~ 2 ~

471 24 2
                                    

Am nächsten Morgen ist die Stimmung noch ein bisschen schleppend. Aber nachdem sich jeder in seinem Hotel etwas erfrischt und auch sich ausreichend gestärkt hat, treffen wir uns in alter Frische an der Halle. Mama ist mit Liam und Felix im Hotel geblieben. Sie packen schon mal ein paar Sachen zusammen und vielleicht machen sie noch kleinen Sparziergang. „Guten Morgen!", begrüßen Andreas und ich unsere Crew. „Ihr wisst, dass wir einen engen Zeitplan haben. Am liebsten wäre es uns allen natürlich, dass die Tricks auch hier funktionieren. Einmal schnipsen und alles ist weg. Wenn wir alle gut anpacken, dann schnipsen wir vielleicht zwei Mal und das ist alles weg.", erklärt Andreas und dann geht es auch schon los. Jeder hat etwas, um das er sich kümmern kann. Mein Bruder und ich wechseln immer zwischen den verschiedenen Stationen hin und her. Manchmal sind wir in der Halle und helfen dort, ein anderes Mal befinden wir uns draußen in einem Lkw und packen dort mit an. Irgendwann ziehe ich Andreas zur Seite. „Hey, wie fahren wir denn gleich?", frage ich ihn. Er zuckt mit den Schultern. „Ich weiß es noch nicht.", antwortet Andreas. Ich nicke. „Du kannst ja mit Liam und Felix fahren, dann fahre ich mit Mama. Oder wir packen uns alle in ein Auto. Wir haben ja genug hier.", sage ich. Andreas nickt erneut. „Okay, dann machen wir das so. Fährst du selbst?", stellt er direkt eine Gegenfrage. Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung, muss ich mal schauen. Hin sind wir ja in einem Auto gefahren und da hat sich keiner von uns hinter das Lenkrad gequetscht.", erkläre ich. Andreas nickt. „Mir ist das gleich. Wir können auch selbst fahren. Also, ich zumindest.", grinst mein Bruder. Ich boxe ihm gegen die Schulter. „Ich auch!", beschwere ich mich. Doch Andreas lacht nur. Vielen Dank auch, du fieser großer Bruder! Gemeinsam lachen wir um die Wette, während Andreas zu einem Gegenangriff übergeht. Ich versuche mich seinen liebevollen angedeuteten Faustschlägen zu entziehen, aber Andreas trifft ein paar Mal. Ich wehre mich, in dem ich einfach anfange ihn zu kitzeln.

„Hey Jungs, Kindergarten ist aus! Werdet wieder erwachsen und helft uns ein bisschen!", ruft uns da jemand zu. Wir sehen uns um und entdecken unsere Micha. Die gute Micha, die von keinem Michaela genannt wird. Mein Bruder und ich halten inne. Wir richten uns auf und schauen Micha belustigt an. „Eigentlich stehen wir hier gerade ganz gut.", findet Andreas. Ich nicke. „Ja, so als hübsche Dekoration.", sage ich. Micha lacht auf. „Wohl eher nur Dekoration.", meint sie, „Verstaubte Dekoration." Ich schnaube und Andreas rümpft die Nase. Dann verschränken wir gespielt beleidigt die Arme vor der Brust. „Aber wenn ihr euch bewegt und mithelft, dann werdet ihr wunderschöne Dekoration.", ruft uns Micha zu. Ich zeige ihr liebevoll den Vogel. „Warum das denn? Fällt dann der Staub ab, oder wie?", fragt Andreas trocken. Doch zu einer Antwort kommen wir gar nicht, denn wir müssen alle mit einem Mal so losprusten. Dann tritt Micha näher und erklärt uns, was noch an Arbeit anfällt. Wir fangen sofort an. Ich kümmere mich also darum, dass die Pyrotechnik ordentlich verpackt wird. Andreas schaut bei den anderen über die Schulter und wir schaffen es innerhalb von neuneinhalb Stunden die Halle fast komplett wieder sauber aussehen zu lassen. "Gut, dann Endspurt Leute. Es sind nur noch wenige Handgriff nötig.", meldet Andreas über Funk. Und da gibt die Crew noch einmal alles. Am Ende stehen alle verschwitzt und fertig mit den Nerven vor der Halle. „Die Trucks sind fertig. Vielen Dank euch allen!", ruft Andreas. „Ich schätze mal, dass wir uns dann jetzt erst mal verabschieden. Die Fahrer fahren natürlich direkt zur Halle, aber danach könnt auch ihr euren verdienten Urlaub antreten. Dem Rest wünschen wir beide erstmal einen schönen Urlaub und bis bald. Genießt es!", erklärt Andreas und ich stimme ihm nickend zu. Dem kann ich eigentlich nichts hinzufügen. Und so machen wir uns irgendwie alle auf in verschiedene Richtungen. Meinen Bruder und mich verschlägt es zu unseren Firmenwagen. 

„Wo sind Mama und die Kinder?", frage ich und schaue mich um. Andreas zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung, sie wollten das Gepäck schon mal einladen. Gemeinsamer Treffpunkt war hier, oder?" Auch ich bin ratlos. Vielleicht verspäten sie sich nur ein bisschen. Oder sie sitzen gerade beim Essen. „Ist doch nicht schlimm. Wir können doch einmal kurz durch klingeln, dann wissen wir es.", schlage ich vor und Andreas zückt sein Handy. „Hoffentlich hört Mama ihr Handy.", murmelt er. Ich grinse. Ja, wenn sie es dabei hat, dann hört sie es auch. Mama ist einfach eine Person, die dieses Ding nicht braucht. Sagt sie immer und versteht nicht, wieso es so viel für dieses Ding gibt. Wir warten einige Sekunden, dann ist Andreas sichtlich erleichtert. „Hallo Felix, wo ist denn die Oma?", fragt er und ich kann das Lächeln auf seinen Lippen deutlich sehen. Aber wenigstens wissen wir jetzt schon mal, dass es ihnen gut geht. Oder nur Felix gutgeht. „Aha, ich verstehe. Ja, wir warten hier draußen auf euch...", sagt Andreas und einen Atemzug später hat er auch schon aufgelegt. Fragend sehe ich ihn an. „Ja, sie sind gerade aufs Zimmer gegangen um die Sachen zu holen. Abendessen hatten sie auch schon.", berichtet Andreas. Ich nicke. Das klingt ja gut. Dann müssen nur noch wir beide etwas finden, mit dem wir den knurrenden Magen zum Schweigen bringen. Keine zehn Minuten später tauchen dann die Jungs mit den schweren Gepäckstücken auf. „Papa, du kannst uns doch auch mal helfen...", jammert Liam, der eine Tasche mit Rollen hinter sich herzieht. Andreas und ich lachen beide. „Das schaffst du schon, mein Sohn.", lächelt Andreas. Ich mache mich auf den Weg zu den Zimmern. Ich helfe Mama mal lieber mit den schweren Taschen. Doch auf halbem Weg kommt sie mir schon entgegen. „Warte Mama! Ich helfe dir.", rufe ich und gehe auf sie zu. Mama bleibt tatsächlich stehen. „Die Jungs können die Taschen doch nicht tragen, das ist doch viel zu schwer.", erklärt Mama und stellt die Taschen ab. Ich lächle. „Ja, Mama. Zum tragen sind die wirklich zu schwer. Deswegen haben die Dinger ja auch Rollen." Mamas Augen werden groß. „Ach Quatsch.", staunt sie. Ich nicke. „Ja, doch. Du hast doch eigentlich selber so einen Koffer Zuhause.", sage ich. Sie rollt mit den Augen. „Ja, aber ich wusste ja nicht...", beginnt sie. Ich nicke. Schon gut, ist ja nicht schlimm. Ich winke ab. „Macht doch nichts, Mama. Dann bringen wir das jetzt zum Wagen." Gemeinsam mit Mama schlendere ich also zum Wagen. Dort erwartet uns Andreas. Von den Jungs ist nichts zu sehen. „Wo sind denn die Jungs hin?", fragt Mama und sieht schon ganz verängstigt aus. Andreas zuckt mit den Schultern und nimmt Mama den Koffer ab. „Kannst du mir eben den Kofferraum öffnen?", fragt Andreas und Mama geht voran. Ich sehe dem ganzen etwas skeptisch entgegen. Das kann Andreas ja eigentlich auch allein. Aber als Mama den Kofferraum aufmacht, springen ihr zwei laute Jungs entgegen. „Woooaaahhhhh!", rufen die beiden und Mama lacht. Dann reißt sie die Augen und den Mund auf. „Himmel, ihr zwei! Da habt ihr mich aber erschreckt!", lächelt sie und tut ganz erschrocken. 

Nothing else matters ~ Ehrlich BrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt