19. Puzzle

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♪ Mirror, Mirror – Def Leppard


N I A L L


Ich sah wie sein Gesicht rot wurde, wie er sich verzweifelt wünschte, sich in Luft auflösen zu können, während mein leicht ungläubiger Blick auf ihm lag. In diesem Moment realisierte ich eine Sache, die sich nachhaltig in meinem Kopf festsetzte: Liam war nicht der, für den wir ihn hielten.

„Hallo Niall." Seine Stimme klang anders als sonst, beinahe schon ängstlich.

Überrascht blickten Isaac und Maisie uns an und der Rothaarigen entfuhr ein: „Ihr beiden kennt euch?"

„Wir sind Kumpels." Ohne weitere Umstände belegte ich den Platz neben Liam, während Heather sich mir gegenüber setzte. Ihrem Gesichtsausruck nach zu urteilen schien auch sie etwas verwirrt zu sein, aber sie riss sich zusammen und begrüßte Liam.

„Hey, toll, dass wir uns so schnell wieder begegnen."

„Ach du kennst ihn auch?" Isaacs Augen weiteten sich enorm und als Heather nickte, sah ich mich genötigt, eine kurze Erklärung abzugeben.

„Ich habe Heather vor kurzem meinen Freunden vorgestellt. Wir trafen uns bei einem der Jungs zuhause, zum Abendessen."

„Genau und bei dieser Gelegenheit lernte ich auch die Freundinnen der Jungs kennen", sprach Heather und verfiel danach sofort in Schweigen. Liam hatte keine Freundin dabei gehabt, nicht einmal eine Pseudo-Tussi. Er war mit Andy aufgekreuzt, was für uns jedoch nicht als außergewöhnlich eingestuft wurde. Zum einen kannten wir Andy gut und zum anderen hatte Liam sich während unserer Uni-Zeit durch etliche Betten durchgevögelt.

Er nahm die Frauen wie sie fielen, ob blond, braun, schwarz oder rothaarig, Liam war nicht unbedingt wählerisch gewesen. Vielleicht entsprach dies damals einem reinen Tarnmanöver – aber gevögelt hatte er auf jeden Fall, denn Louis erwischte ihn In flagranti in dem Zimmer, das sich die beiden teilten.

Liam nun hier mit einem Mann zu sehen, der laut Heather schwul war und den er in gestern in einer Bar aufgerissen haben sollte, das ging nur ganz langsam in meinen Kopf.

Der Kellner kam und wir bestellten Cocktails. „Die Runde geht auf mich", sprach mein Kumpel neben mir und ich nickte nur.

„Ihr habt euch gestern kennengelernt?", warf ich meine Frage in den Raum und Isaac nickte begeistert.

„Ja, in einer Gay Bar. Mein erstes Wochenende in London seit langer Zeit und gleich solch ein Erfolg, daran hätte ich nie im Leben geglaubt." Er klang so euphorisch und zwinkerte Liam zu, der prompt noch röter wurde. Sein Teint hielt auf jeden Fall mühelos der roten Farbe eines Feuerlöschers stand.

„Es ist toll, dass wir uns getroffen haben, das stimmt", meinte Liam. „Aber welch ein Zufall, dass Niall, einer meiner besten Freunde, nun hier ist und auch Heather, deine beste Freundin."

„Das ist doch echt genial, oder?" Isaac strahlte vor Freude und in diesem Moment wünschte ich mir, einfach nicht da zu sein. Liam konnte diesen Augenblick nämlich nicht genießen und das tat mir irgendwie leid. Ich war nicht wütend oder verärgert, weil er uns seine sexuellen Neigungen verschwieg, sondern machte mir eher Gedanken darüber, warum das so war.

Weshalb hatte er uns die Wahrheit verschwiegen?

Als der Kellner die Cocktails brachte, griffen alle gierig nach ihrem Glas. Es wurde angestoßen und als Heathers und meine Blicke sich trafen, schluckte ich kurz. Sie hatte keine Ahnung, in welcher prekären Situation ich mich hier befand. Ich musste so tun, als sei ich bestens über Liams sexuelle Neigungen informiert, um ihn nicht in eine peinliche Situation zu bringen.

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