NAMJOON;
Taehyung hatte sich bereits eine Sache ausgesucht und ehrlich gesagt, ist das etwas Gutes, um zu starten. Mit dem Fahrrad von Jonghun zu meiner Rechten und Taehyung links neben mir, steuern wir beide den lokalen Friedhof an. Es mag kein schöner Ort sein, wenn man erst einen Menschen vor so kurzer Zeit verloren hat, aber gleichzeitig tun wir ihm auch einen Gefallen.
Leider komme ich nicht darum herum, mir automatisch sein Grab vorzustellen, was mir ein ziemlich makaberer Gedanke erscheint, obwohl es die Realität ist. Zwar weiß ich nicht, wann Jungkook begraben wird oder überhaupt, aber in ein paar Wochen dürfte es bereits soweit sein.
Taehyung steuert direkt eine der Gießkannen an, die neben der Regenwassertonne zur Verfügung stehen und dreht sich dann etwas erschrocken zu mir. Verwirrt sehe ich ihn an, während ich mein Fahrrad zur Seite stelle und frage mich, was ihm nun aufgefallen ist. ,,Sag mal, weißt du eigentlich, wo eure Großeltern begraben liegen?", flüstert er, so als ob er nicht wolle, dass irgendjemand der Toten ihn hören soll.
Seufzend wende ich mich von ihm ab und laufe in eine bestimmte Richtung. Hinter mir höre ich seine schnellen Schritte, die versuchen, mit mir auf einer Höhe zu bleiben. Nach wenigen Metern bleibe ich vor einem großen Grabstein mit den Namen meiner Großeltern stehen und sehe zu Taehyung. Ohne etwas zu sagen, weiß er sofort, dass es das richtige Grab ist.
Seit der Beerdigung meines Opas, der als letzter der beiden starb, war ich bis jetzt nur ein einziges Mal hier und um ehrlich zu sein, fühlt es sich erleichternd an, sie endlich zu besuchen. Allerdings sieht alles vor dem gravierten Stein wie ein vertrockneter Trümmerhaufen von Pflanzen aus. Es scheint so, als hätte sich niemand seit ein paar Monaten darum gekümmert, wenn überhaupt jemals.
Seufzend starre ich auf das mehr oder weniger Beet und vergrabe meine Hände noch tiefer in meinen Hosentaschen. ,,Die Gießkanne kannst du wohl wieder zurückstellen. Diese Blumen sind garantiert nicht mehr zu retten", erkläre ich ihm, sehe ihm dabei jedoch kein einziges Mal in die Augen. Ein kräftiges Nicken erkenne ich im Augenwinkel und merke daraufhin, wie er sich von mir abwendet.
Allerdings habe ich erwartet, er würde nun meinen Rat befolgen und den mit Wasser befüllten Gegenstand wieder zurückbringen, doch zu meiner Verwunderung stellt er sich vor das anliegende Grab und fängt dort an, die Pflanzen zu gießen, welche man auch als diese erkennen kann. Überrascht sehe ich ihm dabei zu, wie er mit liebevollem Blick das Wasser über die Blumen laufen lässt.
,,Warum tust du das?", frage ich ihn interessiert, was Taehyung mit großen Augen zu mir aufsehen und seine Tätigkeit unterbrechen lässt. ,,Warum tue ich was?", kontert er etwas schwer von Begriff und ich lasse meine Hände leicht Augen verdrehend aus meinen Hosentaschen gleiten. ,,Ich meine, warum gießt du das Grab anderer Leute?", frage ich ihn nun deutlicher und sehe ihn stirnrunzelnd an.
Sanft lächelt er und guckt das Nächste an, bei dem er genau dasselbe wie zuvor auch macht. ,,Wieso sollte ich nicht? Wer weiß, wann die Pflanzen das letzte Mal gegossen worden sind und wann das nächste Mal ist? Ich finde, jeder verdient ein schönes Grab und nur weil ich das deiner Großeltern nicht gießen kann, heißt das nicht, dass ich das Wasser nicht für andere benutzen kann", erklärt er noch immer auf die Grabstätte der fremden Verstorbenen starrend.
Überrascht über eine solche Antwort, zucke ich mit den Schultern und setze mich nun auf den sandigen Weg vor all den Gräbern. Tief luftholend falte ich meine Hände in meinem Schoß und merke, wie Taehyung mich ansieht, lasse mich davon jedoch nicht beirren. Während ich versuche, mich die Augen schließend auf Worte, die ich meinen Großeltern sagen möchte, zu konzentrieren, spüre ich noch immer deutlich seine Blicke, die mir einfach keine Ruhe lassen.
Etwas entnervt gebe ich auf und sehe zu ihm. ,,Kannst du bitte aufhören, mich so anzustarren? Ich versuche, mich hier zu konzentrieren und das klappt so nicht", erkläre ich ihm gereizt, in der Hoffnung, er würde für ein paar Minuten einfach ganz verschwinden. Tatsächlich geht mein Wunsch daraufhin auch in Erfüllung und ich kann mir in Ruhe ein paar Sätze zurechtlegen. ,,Tut mir leid. Ich gehe schnell neues Wasser holen", gibt er mir Bescheid, wobei ich mir stark verkneifen muss, das schnell nicht noch zu kommentieren.
Erneut tief luftholend lege ich meine Hände in meinen Schoß und erzähle meinen Großeltern von Jungkook, meinem Auslandsjahr und generell Gott und die Welt, obwohl ich nicht mal an ihn glaube; das erwähne ich natürlich auch.
In meinem Kopf spielt sich der gefühlt endlose Monolog in Wahrheit nur ein paar Minuten lang ab und wird im Endeffekt mal wieder von Taehyung unterbrochen, der ungestört die letzten zwei Gräber in dieser Reihe gießt. Ganz links daneben befinden sich nur noch einzelne Tafeln, die auf den Boden gelegt worden sind und somit kein eigenes Beet haben.
,,Es ist schade, dass manche so ein trostloses Grab haben", kommentiert er und sieht auf die Kerze auf der einen und die vertrocknete Blume auf dem anderen Stein. Stumm nicke ich mir eher selbst zu und beschließe, aufzustehen, um mich wieder neben Taehyung zu stellen.
,,Komm. Lass uns gehen", fordere ich ihn auf und wende mich von ihm ab. Meine Füße tragen mich daraufhin zurück zu dem Fahrrad und wie vorhin höre ich erneut Schritte hinter mir. Dieses Mal versuchen sie jedoch nicht mich einzuholen, was mich prüfend nach hinten blicken lässt.
Taehyung scheint tief in seinen Gedanken versunken zu sein. Sein Blick gilt starr dem Boden und sonst nirgendswo hin. Die Augenbrauen zusammenziehend widme ich mich wieder dem Fahrrad, welches ich inzwischen erreicht habe und als ich den Ständer gerade hochklappe, sehe ich im Augenwinkel, wie Taehyung einfach so an mir vorbei rauscht.
,,Hey! Du musst noch die Gießkanne zurückstellen!", schreie ich und bereue es augenblicklich, da ich nicht den Frieden der Verstorbenen stören will. Erschrocken dreht sich Angesprochener zu mir und sieht abwechselnd von dem Eigentum des Friedhofs zu mir und wieder zurück. ,,Stimmt", murmelt er und läuft in Richtung Regenwassertonne, die sich direkt gegenüber von mir befindet.
Was ist denn jetzt auf einmal mit dem los?
Verwirrt schiebe ich das Fahrrad zum Ausgang, während Taehyung wieder neben mir läuft. Es ist merkwürdig still, trotzdem habe ich nicht den Drang dazu, ihn irgendwas zu fragen oder auf sein Verhalten anzusprechen. Mein Blick wandert deshalb gen Himmel und zu meiner Überraschung muss ich feststellen, dass sich eine ziemlich dunkelgraue Wolkendecke über uns gebildet hat.
,,Wir sollten uns beeilen", deute ich mit dem Finger in die Luft zeigend an. Taehyung folgt diesem mit seinen Augen und nickt zustimmend. An unserem Schritttempo ändern wir jedoch nichts, was meine Bemerkung somit völlig überflüssig wirken lässt.
Wie vorhergesehen fallen daraufhin auch schon die ersten Wassertropfen auf uns herab und durchnässen uns Stück für Stück. Kurz danach fängt es an, wie aus Eimern zu schütten, doch auch nachdem ich bis auf mein T-Shirt nass bin, beschleunige ich nicht meine Schritte; Taehyung genau so wenig.
In Gedanken versunken laufen wir nebeneinander her, lassen den Regen über unsere Gesichter laufen und sehen wahrscheinlich dieselben Bilder vor unserem inneren Auge. Meine Sicht verschwimmt, meine Kehle brennt und ich kann auf einmal eine Art Verbindung zwischen uns spüren, die mir klarmacht, dass ich nicht allein bin.
Ich bin nicht allein mit meinem Schmerz und ich habe das Gefühl, mithilfe Taehyungs kann ich gemeinsam mit ihm gegen den Regen ankämpfen und die Sonne wieder scheinen lassen.
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ich hab viel zu viel spaß daran, diese geschichte zu updaten. ich liebe sie einfach ^-^
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Fanfic,,𝘌𝘳 𝘪𝘴𝘵 𝘢𝘶𝘧 𝘫𝘦𝘥𝘦𝘯 𝘍𝘢𝘭𝘭 𝘣𝘦𝘪 𝘶𝘯𝘴. 𝘞𝘪𝘳 𝘴𝘪𝘯𝘥 𝘥𝘰𝘤𝘩 𝘙𝘦𝘥, 𝘝𝘪𝘰𝘭𝘦𝘵 𝘶𝘯𝘥 𝘉𝘭𝘶𝘦. 𝘋𝘢𝘴 𝘣𝘦𝘴𝘵𝘦 𝘛𝘦𝘢𝘮 𝘥𝘦𝘳 𝘞𝘦𝘭𝘵 𝘶𝘯𝘥 𝘥𝘦𝘴 𝘑𝘦𝘯𝘴𝘦𝘪𝘵𝘴." Alles, was Taehyung je wichtig war, verschwindet einfa...