Kapitel 10

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Natashas POV

"Natasha! Warte!" rief Clint in Dauerschleife. Ich rannte durch die Gänge, um Coulson zu empfangen, der vor wenigen Minuten eingetroffen war. Er hatte darauf bestanden Gaia zurückzuholen, obwohl ich es immer noch für besser hielt, selbst gegangen zu sein. Ich hatte von Washington erst eingeflogen werden müssen und konnte dann nichts anderes machen, als zu warten bis Coulson zurückkam – mit meiner Schwester. Während der Wartezeit hatte ich mir überlegt, wie ich Gaia am besten auf die gute Seite ziehen könnte, mir war allerdings nichts eingefallen. Ich konnte höchstens damit punkten, auf ihr Gewissen einzureden, ihr zu sagen, dass sie das für mich machen solle. Wenn es sein müsste, würde ich auch meinen Lebenslauf zum Besten geben. Ein Agent hatte mich unterrichtet, dass Coulson eingetroffen war und ich war direkt losgesprintet.

Als ich abbog, knallte ich beinahe in Steve, er wich allerdings aus und fragte dann Clint, warum ich wie von einer Hummel gestochen durch das Quartier jagte.

"Coulson", begann ich, kaum, dass ich die Halle betreten hatte. Der Agent stand in einer Ecke, außerhalb meiner Hörweite und unterhielt sich mit Hill; wahrscheinlich über die Mission. Furys rechte Hand nickte kurz in meine Richtung und verabschiedete sich von Coulson, der sich umdrehte. "Agent Romanoff."

"Wo ist sie?" fragte ich knapp und sah den Mann abwartend an. Coulson lief an mir vorbei ohne eine Miene zu verziehen. "Es gab Komplikationen."

"Sie haben sie nicht bekommen", stellte ich belustigt fest und folgte ihm. Er steuerte auf die breite Metalltür zu, durch die ich hineingekommen war. Steve und Clint hatten es inzwischen auch geschafft hierher zu finden. Beide warteten zwischen Flur und Halle und unterhielten sich, bis der Bogenschütze in meine Richtung deutete. Steve schaute auf und grüßte Coulson, als der an ihnen vorbeirauschte. Ich blickte ihm kopfschüttelnd hinterher, bis er in eins der Zimmer eintrat.

"Sie haben Gaia nicht bekommen", fing ich an und verschränkte meine Arme. Clint kratzte sich am Hinterkopf und öffnete seinen Mund, doch ich kam ihm zuvor. "Natürlich haben sie sie nicht bekommen! Ich hätte selbst gehen sollen."

"Natasha, du wirst schon noch deine Chance haben", meinte Steve und lächelte leicht. Ich lachte bitter auf und wischte mir die Haare aus dem Gesicht. "Darauf kannst du wetten! Sollte jemand ihren neuen Standort ausmachen, gehe ich. Wenn man will, dass etwas richtig ist, muss man es selbst machen." Ich seufzte und ließ kurz meinen Kopf hängen. "Entschuldigt mich."

Als ich mich auf den Weg zum Trainingsraum machte, schaute ich zur Tür, in der Coulson verschwunden war. 103.

Der Boxsack bekam meinen ganzen Frust zu spüren. Ich trat und schlug so fest zu, wie nur möglich. Mittlerweile waren meine Fingerknöchel aufgerieben – trotz Handschuhen. Ich blendete alles um mich herum aus, als meine Faust vorschnellte. Es gab mir ein Gefühl der Befriedigung. Ich wurde mit Schmerzen und Gewalt aufgezogen. Man gewöhnte sich schnell an etwas, wenn man es von klein auf um sich hatte und hatte ertragen müssen. Als ich mit vier Jahren zum KGB gebracht wurde, hielt ich Gaia raus. Ich schaffte es sie in einem Waisenhaus zu verstecken, doch kurz vor ihrem fünften Geburtstag passierte mir ein Fehler und sie wurde entdeckt, entführt und gefangen gehalten. Die Organisation, der ich diente, hielt sie in einem der Gebäude fest, dass ich gut kannte. Ich bat einen Freund meiner Eltern um Hilfe. Während ich die Wachen umbrachte, befreite er sie und versprach, sie in Sicherheit zu bringen. Er beauftragte jemanden ihre Erinnerung an mich zu blockieren, wie abgesprochen und sandte sie dann nach Deutschland, wo sich ein Ehepaar bereiterklärt hatte, sie aufzunehmen und wie ihre Tochter aufzuziehen. Gaia Anastasia Romanova existierte nicht mehr und Vivien Lehmann sollte von ihrer wahren Identität nie etwas erfahren. Wie hat sie es dennoch geschafft?

Ich hielt in meiner Bewegung inne, als ich Schritte hinter mir vernahm. "Ich bin zurzeit nicht zurechnungsfähig, Clint. Geh bitte, ich will dich nicht verletzen."

"Hatten wir das nicht schon?" sagte er und ließ sich an der Wand neben mir nieder.

"Ha ha", machte ich und schlug ein letztes Mal zu, bevor ich erschöpft ausatmete und die Handschuhe entfernte. "Ich meine es ernst."

"Hast du damals auch, Nat", entgegnete er gleichgültig und beobachtete mich, was ich aus dem Augenwinkel sah. "Du hattest dich trotzdem unter Kontrolle."

"Was ist, wenn ich die Kontrolle verliere?"

"Du mutierst zu Brokkoli?" witzelte Clint. Ich setzte mich kurz lachend auf die Bank, auf der meine Trainingstasche lag, die ich schloss und schulterte. Ich verließ mit Clint im Schlepptau die Halle. Er holte auf und lief neben mir, bis ich das Zimmer erreichte und die Tür öffnete. Der Bogenschütze stützte seine Hand an dem Rahmen und versperrte mir damit den Eintritt. "Was passiert dann?"

"Wenn ich die Kontrolle verliere, erscheint meine Vergangenheit harmlos. Traurig lächelnd trat ich ins Zimmer und machte langsam hinter mir die Tür zu.

The Real WidowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt