36. Kapitel

322 17 5
                                    

Da standen wir also das letzte Mal gemeinsam im Backstage Bereich und warteten auf unseren letzten Auftritt. Immer noch hatte ich das Gefühl, dass es bloß ein Traum war. So als würde Harry mich im nächsten Moment aufwecken. Doch war ich hellwach und ein nächstes Konzert würde es nicht geben.

Dieser Gedanke ließ Tränen in meine Augen steigen, die mein Sichtfeld verschwommen wirken ließen. Mein Blick wanderte zu Liam, der ebenfalls mit den Tränen kämpfte und ein halbherziges Lächeln aufgesetzt hatte. Auch Louis machte Anstalten jeden Moment die Fassung zu verlieren. Ebenso Harry, der uns schweigend betrachtete.

Jeden von uns sah man die Angst an. Wir hatten eine so lange Zeit zusammen verbracht. Wir hatten so viel mit durchmachen müssen. Mehr als ich für möglich gehalten hatte. Doch egal was passiert war, eine Sache hatte ich immer im Hinterkopf behalten: Dass es immer jemanden zum Reden und Streiten gegeben hatte. Jetzt würde sich alles verändert. Jeder würde seinen eigenen Weg einschlagen. Mit einem Lächeln auf den Lippen, dachte ich daran, dass Harrys und mein Weg zum selben Ziel führen würden.

Doch in Liams braunen, Louis' blauen und Harrys grünen Augen funkelte noch etwas anderes: Erleichterung!
Ich konnte dieses Gefühl ziemlich gut nachvollziehen. Der Stress, der Druck, der Hass, die Presse, die schlaflosen Nächte, die Streitigkeiten, das Heimweh, all diese Dinge hatten mich in den vergangenen Jahren sehr geprägt. Es hatte Tage gegeben, in denen ich all dies verabscheut hatte. Bloß wusste ich, dass ich ohne sie nicht der Niall James Horan sein würde, der ich heute war.

"Das ist wohl das Ende", murmelte Harry plötzlich neben mir und schaute in die Runde. "Nein", widersprach Liam ihm sofort und fügte hinzu: "Es gibt kein Ende von One Direction!"
Die Worte meiner Freunde ließen mir entgültig die Tränen die Wangen hinunter laufen. "Nicht weinen", hauchte Harry, obwohl ich wusste, dass ihm nicht anders zu Mute war.

"Warum fühlt es sich so falsch an?", schniefte ich und lehnte mich an Harrys Schulter. Keiner der dreien antwortete. Entweder kannten sie die Antwort ebenso wenig wie ich oder sie hatten nicht den Mut, sie auszusprechen.

Die Stille war ungewöhnlich für uns. Eigentlich hatte immer mindestens einer etwas zu erzählen. Wobei das Mindestens ein wenig zu untertrieben war, für das Chaos an Gesprächsstoff, dass wir den anderen immer mitzuteilen hatten.

"Es geht los", hörten wir auf einmal eine Stimme die Stille brechen. "Das letzte Mal", sprach Liam meine Gedanken aus.
"Ich werde das alles vermissen", meldete sich Louis zu Wort und alle Augenpaare waren nun auf ihn gerichtet. "Es wird sich für unsere Freundschaft doch nichts ändern, oder? Nur für unsere Fans und dem Internet und so weiter", sprach ich meine größte Sorge aus.

"Nein", sagte Liam leise. Ich wusste, dass er bemüht war, seine Unruhe zu verbergen. "Kommt ihr?", rief in diesem Moment erneut die Stimme. Doch so sehr ich auch versuchte meine Beine zum Gehen zu bewegen, sie blieben an Ort und Stelle stehen.
"Habe keine Angst", hauchte Harry in mein Ohr, als wäre er im Gedanken lesen belehrt worden.

"Das ist so als würde man ihm sagen: Habe keinen Hunger", grinste Louis und ich sah ihn empört an. "Willst du nicht wenigstens beim letzten Auftritt Frieden bewahren?", hakte ich lachend nach.
Die anderen stimmten mit ein. Nur war es anders als sonst. Es klang eine gewisse Wehmut in unserem sonst so unbeschwerten Gelächter mit.

Da nahm Harry plötzlich meine Hand und flüsterte: "Es ist vielleicht das Ende von deiner und meiner Jugend, aber es ist auch ein Anfang"
Ich lächelte ihn mit Tränen in den Augen an, als er glücklich hinzufügte: "Unser Anfang"

Mit Umwegen bei dir (Narry) Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt