher das Gegenteil von Fröhlichkeit verbreitete. Ihr Rücken tat weh, nachdem sie diesen an der Flamme verbrannt hatte. Das war wirklich ein seltsamer Traum.
Jasmin wachte von einem lauten Knall auf und fasste an die leere Stelle neben sich. Sie blinzelte verschlafen und stellte fest, dass es hell war. Jonathan musste gegangen sein. Sie hatte von einer Hochzeit geträumt und einem Mädchen, welches sie irgendwo schon mal gesehen hatte. Sie spürte eine unglaubliche Hitze auf ihrer Haut, es tat schon fast weh. Ein weiterer Knall ließ sie erneut erschrecken. Irgendwas stimmte nicht, etwas war anders als sonst. Plötzlich spürte sie einen steckenden Schmerz in ihrer Hand, welche sie sofort zurückzog und noch etwas schlaftrunken betrachtete. Sie war gerötet und tat weh. Erst der dritte Knall ließ sie wirklich erwachen, da sie etwas an der Schulter streifte und einen enormen Schmerz hinterließ. Sie hörte das Knarren von Holz über sich und realisierte erst jetzt wo die Hitze herkam. Ihre Wohnung stand in Flammen.
„Scheiße!“, schrei sie erschrocken und versuche von ihrem Bett zu klettern. Die Flammen kletterten bereits ihre Decke hoch und zerstörten alles was sie erreichen konnten. Dieses Feuer war verdammt laut, dachte Jasmin, war sich allerdings sicher, dass jedes Feuer laut sein musste. Die Hitze und der Qualm trieben ihr Tränen in die Augen und machten das Atmen schwer. Sie entschloss sich so schnell es ginge zur Tür zu rennen und sich dann nach Draußen zu flüchten. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass das Treppenhaus noch nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen worden war, wie ihre Wohnung, die lichterloh brannte. Sie fasste all ihren Mut und trat in die Flammen, welche ihre Füße sofort verbrannten. Wie konnte Feuer so unglaublich heiß sein?
So schnell sie konnte rannte sie zur Tür, fasste den Griff und verbrannte sich ihre Hand an dem Metall. Sie schrie auf machte einen Schritt zurück und hörte erneut ein lautes Knarren direkt über sich. Wie konnte sie nicht bemerkt haben dass es in ihrer Wohnung brannte? Das Knarren wurde lauter. Wie konnte sich Feuer so verdammt schnell ausbreiten? Es krachte unerträglich laut. Bevor sich Jasmin eine weitere Frage stellen konnte, spürte sie etwas unglaublich schweres auf ihre Schultern drücken und sie fiel zu Boden. Die Flammen leckten an ihrer Haut und hinterließen unerträgliche Schmerzen.
Das konnte kein normales Feuer sein. Jasmin versuchte sich unter dem Holzbalken herauszuziehen, der über ihr lag. Sie konnte kaum noch etwas erkennen, aber sie war sich sicher, dass sie etwas hören konnte. Sie hörte Sirenen, die sich näherten und ein Lachen. Es war Lydias Lachen.
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𝐓𝐡𝐞 𝐩𝐚𝐜𝐭
Paranormal"Von Anfang an, bis jetzt und in alle Ewigkeit ist unser Blut mit seinem verbunden und so soll die Tradition weiter geführt werden.", las die Hohepriesterin vor. So hatte Jasmin sich den weiteren Verlauf ihres Lebens ganz sicher nicht vorgestellt. A...