TWO | HE'S STILL HERE

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TAEHYUNG;

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TAEHYUNG;

Alles in diesem Raum, den ich bereits zigtausend Mal betreten habe, wirkt trotzdem so lebendig. Es fühlt sich an, als ob Jungkook nur kurz auf der Toilette oder noch nicht vom Einkaufen zurück wäre. Es ist ein merkwürdiges Gefühl hier drin zu stehen und sich bewusst zu machen, dass er nie wieder hier sein wird.

Dieses erdrückende Gefühl in der Brust, welches dir spürbar mitteilt, dass er nicht gleich lachend durch die Tür stürmen und mich auf sein Bett schmeißen wird. All die Emotionen, die ich in seiner Anwesenheit spürte, werden praktisch aus mir herausgesogen und nichts bleibt außer Leere. Ich bin nicht mehr in der Lage zu deuten, was ich fühle, weil da nichts mehr ist oder einfach zu viel auf einmal, dass ich es schon gar nicht mehr definieren kann.

Das alles ist auf einmal so viel, dass es plötzlich so verwirrend ist. Ich fühle mich, als ob das alles gar nicht real wäre. Es ist alles nur ein Traum oder eine Hallzuination. Ich kann und will einfach nicht glauben, dass ich mit Jungkook nie wieder zocken, reden oder ihn berühren kann. Vor einem Jahr standen wir noch lächelnd nebeneinander und haben unsere Abschlusszeugnisse hochgehalten und nun stehe ich hier in seinem Zimmer, in welches er nie wieder zurückkommen wird.

Das schlimmste jedoch daran ist, dass ich von alldem nicht mal ansatzweise etwas mitbekommen habe. Ich meine, wie kann es sein, dass man nicht mitbekommt, dass der beste Freund suizidgefährdet ist? Ich dachte immer, wir erzählen uns wirklich alles, aber anscheinend hat Jungkook das nicht so gesehen. Vielleicht hat er mir nicht genug vertraut? Ist das nach so vielen Jahren Freundschaft überhaupt möglich?

Langsam aber sicher fange ich an, an mir selbst zu zweifeln, ob ich nicht irgendwas falsch gemacht habe, aber alles, was mir gerade durch den Kopf fliegt, ist kein Indiz für irgendeinen Fehler meinerseits. Ich habe das Gefühl, mein Gehirn platzt gleich, weil ich das alles nicht auf einmal verarbeiten kann. Das ist zu viel für mich an einem einzigen Tag.

Um ein bisschen runterzukommen, setze ich mich an seinen Schreibtisch und präge mir alles so ein, wie es gerade liegt. Wenn ich daran denke, wie er all diese Sachen, die sich gerade vor mir befinden, ein letztes Mal angefasst und genau dort hingelegt hat, zieht sich meine Brust schmerzhaft zusammen.

Die Stifte ansehend hüpfe ich mit meinem Blick von einem zum anderen. Plötzlich bemerke ich, dass sie in einer Linie ausgelegt sind und zu einem bestimmten Möbelstück führen. Der Richtung folgend stehe ich vom Stuhl auf und laufe auf den Fernseher zu. Ich scanne den ganzen Schrank ab, aber alles sieht so aus wie sonst.

Die Fernbedienungen liegen obendrauf, die Konsole steht auch da, wo sie sonst immer steht und die Spiele müssten in der Schublade sein. Prüfend öffne ich diese und erkenne nichts auffälliges. War wohl nur ein schlechter Scherz. Witzig, Jungkook. Erste Klasse.

Seufzend überfliegen meine Augen die Titel und bleiben bei einem ganz bestimmten hängen. Vorsichtig hole ich die Verpackung heraus und sehe sie mir an. Das Spiel sieht genau so aus wie jedes andere im Laden, aber irgendwie hat es für mich auf einmal etwas besonderes an sich. Etwas, das ich nicht definieren kann.

Jungkook's Mutter meinte, ich könne alles mitnehmen, was ich wollte, deshalb behalte ich es in der Hand und stehe wieder auf. Ich sammele die Stifte vom Boden auf und lege sie auf den Schreibtisch. Als ich mir erneut das Cover des Spiels angucke, kommt mir in den Sinn, dass wir bestimmt mehrere hundert Stunden dieses Spiel gesuchtet haben und es eine fantastische Zeit war. Was würde ich nicht dafür geben, ein letztes Mal so einen Nachmittag mit ihm zu verbringen.

Bedrückt sehe ich mich weiter in seinem Zimmer um, erkenne jedoch nichts Ungewöhnliches. Plötzlich zieht es mich jedoch wie von allein zu seinem Bett, vor welchem ich mich hinknie und greife nach seinem Kissen. Sehnsüchtig vergrabe ich mein Gesicht darin und stelle mir vor, es wäre seine Schulter. Das Ziehen wird immer stärker und schmerzhafter, doch keine einzige Träne verlässt meine Augen.

Die Sehnsucht nach ihm wird immer stärker, weil ich ihn jetzt sehen will. Ich will sehen, dass es ihm gut geht. Ich will sein süßes Lächeln sehen, welches seine Hasenzähnchen zum Vorschein bringt. Ich will sehen, dass er immer noch hier ist und lebt. Und vor allem will ich sehen, dass er mich nicht ohne ein Wort einfach so im Stich gelassen hat.

Es tut weh, zu wissen, dass er sich mir anscheinend nicht anvertrauen konnte. Er hat ja niemandem auch nur die Chance dazu gegeben, ihm zu zeigen, wie wundervoll das Leben ist. Wenn er mir gesagt hätte, was er vorhat, hätte ich alles in meiner Macht stehende getan, um ihm die Dinge zu zeigen, die toll am Leben sind. Niemals hätte ich aufgeben, ich hätte ihn nicht einfach so kampflos gehen lassen.

Hat er denn überhaupt an mich gedacht? Oder an alle anderen, die ihn wahnsinnig vermissen?

Ich bin so überfordert und verwirrt, dass ich sauer und traurig zugleich bin. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, weil alles auf einmal so verschwommen wirkt. Meine Gedanken kann ich nicht mehr klar zuordnen, weil alles ein reines Wirrwarr ist. Noch ein letztes Mal tief einatmend löse ich mich von dem Kissen und komme zurück in die Realität. Seufzend stehe ich auf und gehe auf die Tür zu.

Als ich im Türrahmen stehe, sehe ich mir ein letztes Mal das Zimmer an und behalte es so in Erinnerung. All die Dinge, die wir hier drin erlebt haben, lasse ich nochmal Revue passieren. Alle Nachmittage, an denen wir gezockt haben, ziehen einfach so an meinem inneren Auge vorbei und ich weiß, dass Jungkook nun nur noch in meinen Erinnerungen lebt.

Alles, was mir von ihm übrig geblieben ist, sind die Dinge, die wir erlebt haben und dieses dämliche Spiel. Schnaubend schließe ich langsam die Tür darauf bedacht, nicht zu viel Krach zu machen.

Jetzt weiß ich definitiv, was ich fühle.
Wut und Enttäuschung.

❁❁❁❁

ich werde bis mittwoch jeden tag updaten und ab da normal posten, wie es in meiner Bio steht
(d.h. mittwochs und sonntags)

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