Ein Monat. Ein Monat, seit dem ich erfahren hatte, dass Thamina tot war. Ein Monat, seit dem ich Jin kannte. Ein Monat, seit dem ich bei Jin und Yoongi geschlafen hatte. Ein Monat, seit dem Yoongi am Bett gewacht hatte, während ich geschlafen hatte. Ein Monat war vergangen und es war viel passiert.
Ich kämpfte noch immer mit dem Verlust von Thamina. Noch immer weinte ich mich nachts in den Schlaf, trauerte um sie und versuchte ihren Tod zu verstehen - ihn zu verarbeiten.
Ich schrieb wieder mehr in meinem Tagebuch. Ich nahm es sogar mit in die Schule, schrieb darin, wenn Pause war. Schrieb, was mich bedrückte. Schrieb, was ich fühlte. Schrieb, was ich dachte.
Mit Jin verstand ich mich blendend. Wir trafen uns hin und wieder und vor zwei Wochen hatte ich dann auch seinen Freund Namjoon kennen, der in Busan studierte und jedes zweite Wochenende zu Besuch war.
Zu Yoongi hielt ich weiterhin Abstand. Ich wollte ihn nicht an mich heranlassen. Ich konnte es nicht. Immer wieder schrieb er mir auf Instagram, doch ich antwortete nie. Manchmal wollte er mich in der Schule ansprechen, doch ich ging weg. Jedes Mal ließ ich ihn stehen und innerlich hasste ich mich dafür, doch ich war nicht bereit dazu. Ich war nicht bereit, eine Freundschaft aufzubauen oder Sonstiges. Mit Jin war es etwas anderes. Er war eher wie eine Ersatzmutter, weshalb er oft Eomma Jin genannt wurde.
Heute war Donnerstag. Das bedeutete: Sport. Ich hasste den Sportunterricht. Es war so ein widerliches Gefühl. All die Schüler.. es war scheußlich.
Ich überlegte fieberhaft, wie ich mich vor den bevorstehenden zwei Stunden drücken konnte, doch mir fiel nichts Passendes ein.
Urplötzlich stolperte ich über Etwas und mein Gesicht machte eine unangenehme Bekanntschaft mit dem harten Boden.
Sofort hörte ich spöttisches Gelächter, während ich mir schmerzend das Kinn rieb. Ich spürte eine warme Flüssigkeit, die von meiner Nase über meine Lippen floss. Blut. Sofort fühlte ich mich, wie eingefroren, als ich an jenen Tag dachte..
~Früher, vor 4 Jahren~
Weinend und zitternd lag ich in meinem Bett und krümmte mich vor Schmerzen. Er hatte es schon wieder getan! Schon wieder hatte er sich an mir vergriffen, hatte mir weh getan, mich gedemütigt, mich bloßgestellt. Er hatte mir, mal wieder, einen Teil meiner Würde genommen, mir ein Stück meines Willens geraubt.
Ich hasste mein Leben. Ich hasste es!
Nachdem er fertig war, hatte er mich allein gelassen und mir, wie immer, mit dem Tod gedroht.
Wütend und voller Scham schlich ich mich ins Badezimmer und starrte in den Spiegel. Was ich sah, gefiel mir nicht. Ich sah einen blassen Jungen. Einen mageren Jungen. Einen gebrochenen Jungen. Ich sah, wie der Funke in den Augen des Jungens immer mehr erlosch. Ich sah, wie das Leben aus seinem Körper wich. Ich sah mich. Eine leere, leblose Hülle.
Der Frust in mir stieg, weshalb ich das Erste Mal zu ihr griff: der Rasierklinge.
Ich fing an mich selbst zu verletzen. Ich schnitt mir in den Arm und sah dem Blut beim Fließen zu.
Anschließend strich ich mit dem Finger, über meinen blutigen Arm. Meine Fingerspitze war nun vom Blut bedeckt. Ich setzte den Finger an meinen Lippen an. Das Blut war warm. Ich berührte mit der Zunge die Fingerspitze - schmeckte das Blut. Diesen metallischen Geschmack.
Und somit begann alles..
~Gegenwart~
"Jimin?", hörte ich jemanden nach mir rufen. Ich blickte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war und blickte in Yoongis besorgtes Gesicht.
"Was.. was ist passiert?", fragte ich verwirrt.
"V hat dir ein Bein gestellt und als du gestolpert bist, warst du plötzlich wie weggetreten - wie in Trance", klärte mich Yoongi auf.
"Oh..", war alles was ich sagte und rappelte mich auf. Anfänglich waren meine Beine weich, wie Wackelpudding, doch dieses Gefühl verging sehr schnell.
"Ist alles in Ordnung? Brauchst du irgendetwas? Kann ich was für dich tun?", Yoongi musterte mich von oben bis unten.
"Mir geht's gut. Ich gehe mal kurz frische Luft schnappen", damit drehte ich mich um und entfernte mich von Yoongi, dessen Blick ich auf mir spürte.
Ich musste mich weiterhin von ihm fernhalten, denn im Gegensatz zu Jin, war er darauf erpicht, herauszufinden, was mit mir nicht stimmte und genau DAS durfte nicht passieren. Ich durfte das nicht geschehen lassen.
Ich begab mich auf den Pausenhof und suchte mir ein ruhiges Örtchen unter einem Baum. Dort setzte ich mich und holte mein Tagebuch aus meinem Rucksack hervor. Dazu noch einen Stift.
Dann schrieb ich:
Liebes Tagebuch,
ich bin so verwirrt. Ich verstehe die Welt nicht mehr! Ich hatte wieder eine Art Flashback, als ich das Blut auf meinen Lippen gespürt hatte. Es war.. ich.. ich fühlte mich so in der Zeit zurückversetzt. So, als würde alles von Vorne beginnen, aber das durfte nicht passieren! Es durfte einfach nicht passieren!
Ich würde es nicht noch einmal ertragen, dass alles zu durchleben. Noch immer fällt es mir schwer, meine Narben auch nur anzusehen. Was sollte dann nur passieren, falls ich rückfällig werden würde? Ich habe Angst. Große Angst. Seit Thaminas Tod fühle ich mich noch schlechter. Als wäre ein Teil von mir mit ihr gestorben.
Klar, ich verstand mich mit Jin ganz gut, aber da war ja auch noch Yoongi. Ich mag ihn, er ist nett, aber er darf nicht herausfinden, was damals geschehen war.. er würde mich hassen, mich verabscheuen. Er würde sich vor mir ekeln. Ich ekele mich ja schon selbst vor mir?
Was soll ich nur tun? Was.. was kann ich machen, damit es aufhört.. ich will doch nur normal sein! Ich hasse es Angst vor Menschen zu haben.. ich hasse es Angst vor Berührungen zu haben. Ich hasse es, dass ich damals einen Teil von mir gegessen habe. Ich hasse alles an mir.
Bitte.. lass es bald aufhören..
Ich klappte mein Tagebuch zu und stopfte es zurück in meinen Rucksack. Dann lehnte ich mich gegen den dicken Baumstamm.
Da habt ihr schon einmal etwas gemeinsam! Ihr seit beide fett!
Ich ging nicht darauf ein.. heute nicht.
Der Sportunterricht hatte bereits begonnen, aber es war mir egal. Ich würde mich nicht in die Turnhalle begeben. Mir war es egal, dass ich dafür Ärger bekommen könnte. Es war mir egal.
Ich bemerkte kaum, dass eine kleine Träne mein rechtes Auge verlassen hatte, doch als ich es realisierte, wischte ich sie nicht weg. Ich sah, wie die Träne von meinem Kinn aus, auf meinen Pullover tropfte und eine minimale, runde Spur hinterließ.
Ein trauriges Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, während die nächste Träne ihren Weg nach draußen fand.
Wieder ließ ich die Träne auf meinen Pullover tropfen. Ich empfand etwas, wie Faszination und gleichzeitig kam all der Frust wieder in mir hoch.
Wieso durfte ich nicht normal sein? Wieso musste ich so viele Ängste haben? Wieso musste ich so ein Freak sein? Wieso war mein Leben so katastrophal? Wieso musste Thamina sterben? Wieso war ich nicht bei ihr gewesen? Wieso.. wieso.. wieso..
So viele Fragen und keine einzige Antwort.
So viele Probleme und keine Lösungen.
So viele traurige Erinnerungen und kaum Schöne.Mein Leben war ein einziges Disaster und als ich Yoongi auf mich zu gehen sah, stand ich einfach auf und ging.
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Behind The Fears || Yoonmin FF || BTS
Fanfiction!ABGEBROCHEN! Park Jimin hatte es nie leicht im Leben: in seinen 16 Jahren hatte er bereits einiges hinter sich. Unter anderem war er jahrelang Opfer von sexuellem Missbrauch und Mobbing gewesen. Mit der Zeit hatte Jimin mehrere Psychosen und Phob...