Kapitel 10

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Mein ganzes Leben lang war ich der Frage bisher immer davon gerannt, nicht mal meine beste Freundin wusste über die genauen Umstände Bescheid. Sie wusste zwar das meine Eltern verstorben waren, als ich noch sehr jung war.....aber mehr hatte ich nie erzählen wollen. Ich seufzte gequält und nickte dann nachdenklich. " Ich hatte Angst das, wenn ich auf ein weiteres gehen würde, die Erinnerung an all die schönen Momente die ich während des Konzertes erleben durfte verblassen.....das ich mich plötzlich nicht mehr daran erinnern würde, das meine Mama dieses wunderschöne Sommerkleid an hatte, mein Vater ihr zu Liebe sogar ein Tshirt mit dem Aufdruck 'The Kelly Family' trug.....das meine ältere Schwester beinahe in Ohnmacht gefallen wäre als Angelo ihr die Hand gegeben hatte, wie glücklich sie waren.....wie glücklich.....wir waren. Ich hatte Angst das ich ihr Lächeln vergesse, das sie auf den Lippen hatte als sie euch auf der Bühne stehen sah.....ich hatte Angst ihr damit weh zu tun wenn ich ein weiteres Konzert ohne sie besuchen würde......" erklärte ich, während wir weiter nebeneinander her liefen. "Nach dem Konzert sind wir noch schnell etwas essen gegangen.....meine Mama war so aufgewühlt wegen des Konzerts. Sie redete ununterbrochen darüber wie schön sie es fand. Das hielt natürlich einige Zeit an.....selbst im Auto war sie mit den Gedanken nur bei dem Konzert. Mein Vater versuchte sie etwas zu beruhigen....doch wer meine Mutter kannte, wusste dass das garnicht so leicht gewesen war. Also hatte mein  Vater für einen kurzen......wirklich nur einen sehr kurzen Moment, nicht auf den Verkehr geachtet und den überholenden PKW übersehen.
Ich weiß nicht viel, von dem was danach passiert war und wenn dann auch nur kleine Bruchstücke....." versuchte ich zu erklären doch der Klos in meinem Hals schien größer und größer zu werden so das ich keinen klaren Ton mehr heraus bekam. Tränen füllten meine Augen und ehe ich es verhindern konnte liefen sie auch schon an meinen Wangen entlang. "Ich habe meine Familie sterben sehen.....und konnte nichts machen......" flüsterte ich und wendete den Blick von Paddy ab.
"Als ich im Krankehaus wach geworden bin und man mir erzählte das meine Familie an den Folgen des Unfalls noch vor Ort verstorben waren.....war alles innere irgendwie, wie leer gefegt. Ich war Acht, hatte keine Ahnung wie es weiter gehen würde....Ich meine, ich hatte die wichtigsten Bezugspersonen in meinem Leben verloren.....man hatte mir das, was ich am meisten im Leben geliebt habe einfach genommen.....wo oder bei wem sollte ich leben? Von einer Sekunde auf die andere, hatte ich plötzlich kein Zuhause mehr.....nachdem es mir Gesundheitlich besser ging kam ich in ein nahegelegenes Heim.  Seelisch allerdings war ich wie Tod.....ich wurde älter und der Schmerz fühlte sich irgendwie immer unerträglicher an. Sie fehlten mir so sehr und es gab keinen Tag an dem ich mir nicht gewünscht hatte sie noch einmal sehen zu können. Die darauf folgenden Jahre zogen nur so an mir vorbei.....und irgendwann war ich an dem selben Punkt angelangt, wie du vor vielen Jahren. Ich habe einfach keine Kraft mehr gehabt....keinen Sinn mehr gesehen weiter zu leben. Also habe ich versucht, mir das Leben zu nehmen. Die Ärzte taten natürlich alles um mir das Leben zu retten,was sie auch schafften....zurückblickend, bin ich verdammt froh darüber das ich
überlebt habe." erzählte ich weiter und lächelte leicht. "Weißt du...." begann ich und schaute zu Paddy. Erst jetzt realisierte ich das er die ganze Zeit über nichts gesagt hatte, sondern einfach nur zuhörte. Seine Augen waren glasig und anhand seines Gesichtsausdrucks konnte ich erkennen, dass ihm das was ich erzählte sehr nahe ging. "Wenige Tage nachdem ich damals aus dem Krankenhaus entlassen wurde.....kam am Abend eine Musikshow im Tv, es ging um die erfolgreichsten Songs des Jahres..... glaub ich, jedenfalls wurde das Lieblingslied meiner Mutter abgespielt......" gab ich von mir und lächelte Paddy an.
"Den Song, hast du geschrieben....und während ich den Klängen der Musik lauschte, musste ich an meine Familie denken, an meine Mutter....wie sie den Song immer lautstark mit sang und es ihr völlig egal war, das jeder Ton total schief geklungen hat und sich ab und zu darüber sogar die Nachbarn beschwerten....und zum ersten mal, brach ich nicht in Tränen aus. So entwickelte sich dann irgendwie alles....ich begann eure Musik ebenfalls rauf und runter zu hören, durch eure Musik hatte ich das Gefühl als wäre meine Familie..... irgendwie bei mir. Naja....und irgendwann gab es schließlich nur noch zwei Themen in meinem Leben" erzählte ich weiter und musste lachen. "Die Kellys....und nun ja....halt 'Paddy'!" fuhr ich fort und er lächelte sanft. Erst jetzt bemerkte ich das wir mitten im Gespräch wohl irgendwann einfach stehen geblieben waren.......Paddy schien zu überlegen, schaute mich dann aber an und kam einen Schritt auf mich zu. Mein ganzer Körper schien mit einem mal wie versteinert, die plötzliche Nähe brachte mich leicht durcheinander und mein Herz begann wie wild gegen meine Brust zu hämmern. Ohne etwas zu sagen, zog er mich in seine Arme und drückte mich sanft an sich. Für jeden Außenstehenden mag das komisch ausgesehen haben.....und unter anderen Umständen hätte es sich auch komisch angefühlt aber in diesem Moment gab mir diese Umarmung so unendlich viel Halt, das ich dankbar dafür war ihn an meiner Seite zu haben. Ich erwiederte seine Umarmung und lehnte erleichtert meinen Kopf gegen seine Brust.
Zum ersten mal, hatte ich über das was passiert war gesprochen und ich musste zugeben das es sich angefühlt hatte als würde diese wahnsinnig schwere Last, die ich in mir trug, mit jedem Wort leichter.

Kein Leben ohne DichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt