Das melodische Klingeln aus den Lautsprechern unserer Schule entlässt mich und den Rest der 11b aus dem stickigen Klassenraum unterm Dach und der Tortur unseres Englischlehrers, der sich seinem Aussehen zu urteilen nur von Brot und Wasser ernährt. Unter geschäftigem Gemurmel werfen wir alle unsere Mäppchen und Blöcke zurück in die Taschen, doch sofort folgen ein Räuspern aus der Richtung des Lehrerpultes und das allgemeine Aufstöhnen in völliger Synchronizität.
„I'm sorry to disappoint you, but the teacher finishes the lesson and we still have to talk about the homework." Erneutes Aufstöhnen.
„Aber wofür ist diese Klingel denn sonst da?", ruft Max empört aus der hinteren Reihe und schiebt sich eine seiner fuchsroten Strähnen aus der Stirn. Zustimmendes Gemurmel. Katharina neben mir verdreht nur wortlos die Augen. Denn tatsächlich habe ich in Englisch das Vergnügen nicht neben Juliane zu sitzen, die stattdessen direkt in der vordersten Reihe neben Erik ihr Dasein fristen muss, der dauerhaft irgendwelchen Mist zu bauen scheint und zwischendurch versucht mit Lilly auf dem Platz rechst von ihm rumzumachen. Irgendwie ist sie nicht wirklich um ihren Platz in Englisch zu beneiden. Ich dagegen sitze zwischen Katharina, Frederik und Sarah und kann mich echt nicht beklagen, davon abgesehen, dass Katharina ein absolutes Ass in Englisch ist. Auch wenn sie nicht mehr redet, als es von ihr verlangt wird.
„In English, please", ermahnt Herr Weihler von vorne. Sarah zwei Plätze weiter lässt ihren Kopf langsam auf den Tisch sinken, während Frederik einen schnaubenden Laut von sich gibt. Katharina schweigt dazu und dreht langsam ihren Bleistift zwischen ihren Fingern hin und her.
„That's bullshit!", ruft Max nach kurzem überraschtem Schweigen und sofort beginnt der Großteil der Jungs einen johlenden Laut von sich zu geben, um Max bei seiner Diskussion mit dem Strickstock zu unterstützen. Herr Weihler schweigt, erhebt sich dann langsam von seinem Stuhl und ich muss mit Erschrecken feststellen, dass seine enorme Größe seiner hageren Gestalt nicht wirklich gut tut. Man könnte ihn ohne Probleme hinter einem Laternenpfahl verstecken. Unser Lehrer rümpft seine ebenfalls große und langgezogene Adlernase und wendet sich der Tafel zu.
„If he means that, he will certainly be able to justify it in a nice, multi-page essay, won't he? In English, of course. And all this has to be handed in personally to me until tomorrow in the first lesson, do you understand, Max?" Jetzt fangen alle an, lauthals zu lachen. Abgesehen von mir, Sarah, Katharina (die irgendwie auch nie lacht) und Juli, die damit beschäftigt ist, finster aus dem Fenster zu starren. Herr Weihler nimmt mit spitzen Fingern die Kreide und beginnt an die Tafel zu schreiben, welchem er die wunderschöne Überschrift 'homework' hinzufügt. „And the whole class please completes the tasks on pages 13 and 14 of the book by the next lesson and reads the text in their 'advanced learner' booklet about the American Dream. They do the listening tasks, item 2.1 on the corresponding CD." Und zudem hat der Freak von Lehrkörper ein Fable dafür, in der dritten Person von Dingen, Personen und sich selbst zu reden. Sofort kommen die Blöcke und Stifte wieder zum Vorschein und wir beginnen eilig alles von der Tafel abzuschreiben, wenn auch unter protestierendem Knurren von den meisten.
„They are now dismissed from class." Endlich die langersehnte Erlösung. Nahezu gleichzeitig springen wir alle von unseren Plätzen auf und versuchen uns durch die enge Tür des Raumes in die Freiheit zu flüchten. Naja, mehr zu quetschen, denn wie immer scheint es den meisten nicht aufzufallen, dass man zu fünft nicht durch eine kleine Tür passt. Haben sie in Frankfurt auch nie gelernt.
Kaum habe ich es auf den Flur geschafft, kommen uns schon die ersten wieder entgegen.
„Geschichte fällt aus!", ruft Silas lautstark durch den Flur und zustimmender Jubel kommt von allen Seiten zurück.
„Hängt da auch schon der für morgen?" Einige laufen zu ihnen an den Vertretungsplan, doch ich nutze nur die Zeit, wo sie den Flur nun einigermaßen frei gemacht haben und gehe weiter ins Treppenhaus. Vielleicht kann ich die nächsten freien 45 Minuten nutzen, um es mir auf meiner Bank vor der Cafeteria gemütlich zu machen und schon einmal mit Englisch anzufangen oder unnötige Kritzeleien auf meinem Collegeblock zu hinterlassen.
„Brooklyn, warte mal." Ich habe nicht einmal die Zeit mich nach der Stimme umzudrehen, als Kilian schon neben mir auftaucht und mich anlächelt. „Willst du nicht die Freistunde mit uns verbringen?" Ich mustere ihn etwas verwirrt und gemeinsam setzen wir den Weg nach unten fort. Vereinzelt kommen uns noch Schüler aus den unteren Jahrgängen entgegen, die verzweifelt versuchen, nicht zu spät in ihren Unterricht zu platzen.
„Äh, ich..."
„Freddy, Juli und ich gehen in die Cafeteria und holen uns da was zu essen. Vielleicht kommen Silas und Paul auch noch dazu, und Katharina, wenn die Lust hat. Danach setzen wir uns meist entweder da irgendwo hin oder gehen bei besonders schönem Wetter in den Park, aber da läuft man auch mal zehn Minuten hin und auch wieder zurück, das lohnt sich eigentlich nur, wenn eine Doppelstunde ausfällt. Und Juliane versucht eigentlich jedes Mal Freddy im Teich dort zu ersaufen, weil der wieder seinen Mund nicht halten konnte. Aber sonst ist es eigentlich immer ganz lustig.", unterbricht mich Kilian, bevor ich meine Zweifel fertig aussprechen kann und ich beginne etwas unsicher zu lächeln. Die leicht aufgeregte Art, wie Kilian mir das alles erzählt, ist witzig und auch ein klein wenig süß. Und ich finde es auch irgendwie gut, dass er sich so eine Mühe mit mir zu geben scheint. Auch wenn ich bis jetzt keinerlei Interesse gezeigt habe.
„Weißt du Kilian, ich - "
„Du musst natürlich nicht, war nur ein Angebot, ich meine, wenn du nichts anderes zu tun hast, oder so. Wenn du schon was vorhast, kannst du auch gerne das machen. Ich will uns nicht aufzwingen, es war nur so eine Idee, dass du vielleicht Lust hast, was mit uns zu tun, ich meine, du kennst dich hier ja noch nicht so gut aus...", fällt er mir erneut ins Wort und weicht meinen Blicken aus. Ich nestle an der Schiebeschnalle meines Tragegurtes rum und zwicke mir mit dem Eckzahn in die Zunge.
Ach komm, was soll's?
„Nein, ich freue mich, dass du mich einlädst, Kilian. Ich verbringe die Freistunde gerne mit euch." Jetzt führt kein Weg mehr zurück. Kilians Miene hellt sich augenblicklich wieder auf.
„Super, dann können wir für die anderen ja schon einmal Plätze freihalten." Er nimmt Tempo auf und ich folge ihm weiter die Treppenstufen hinunter in die Eingangshalle.
„Wo sind Juli und die anderen denn?", frage ich vorsichtig nach. Die Freistunde mit meiner liebsten Stimmungsterroristin kann ich zumindest als Vorübung für heute Nachmittag nutzen. Und in Gesellschaft der anderen lässt sie vielleicht ihre typischen Dorfkind/Stadtkind- Witze sein, dann muss ich die zumindest nicht ertragen. Und Kilians Lächeln vorhin wird die nächste Dreiviertelstunde entschädigen.
„Die sind noch bei dem ganzen restlichen Tross am Vertretungsplan, da werden sie die nächsten zwei Minuten auch nicht gescheit wegkommen, aber egal. Können wir eben das Brötchenbuffet leerkaufen, dann sehen sie, was sie davon haben." Wir beide müssen über Kilians dämlichen Witz lachen und er stößt die hintere Tür Richtung Tartanplatz und Sporthalle auf.
„Zumindest haben wir jetzt noch Ruhe, sobald es klingelt wird das hier alles von der Unterstufe bevölkert sein." Ich grinse und kicke einen Kieselstein unter einen der umherstehenden Mülleimer.
„Wem sagst du das? Sobald die Giftzwerge die Haustür hinter sich schließen, ist das ganze Haus ein Schlachtfeld von Fünftklässlern." Ich verdrehe die Augen und Kilian grinst schief.
„Ja, jüngere Geschwister sind nicht immer einfach, was?" Dankbar lächle ich ihn an. Von meinen Freunden hat nie jemand verstehen können, wie solche süßen, unschuldigen und lustigen kleinen Engelchen nur so einen Ärger machen sollen. Abgesehen von Janine, die mit ihrer kleinen Schwester Desiree auch alle Hände voll zu tun hat und meine ganzen Beschwerden voll verstehen kann.
„Du hast also auch jüngere Geschwister?"
„Naja, eine jüngere Schwester, auch wenn sie sich nicht so verhält. Aber ein Jahr Altersunterschied ist jetzt auch nicht die Welt. Und deine? Klang als hättest du mehrere." Ich gebe einen prustenden Laut von mir.
„Du machst dir gar kein Bild davon, was die Zwillinge alles Zuhause anrichten. Und mir nebenbei auf die Nerven gehen. Aber wir sind nun mal fünf Jahre auseinander, da kann man nichts machen. Ich warte nur auf den Moment, wenn sie in die Pubertät kommen und auch meine Eltern auf links drehen." Kilian lacht und erreicht die Eingangstür der Cafeteria vor mir, öffnet sie mit einer schwungvollen Bewegung und hält sie mir auf, sodass ich in das niedrige Gebäude hineinschlüpfen kann.
„Also auch eine Erstgeborene. Zum Glück, die meisten in der Klasse sind entweder die Nesthäkchen oder Einzelkinder. Da versteht keiner, welchen Problemen wir jeden Tag ausgesetzt sind." Kilian reckt siegessicher eine Faust in die Luft und steuert auf die freie Essenausgabe zu. Ich zucke entschuldigend mit den Schultern.
„Tut mir leid, da muss ich dich enttäuschen, ich bin ein Sandwich- Kind. Ich hab noch eine ältere Halbschwester über mir." Kilian schiebt gespielt enttäuscht die Unterlippe vor.
„Dabei wäre das doch eine einmalige Chance geworden, Gleichgesinnte zu treffen." Ich kichere und beobachte, wie er in seinem Rucksack nach seinem Portmonee wühlt und es schließlich unter all den Textmarkern zu Tage befördert. „Aber zumindest weißt du, wovon ich rede, wenn ich sage, dass sie alle guten Ratschläge in den Wind schlagen. Ich hab ihr schon hundertmal gesagt, dass sie die Finger von dem Typen lassen soll, aber wie immer hört sie nicht zu. Dabei bedeutet dieser Mistkerl nur Ärger. Sie hat so einen Dickkopf." Ich nicke zuerst mitfühlend, doch dann werde ich stutzig.
„Warum das denn? Es darf sich doch jeder aussuchen, in wen er sich verliebt, löst ja inzwischen keine Familiendramen mehr aus. Weißt du, love is love und solche Dinge..." Ich hole ebenfalls einen Geldschein aus meiner Jackentasche und versuche die Knicke glattzustreichen, wie ich es immer tue, wenn ich einen Schein in die Hand bekomme.
„Du würdest das auch so sehen, wenn deine Brüder beschließen würden, mit einem Straftäter abzuhängen. Und ich rede hier nicht von Kaugummis klauen oder ähnliches. Ich meine mehrfachen Diebstahl, und Raub mit Körperverletzung." Er deutet mir mit einer Handbewegung, dass ich gerne vor ihm bestellen darf, denn inzwischen ist eine in hellgrün gekleidete und mit Kochschürze bewaffnete Frau mittleren Alters hinter der Ausgabe aufgetaucht und wartet mit freundlich glänzenden Augen auf unsere Bestellung.
„Oh. Klar, wenn man das so betrachtet... Ähm..." Ich mustere die kleine einlaminierte Speisekarte, die neben der Theke an der Wand klebt und die Brötchenauslage und rolle den Geldschein zwischen meinen Fingern. „Ich hätte gern das Himbeercroissant und die Flasche Apfelschorle."
„Natürlich." Die kleine Frau lächelt mich an, reicht mir mein Croissant (sogar mit kleinen rosa Zuckerstreuseln) auf einer grünen Serviette und eine kleine Flasche Apfelschorle über den durchsichtigen Spuckschutz aus leicht zerkratztem Plexiglas und schiebt mir mein Wechselgeld über die Ablage zurück, um sofort darauf Kilian mit einem fragendem Blick seine Bestellung zu entlocken.
„Ein Frikadellenbrötchen, bitte." Sofort taucht er wieder neben mir auf und lenkt mich leicht in Richtung eines langen Tisches am Fenster, das den Blick über einige Büsche und die Seitenstraße an der Schule freigibt, wo gerade ein älterer Herr seinen dicken Labrador hinter sich her zieht.
„Sag ich ja. Aber was will man machen, soll ich sie wegsperren? Aber zumindest weiß Vater noch nicht wirklich was davon, sonst würde er das nämlich definitiv machen." Wir setzen uns gegenüber dicht ans Fenster und stellen unsere Taschen auf den Boden. Kilian beißt herzhaft in sein Frikadellenbrötchen.
„Dein Vater scheint ja ein herzensguter Mensch zu sein", meine ich, während ich meine Apfelschorle in meiner Tasche verstaue und mich meinem Croissant widme.
„Er ist ganz okay, eigentlich. Vielleicht etwas strenger als andere Väter, aber so ist er nun mal. Deswegen liebt er uns ja nicht weniger als andere Eltern ihre Kinder." Kilian mustert mich etwas merkwürdig, als ich beginne mein Croissant zu zerrupfen, aber er unterlässt komische Kommentare. Als ich die Marmeladenfüllung erreiche, beginne ich endlich von meinem Croissant abzubeißen. Im Mund beginnen die Zuckerstreusel in Kombination mit der Marmelade einen angenehm süßlichen Geschmack zu verbreiten.
„Wie gefällt es dir denn bis jetzt so? Ich weiß, sowas fragt man eigentlich nicht, aber es würde mich echt interessieren. Außerdem hat Juli mir erzählt, dass ihr auch zusammen lernt. Dann scheinst du dich ja fast eingelebt zu haben." Ich beiße von meinem Croissant ab und verziehe leicht den Mund.
„Naja, so kann man das jetzt nicht nennen, aber... viel schlimmer kann es ja nicht mehr werden, also versuche ich mich damit abzufinden." Kilian zuckt mit den Schultern und schluckt einen großen Bissen von seinem Brötchen herunter.
„Das wird schon, Brook. Wenn du dich erstmal auf den ganzen Landzirkus einlässt, wirst du sehen, dass es so schlimm gar nicht ist. Und ein Hobby wie das Reiten wird dir helfen, schnell Anschluss zu finden. Spätestens, wenn du irgendwann mal zum TT aufsteigst."
„TT? Was ist das?" Kilian fängt an zu kichern und legt sein Brötchen auf den Tisch, um sich die Krümel von den Händen zu wischen.
„TT, heißt so viel wie -"
„Das erkläre ich dir irgendwann mal, wenn es jemals soweit kommen sollte." Mit einem schiefen Grinsen taucht Juliane neben ihrem Freund auf und wirft ein belegtes Brötchen auf den Tisch zwischen uns.
„Juli. Setz dich, wir haben genug Platz für alle." Auf das Kommando ihres Freundes lässt sich Juliane neben ihm auf den nächsten Stuhl fallen und ihre Tasche plumpst vor ihren Füßen auf den Boden.
„Und diese Antwort soll mich jetzt zufrieden stellen?" Juli zuckt mit den Schultern und streckt genüsslich die Beine aus.
„Du wirst es noch lernen, keine Sorge. Hey, Freddy, hier drüben!" Wild winkend widmet sich Juli dann ihrem Snack.
„Super, der große Tisch. Cora und Amelie wollen auch gleich kommen." Mit einem zufriedenen Seufzer lässt sich Frederik neben mir auf den Platz fallen und ihm angeschlossen Katharina.
„Also, wer fängt an?" Das ist das erste Mal, dass ich Katharina ohne Aufforderung reden höre. Sie legt einen Stapel Karten auf den Tisch und blickt mit ernster Miene in die Runde.
„Ich mach's!" Frederik zieht die oberste Karte herunter und deckt sie neben dem Stapel auf. Eine Karo Sieben. Sofort schießen alle Hände in die Höhe. Bis auf meine.
„Aha, Brooklyn, du musst was erzählen." Frederik grinst breit und stopft sich die Hälfte seines Schokoladendonuts auf einmal in den Mund.
„Bitte was?" Ich werfe einen fragenden Blick zu Kilian, der zu meinem Glück sofort einspringt.
„Wir spielen immer Karten, wenn wir Freistunde haben. Eigentlich ist es ein Trinkspiel, aber für die Schule mussten wir es etwas abwandeln. Bei einer sieben musst den Arm hochreißen, so schnell es geht. Der letzte muss was über sich erzählen. Bei der Acht muss man eine Kategorie bestimmen und nacheinander Sachen aufzählen und bei Neun Reimen, aber das erklärt sich während des Spiels besser. Wem nichts mehr einfällt, der hat verloren und muss eine Frage wahrheitsgemäß beantworten oder einen Witz erzählen. Zehn heißt Freundschaften schließen, das hat aber auch Nachteile, denn wenn einer von deinen Freunden bestraft wird, wirst du es automatisch auch. Bei Bube müssen wir Jungs irgendwas machen, was ihr Mädels bestimmt, bei Königin anders herum. Wenn König aufgedeckt wird, ist derjenige Quizmaster. Du darfst ihm dann nicht mehr auf die Fragen antworten, die er stellt, sonst verliert man. Und wer Ass aufdeckt, darf eine neue Regel aufstellen, die kann lustig sein oder das Spiel spannender gestalten. Und du hast jetzt verloren. Es ist egal, was du erzählst, kann etwas lustiges sein, was dir mal passiert ist oder irgendwas Persönliches über dich. Hauptsache es geht um dich." Kilian lächelt mich an und beißt noch einmal von seinem Brötchen ab.
„Ähh..." Alle am Tisch mustern mich neugierig. Wahrscheinlich kennen sie sich durch das Spiel bereits in und auswendig und sie sind froh mal neue Geschichten hören zu können.
„Komm schon, du musst uns ja nicht sagen, wo du die Leichen deiner Feinde vergraben hast. Und selbst wenn, was beim Kartenspiel erzählt wird, bleibt unter uns. Das ist Regel Nummer eins des Kartenspiels." Juli verschränkt die Arme vor der Brust und scheint mein sehr offensichtliches Unwohlsein mehr als zu genießen.
„Lass ihr Zeit, Juli", springt Katharina ein und durchbohrt mich mit ihrem nicht ganz definierbaren Blick.
„Also... ich bin jetzt ja schon eine Weile hier und ich muss sagen... ihr habt besseres Internet als ich erwartet habe." Frederik lacht sofort laut los und grinst mich breit an.
„Das ist doch mal eine ehrliche Aussage. Ich weiß nicht, ob das was wirklich Persönliches ist, aber ich lasse das mal durchgehen. Und du kannst mal unsere beiden Teilzeit- Streithähne fragen, wie es hinten am Rosenfelde so mit dem Internet aussieht."
„Ach, lass uns doch", erwidert Juli und schnaubt gespielt wütend. „Brook, du bist." Ich nehme vorsichtig die oberste Karte vom Stapel und drehe sie um. Eine Pik Neun.
„Sag irgendein Wort und wir versuchen Reime darauf zu finden", meint Kilian und ich überlege kurz.
„Kleid." Kilian braucht nicht lange zu überlegen.
„Zeit." Erwartungsvoll schaut er zu Juli, die nur die Augenbraue hebt.
„Neid." Katharina braucht etwas länger als Juli, aber auch sie scheint schnell etwas gefunden zu haben.
„Weit." Frederik hört auf zu grinsen und schaut panisch in die Runde.
„Ähh, ähh... Zeit?"
„Hatten wir schon", ruft Juli zufrieden und klatscht in die Hände. „Los, erzähl uns einen Witz!"
„Also gut, ehh, ach, kennt ihr den schon?" Frederik setzt sich aufrechter hin und schaut verschwörerisch in die Runde. „Also, was erhält man, wenn man einen Rottweiler und einem Geparden kreuzt? - Ärger mit dem Postboten!" Er beginnt laut über seinen Witz zu lachen, doch wir anderen sehen ihn einfach nur verwirrt an.
„Schwach, Freddy", fasst Katharina die ganze Situation schlussendlich zusammen.
„Ach komm schon, nur weil du zum Lachen in den Keller gehst!" Katharina hebt herausfordernd die Augenbraue und Frederik zieht den Kopf ein.
„Lasst uns weiter machen. Ich bin dran." Kilian deckt die nächste Karte auf. Eine Herz Zehn.
„Eine Freundschaft! Wen nimmst du?", fragt Juli und beobachtet Frederik dabei, wie er sich den letzten Bissen seines Donuts in den Mund stopft. Kilian schaut sich kurz in der Runde um und grinst mich schließlich an.
„Ich nehme Brooklyn. Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast." Ich schaue erstaunt zu ihm herüber und erwidere sein Grinsen eher halbherzig. Juli wirft einen nicht zu deutenden Blick zwischen ihrem Freund und mir hin und her. Freddy lacht auf und anders als ich scheint er diese komische Ausstrahlung, die von Juli ausgeht, nicht zu bemerken.
„Selbst wenn sie wollte, sie hat keine andere Wahl, Kilian. Das sind die Regeln." Katharina nickt zustimmend. „Jetzt müsst ihr jede Bestrafung zusammen hinnehmen. Aber worauf warten wir, komm Juli, dreh die nächste um." Juli schielt kurz zu mir herüber und deckt dann die nächste auf. Kreuz König.
„Oho, Achtung, Achtung, wir haben einen Quizmaster!", ruft Freddy aus und trommelt mit seinen Zeigefingern auf die Tischkante.
„Jetzt wird's spannend...", murmelt Juli kaum hörbar vor sich hin und schenkt mir ein kleines freches Grinsen.
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Mit Herz und Huf - Gefunden
Teen FictionBrooklyn ist ein Kind der Stadt, das ist sie seit ihres ersten Tages und das wird sie auch immer bleiben. Davon ist sie zumindest immer stark ausgegangen. Doch wie es das Schicksal will, kommt ihrem perfekten Leben ein Umzug dazwischen. Und ausgerec...