Claire #6

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In den letzten Tagen habe ich im Internet viel recherchiert. Am meisten über das Thema Liebe, aber auch über das Boxen. Beides sind sehr interessante Themen und ich hatte mich so in die Arbeit vertieft, dass ich nicht einmal zeit hatte, Fay zu besuchen. Heute konnte ich mich endlich vom Computer wegreißen und lief gerade in den Stall. Mirabelle, die ich in der letzten Zeit auch etwas vernachlässigt hatte, schaute mir traurig entgegen. „tut mir leid, mein kleines Mädchen!", entschuldigte ich mich bei ihr. Sie drehte als Antwort nur ihren Kopf weg. Ich nahm ihre Unterlippe und drehte ihren Kopf wieder in meine Richtung, um ihr einen Apfel zu geben, den ich aus meine, Rucksack geholt hatte. Nachdem sie diesen aufgegessen hatte, schaute sie mich neugierig an und ich lachte:„so leicht kann man dich bestechen..." Dann öffnete ich die Tür ihrer Box und führte die am Halfter in die Sattelkammer. Nachdem ich ihr die Trense umgelegt hatte, schwang ich mich von einem leeren Sattelhalter aus auf ihren Rücken und drückte ihr meine Wade leicht in den Bauch. Sie schritt eilig los und ich hatte mühe damit, sie unter Kontrolle zu halten.

Als ich dann den Weg zu dem Dorf einschlug, in dem Fay wohnte, gab ich ihr die Zügel frei und sie sprang mit großen Schritten in den Galopp. Sie wurde immer schneller und ich hatte das Gefühl, als würde ich fliegen. Kurz vor dem Dorf hatte ich mühe sie zu bremsen, schaffte es aber gerade noch. Ich ritt auf eine kleine Wiese und sprang von Mirabelles Rücken. Gerade als ich ihr das Zaumzeug vom Kopf ziehen wollte machte sie einen Schritt zur Seite und ich griff ins Leere. Ich kam wieder auf sie zu und versuchte es noch einmal, aber Mirabelle schien es mehr zu gefallen, vor mir weg zu rennen. Also gut, wenn sie mit mir spielen will..., dachte ich und drehte mich langsam um. Dann ging ich ohne zu Zögern in Richtung des Dorfes. Ich hörte die dumpfen Geräusche, die die Hufen machen, wenn sie auf dem Gras aufschlugen und spürte Mirabelles Atem in einem Nacken. Blitzschnell drehte ich mich um und wollte nach den Zügeln greifen, doch sie hatte meinen Plan durchschaut und rannte davon. Von der Anderen Seite der Wiese kam Gelächter und ich drehte mich um. Wer stand wohl dort? Niemand anderes als Mike und seine Kumpels. Ich schaute genauer hin und entdeckte Fay. Schnell zog ich meinen Rucksack an und ging auf sie zu „hallo Fay!", rief ich ihr zu und sie winkte mir. Als ich bei ihr ankam, nahm sie mich kurz in den Arm. „Fay! Ich hab hör noch etwas für dich!", ich übergab ihr ihre Klamotten, „tut mir leid, dass du so lange warten musstest!" Sie grinste und nahm mir die Sachen ab. Dann drehte ich mich um und rannte zu Mirabelle, die vor Überraschung nicht einmal wegrennen konnte. Geschickt täuschte ich an, dass ich auf die eine Seite rannte und wie ich es vermutet hatte, wich sie nach Links aus, ich änderte blitzschnell meine Richtung und schwang mich auf ihren Rücken. Um sie zu beruhigen, tätschelte ich ihr den Hals und sie schnaubte.

Dann nahm ich die Zügel auf und ritt seitwärts auf die jungen Leute zu. Vor Fay sprang ich ab und wir liefen zusammen zur Scheune. Vor der Scheune stellte ich Mirabelle auf eine kleinere Koppel und drehte mich zu Fay um. „und?", fragte ich sie, „was machen wir heute?" Sie kratzt sich nachdenklich am Hinterkopf und meint dann zerknirscht: „ich habe heute Training... Das darf ich auch nicht ausfallen lassen! Aber... Vielleicht kannst du ja mitkommen und zuschauen?" Ich nickte und grinste vor mich hin.

Als wir eine halbe Stunde später beim Boxverein ankamen grinste ich immer noch. Fay sah mich von der Seite an und lachte laut auf: „freust du dich so auf das ZUSCHAUEN? Oder denkst du, dass dich jemand fragt, ob du es auch einmal ausprobieren willst?" „eigentlich beides...", Gebe ich zögerlich zu und sie zwinkert mir zu. Als wir den Boxverein zusammen betraten, klopfte mein Herz so schnell, dass ich schon dachte, Fay könnten hören! Endlich hatte sich ein kürzlich erst ersehnter Traum erfüllt! Auch wenn ich nur zuschauen konnte... „Claire? Wach auf!", sagte Fay, die mir kichernd mit einer Hand vor dem Gesicht herum fuchtelte. „wie, bitte?", fragte ich sie, doch sie zog mich nur hinter sich her in einen kleineren Raum. Ausgestattet war er mit ein paar Haken und Bänken. „so!", meinte Fay, „damit dich niemand anderes fragen muss, frag ich dich jetzt: willst du beim Training mitmachen?" Ich sah sie mit weit aufgerissenen Augen an und nickte wie eine verrückte. Sie lachte und schmiss mir ein paar Klamotten zu. „aber wehe, du rennst wieder mit keinen Klamotten weg!", drohte sie mir. Schweigend zogen wir uns um, als wir fertig waren, ging die Tür auf und ein Mädchen, vielleicht so alt wie Fay, betrat den Raum. „Hey Johanna! Das ist Claire!", begrüßte Fay sie. Sie lächelte Fay zu und musterte dann mich, dass lächeln wurde eher gezwungener und als sie dann „hallo" sagte, schaute sie wieder zu Fay. „komm Claire!", rief letztere und zog mich mit aus der Kabine. Draußen lässt sie meinen Arm los und geht zu einem älteren Herr, ich folge ihr.

„Hey Lutz", begrüßt sie den Herr und zeigte dann auf mich, „das ist Claire, sie wollte heute mal mit machen!" Lutz drehte sich zu mir und schüttelte mir die Hand. „hallo Claire! Ich bin Lutz, schön dich kennenzulernen!", stellte er sich mit einer brummigen Stimme vor. „gleichfalls", erwiderte ich mit einem warmen Lächeln. Ich mochte Lutz jetzt schon gerne. Er hatte etwas väterliches an sich, was ich nicht schlecht fand. „Liam!", rief er in die Runde und ein Junge kam auf uns zu, der Lutz sehr ähnlich sah. „ja?", fragte er. „du kümmerst dich heute um Claire, sie hat heute ihre erste Schnupperstunde!", erklärte Lutz ihm und er nickte brav. „nimm dich in Acht, sie kann echt hart zuschlagen!", kam es von jemanden aus der Runde und bei dem Klang seiner Stimme wurden meine Wangen etwas wärmer. Liam lachte und wandte sich dann an mich. „das werden wir ja noch rausfinden", meinte er und zwinkerte mir zu. Ich ignorierte ihn einfach und schaute zu Fay, die seine kleine anmache anscheinend mitbekommen hatte, denn sie stand mit zusammengekniffenen Augen da und starrte ihn wütend an. Mein Blick huschte zu Mike, der Liam ebenfalls böse anstarrte. Als er dann aber merkte, dass ich ihn beobachtete, lächelte er mir warm zu und ich konnte garnicht anders als zurück lächeln. Liam riss mich aus meinen Gedanken, als er meinte: „lass uns anfangen!" Ich schaute kurz zu ihm und nickte dann. Als erstes mussten wir 15 Minuten Springseil springen. Ich konnte das zum Glück schon ein wenig, da ich es früher Zuhause immer gemacht hatte. Trotzdem lief mir der schweiß von der Stirn und ich fing an zu schnaufen. „5 Minuten noch!", hallte Lutz Stimme durch den Raum. Ich stöhnte auf, hielt es aber dann zum Glück durch und blieb nach den 15 Minuten schnaufend stehen. „na, kleines? Ein bisschen außer Atem?", sprach mich eine Stimme von Links an. „halt die Klappe, Liam!", fauchte ich zurück. Fay kam an uns vorbei, weil sie ihr Springseil aufräumen musste und sah Liam böse an...schon wieder. Ich schaute ihr verwirrt hinterher. Denkst sie, dass da etwas zwischen uns läuft. Schnell schaute ich mich um und entdeckte mein Ziel. Sein Blick traf meinen und er kam grinsend auf mich zu. „na? Doch nicht so toll, wie du es dir vorgestellt hast?" Ich sah ihn empört an: „doch!" Er lachte leise und ging weiter. Beim vorbei gehen streifte er mit seinen Fingern meinen Arm. Schon wieder bekam ich da Gänse Haut, aber ich ignorierte es einfach. Liam nahm mein Springseil und brachte es mit seinem weg. Gerade als er wieder kam, fing Lutz an zu reden: „soooo! Jetzt machen wir zwei Runden Schattenboxen!" Die Uhr klingelt und die Zeit läuft. Ich schaute mich ratlos um, doch selbst Liam, der sich eigentlich um mich kümmern sollte, ist in seine Arbeit vertieft. Ich seufzte, so schwer kann das ja nicht sein. Ich stellte mich so hin, wie Liam und versuchte ihm nach zu machen. „garnicht mal so schlecht", raunte mir eine Stimme zu und ich zuckte zusammen. Mike grinste mich an: „aber pass auf! Du musst immer dein Gesicht schützen! Wenn du deine Hände oben hast, dann halte sie vor deine Wangenknochen" er nahm meine beiden Fäuste und stellte sich hinter mich. Dann zeigte er mich was er meinte. Ich versuchte es noch einmal alleine und dann hörte ich die Uhr, die uns zu verstehen gab, dass wir nun pause hatten.

Nach der Pause kam Mike wieder zu mir und meinte: „so! Jetzt musst du noch darauf achten, dass du deine Faust schön drehst, wenn du schlägst. Er stellte sich wieder hinter mich und drückte seinen Körper an meinen, dann griff er nach meinen Fäusten und zeigte wieder was er meinte. Als ich das dann einigermaßen hinbekam, stellte er sich neben mich und zeigte mir die drei Schläge. „also, der einfachste Schlag ist der gerade Schlag", er zeigte ihn mir und ich machte ihn ein paar Mal nach, „dann gibt es noch den..." „ich weiß", unterbrach ich ihn, „Jab, Cross, Haken, Aufwärtshaken" ich führte sie ihm vor und er pfiff leise durch die zähne: „da hast du aber heimlich schon geübt!" Ich nickte schüchtern und er lächelt mich glücklich an. Dann klingelte es und die Runde war zu Ende.

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