23. Kapitel

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"Wir müssen reden", flüsterte Harry in mein Ohr, als er sich hinter mich an die alte Wand der Fabrik lehnte und den Arm um Liam legte, der darüber alles andere als erfreut aussah. "Das ist nicht der richtige Zeitpunkt", antwortete ich kühl und setzte mir ein Lächeln auf. "Bitte Niall", ließ Harry nicht locker. "Könnt ihr jetzt mal leise sein?", fragte Liam und warf John einen entschuldigenden Blick zu.

"Konzentration!", rief dieser mit genervten Unterton und fügte an Louis gerichtet hinzu:
"Nicht vergessen zu lächeln!"
Sofort kam Louis dieser Bitte nach. Und obwohl ich wusste, dass ihm nicht zum Lächeln zu Mute war, machte er seine Sache erstaunlich gut. "Knie dich mal auf den Boden, Niall", forderte John mich auf. "Und Harry, leg du deine rechte Hand auf seine linke Schulter"

Kurze Zeit später spürte ich die Wärme von Harrys Hand auf meiner Haut und wäre beinahe zusammen gezuckt. Meine Konzentration wurde zunehmend weniger. Immer wieder hörte ich Worte wie Lächeln, Authentizität oder Achtsamkeit, die mich nur noch mehr durcheinander brachten. Mühsam versuchte ich die geforderte Mimik aufzusetzen, was mir glücklicherweise auch mehr oder weniger gelang.

Nach einer halben Stunde bekamen wir eine Viertelstunde Pause. Louis verschwand augenblicklich mit samt seinem Handy aus unseren Sichtfeld.

"Kommst du?", fragte Liam sofort und lief bereits an mir vorbei. Gerade als ich ihm folgen wollte, griff eine Hand nach meinem Arm. Ruckartig drehte ich mich um und machte den Mund auf, doch da zog Harry mich bereits hinter sich her. "Hey", protestierte ich, während er weiter voran lief. Da blieb er plötzlich stehen und sprang auf eine Fensterbank, welche ohne die Glasscheibe wie ein großes Loch wirkte.

Zögernd sah ich zu ihm auf, während er auffordernd neben sich blickte. Eine Seite in mir sagte, dass ich augenblicklich verschwinden sollte. Nur gab es da noch die andere und die wollte Harry zu hören, egal was er getan hatte. Schließlich ließ ich mich unsicher neben ihm nieder. "Ich habe mich mit Louis getroffen, ja", fing Harry an zu erklären. In mir kam der Drang auf wegzulaufen, doch zwang ich mich weiter sitzen zu bleiben.
"Aber nur, damit wir uns endlich aussprechen können", fügte Harry hinzu und fuhr mit seinem Fingern über das Steinbrett.

Schweigend betrachtete ich ihn. Da schaffte ich es doch, den Mund auf zu machen: "Und warum hast du mir, dass nicht einfach erzählt?"
"Ich… ich hatte Angst", murmelte er und sah mich verlegen an.
"Was hat er gesagt?", stellte ich die nächste Frage, die mir auf dem Herzen lag und versank einen Moment in seinen grünen Augen. Jedoch wandte ich mich schnell wieder von ihm ab. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um über die Farben seiner Augen nachzudenken.

"Er…", fing Harry an und wurde zunehmend leiser. Unruhig ließ er sein Blick über das Fabrikgelänge schweifen und blieb schließlich bei Louis hängen, der einsam auf einer Bank saß und in sein Handy starrte.
"Es ist geklärt", meinte Harry schließlich und richtete sich wieder an mich.

"Geht es ihm gut?", hakte ich nach, da ich mir gut vorstellen konnte, was er durchmachen musste. Harry zuckte mit den Schultern. Da er anscheinend nicht vor hatte, etwas zu erwidern, redete ich weiter: "Ich hätte wissen müssen, dass er am Flughafen einen Täuschungsversuch durchziehen wollte. Für einen Augenblick dachte ich wirklich, dass es ihm besser geht"

Harry schwieg weiterhin. Ich spürte, dass er nicht über Louis reden wollte und so tat ich es ihm gleich. Einen Augenblick hörte ich einzig meinen Gedanken zu, die wie wild durch meinen Kopf kreisten.
"Es tut mir leid", riss mich Harry plötzlich aus meinen Gedankengang.
Ein Lächeln huschte über meine Lippen. "Mir auch", hauchte ich und konnte meinen Blick nicht von ihm nehmen.
Die schwere Last, der vergangenen Stunden, fiel von mir ab.

"Ich glaube die Viertelstunde ist um", murmelte ich und konnte noch immer nicht mein Lächeln ablegen. Da sprang Harry mit einem Satz auf den Boden. Bevor ich ihm folgen konnte, legte er seine Hände auf meine Knie ab. Langsam beugte er sich vor und legte seine Lippen auf meine.

Mit Umwegen bei dir (Narry) Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt