Kapitel 9

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"Was.. was.. machst du hier?", fragte ich Yoongi vollkommen verwirrt. "Das sollte ich wohl eher dich fragen! Ich wohne hier", gab er mir zur Antwort. "Ihr kennt euch?", mischte sich nun auch noch Jin ein. "Ich habe dir doch von meinem neuen Klassenkameraden erzählt. Das ist er", erklärte Yoongi Jin, dem die Fragezeichen deutlich im Gesicht standen.

"Ohhh, ich verstehe", entgegnete nun Jin.

"Und was machst du nun hier, Jimin?", kam Yoongi nun zum eigentlichen Thema zurück. "Ich.. ich", stammelte ich wieder.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich bin hier, weil ich wie ein Häufchen Elend geheult hatte und Jin mich aufgesammelt hatte.

Bei den Gedanken, aus welchem Grund ich geweint hatte, schossen mir erneut Tränen in die Augen. Ich konnte es nicht verhindern. Es war unmöglich.

Yoongi sah mich vollkommen verwirrt an, er verstand wohl nicht, weshalb ich weinte. Jin schon, weshalb er zu mir kam und mich in seine Arme zog. Ich vergrub mein Gesicht in seinem T-Shirt und krallte mich an ihm fest. Ich fühlte mich so hilflos.. so machtlos.. so schwach. Ich weinte hemmungslos, was allerdings sehr gedämpft klang, aufgrund dessen, dass ich in Jins T-Shirt weinte, welches an der Stellle ganz nass wurde.

"Was.. was ist denn los?", Yoongi war sichtlich überfordert mit der Situation. Jin strich mir vorsichtig und beruhigend über den Rücken.

"Ich habe ihn auf dem Heimweg gefunden, er hat geweint, da wollte ich wissen, was los ist und hab ihn dann mit hier her genommen", erzählte Jin die Kurzfassung. Ich war froh, dass er Nichts von dem erzählt hat, was ich ihm anvertraut hatte.

"O.. okay?", Yoongi schien noch immer nicht zu verstehen.

Als ich mich etwas beruhigt hatte, löste ich mich aus Jins Umarmung und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.

"Geht's wieder?", fragte Jin mich. Ich nickte.

Jin lächelte mich an und stellte mir dann eine Tasse dampfenden Kakao hin. "Glaub mir, dass Zeug wird dich beruhigen", versicherte mir Jin.

"Danke", nuschelte ich nur und nahm einen Schluck.

Es schmeckte richtig gut! Es war, als würde die Schokolade direkt auf meiner Zunge schmelzen. "Schmeckt's?", fragte Jin mit einem Lächeln um Gesicht. Ich nickte.

"Ich würde sagen, dass wir uns jetzt noch einen Film ansehen, dass beruhigt sowieso die Nerven", schlug Jin vor und rieb sich die Hände.

"Mir ist nicht so nach Filmen.. ich.. glaube, ich sollte allmählich nacg Hause gehen.. ich muss noch.. ich..", erneut brach ich ab und fing das Heulen an.

Man, bist du 'ne Memme!

"Halt endlich dein scheiß verdammtes Maul!", ich schrie und schrie und schrie. Ich sackte zu Boden und weinte. "Thamina.. es tut mir so leid!", schrie ich und wünschte sie wäre noch am Leben.

"Jimin, beruhig' dich!", Jin kniete sich zu mir und fing an, mir über den Rücken zu streicheln.

Ich spürte, wie Yoongi sich neben mich kniete und mir vorsichtig eine Hand auf meine Schulter legte.

"Fass.. fass mich nicht an..", schluchzte ich und rutschte zur Seite.

Diese Berührung.. sie.. sie erinnerte mich an meine Vergangenheit.. an das, was geschehen war.

~Früher, 5 Jahre vorher~

"Ich passe doch gerne auf den kleinen Jimin auf! Macht euch einen schönen Abend und wenn ihr wieder kommt, wird der Kleine friedlich schlafen", seine so freundlich verstellte Stimme ließ mich erschaudern. Er log sie an. Er log ihnen bitter ins Gesicht, ohne mit der Wimper zu zucken.

Nur ich wusste; was geschehen würde. So wie jedes Wochenende.

Als meine Eltern verschwunden waren, änderte sich sein Gesichtsausdruck. Mit seinem perversen Grinsen kam er auf mich zu.

"So Jimin und nun werden wir richtig viel Spaß zusammen haben", lachte er gehässig und legte mir eine Hand auf die Schulter. Bei dieser Berührung kam mir beinahe mein Mittagessen wieder hoch. Ich fing an zu beben und zu zittern und mir wurde schwindelig.

"Zieh' dich aus! Sofort! Oder willst du Bekanntschaft mit meinem Gürtel machen?", seine Stimme war knurrend und bedrohlich. Ich hatte Angst, schreckliche Angst. Deshalb wehrte ich mich nicht, sondern tat, was er von mir verlangte. Ich zog mich aus.

"Na geht doch! Und jetzt, leg dich hin und mach deine Beine breit, Kleiner", verlangte er und ich tat es. Was hatte ich denn gegen ihn auszurichten? Nichts.

Er vergriff sich an mir.. einem 11-jährigen Jungen und das schon seit zwei Jahren.

Als er fertig war, kam der Satz, der immer kam: "wenn du es jemanden sagst, dann bringe ich dich um und all deine Liebsten auch und jetzt geh' ins Bett, ich will fernsehen".

~Gegenwart~

Bei diesen Erinnerungen fing sich meine Umgebung an zu drehen. Solange hatte ich nicht mehr an ihn gedacht, doch jetzt tat ich es. Jetzt, als Yoongi seine Hand auf meine Schulter gelegt hatte.

Das altbekannte Gefühl von Ekel und Scham kam in mir hoch und ich musste mich zusammenreißen, mich nicht zu übergeben.

"Jimin? Hey, alles in Ordnung? Jimin!", ich wurde aus meinen Gedanken gerissen und blickte in das Gesicht von Yoongi, der mich besorgt musterte.

"Es.. ich.. ja..", ich konnte gerade keinen klaren Gedanken fassen.

"Ich glaube, es wäre das Beste, wenn du dich erst einmal hinlegst und dich etwas ausruhst. Du bist ja total kaputt", sagte Jin und zog mich auf die Beine.

Ich war wie weggetreten, beinahe, wie in Trance. Daher ließ ich es zu, dass Jin mich durch sein Haus führte, die Treppe hinauf und in ein Zimmer brachte, indem ein großes Bett stand.

"Leg dich hin und versuch' etwas zu schlafen. Es wird dir gut tun", meinte Jin und drückte mich auf die weiche Matratze.

Er deckte mich mit der großen Decke zu und wünschte mir einen schönen Schlaf. Ich antwortete nicht, sondern starrte nur an die weiße Decke.

Das hast du ja wieder toll hinbekommen! Jeder wird dich für einen verdammten Psycho halten! Nein, warte, es hält dich ja schon jeder für einen verdammten Psycho!

Ich lag da und tat nichts, außer ins Leere zu starren. Sekunden vergingen. Minuten vergingen. Vielleicht sogar Stunden. Es war mir egal. Ich war mit meinen Gedanken allein. Sie zerstörten mich. Sie zerstörten mich von innen heraus, als würden sie mich fressen. Als würden sie an meiner Seele nagen, an meinem Verstand. Als würden sie mir den Willen rauben.

Welchen Willen?

"Halt endlich die Klappe.. halt endlich die verdammt Klappe.. hör' endlich auf.. sei endlich leise!", schluchzte ich. Wieso konnte meine innere Stimme nicht endlich leise sein? Weshalb musste sie mich so quälen? Wieso?

Es klopfte an der Tür. Ich antwortete nicht. Ich fühlte mich selbst dafür zu schwach.

"Jimin?", fragte Yoongi, der nun mitten im Zimmer stand. "Ja?", fragte ich, obwohl meine Stimme nicht mehr, als ein erbärmliches Krächzen war.

Nicht nur deine Stimme war erbärmlich!

Erneut verließ eine Träne mein Auge und rann meine Wange hinab.

Yoongi setzte sich an den Rand des Bettes und sah mich an.

"Ich will nur, dass du weißt, dass ich immer für dich da bin, okay?", sagte er, stand auf und wollte gehen.

"Yoongi?", hielt ich ihn auf.

Er drehte sich zu mir um.

"Bitte bleib' hier", bat ich ihn.

Er setzte sich wieder zu mir aufs Bett und betrachtete mich.

Ich lächelte ihn schwach an und schloss meine Augen.

Kurz darauf schlief ich ein.

Behind The Fears || Yoonmin FF || BTS Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt