Viviens/Gaias POV
"Guten Morgen, Miss Chevalier", begrüßte mich die brünette Kontrolleurin freundlich und nahm meine Dokumente entgegen. Sie gab die Infos ein und händigte mir dann die Personalien wieder aus. "Sie fliegen in die Heimat, nehme ich an?" fragte sie weiter und schaute lächelnd auf. Ich nickte und legte den einstudierten französischen Akzent auf. "Oui, Madame. Zurück in die 'eimat", log ich mit einem täuschend echten Lächeln und fuhr mir durch das braune Haar. "Isch 'abe meinö Familiö longe nischt gese'en."
"Ich wünsche Ihnen einen guten Flug", verabschiedete sie sich und holte mit einer Handbewegung den nächsten zum Schalter. Ich setzte die Sonnenbrille auf und stöckelte zum Terminal. Würde man mich nicht kennen, würde man mich für eine gebürtige Klischee-Französin halten. Ein dunkelblauer Bleistiftrock, dazu passende Pumps mit Perlenbestickung und eine zartrosafarbene Bluse mit Schleife, sowie Perlenschmuck. Obwohl ich mir die Haare zum Dutt hochgesteckt hatte, war davon kaum etwas zu sehen; einzelne rebellierende Strähnen hingen aus der Frisur heraus und machten so den makellosen Auftritt einer möchtegern Französin zunichte. Seufzend ließ ich mich auf einem der freien Plätze nieder. Bevor ich jedoch entspannen konnte, wurden die Passagiere des Fluges nach Paris zum Gate gebeten. So saß ich nach einem kurzen Check auf meinem Platz am Fenster in der hintersten Reihe. Meine Gedanken schweiften zum Tag, an dem ich zu Hydra kam, zur Prüfung, zu den Missionen und dem Aufeinandertreffen mit Natalia. Ich wusste, dass sie viel Zeit brauchen würde, um damit klarzukommen, dass ich nun wieder weg sein würde. Aber ich musste einen Entschluss für mich fassen: ein Leben ohne Geheimorganisationen und Mord. Als ich aus dem Fenster schaute, erinnerte ich mich an heute Morgen. Nachdem ich Leon das Genick gebrochen hatte, packte ich meine Sachen zusammen und fuhr mit seinem Wagen zu einem Bekannten -auf Clints Vorschlag hin-, der dort in der Nähe wohnte. Dieser Bekannte stattete mich mit einer neuen Identität aus und änderte mein Äußeres. Aus Gaia Romanoff wurde Mercedès Chevalier, aus Russland wurde Frankreich, aus der Mörderin wurde eine Studentin. Meine Vergangenheit wurde gelöscht und die Zukunft würde ich definitiv anders schreiben, als es von Hydra vorgesehen war. Mit dem Geld, das ich bei Hydra und Shield verdient hatte, konnte ich mir problemlos eine Wohnung mieten und studieren.
Ich schloss meine Augen und lächelte. Ich lächelte, weil ich frei war, weil ich mein Leben endlich selbst in die Hand nehmen könnte und mir keiner Vorschriften machen würde. Ich hatte endlich einen Ausweg gefunden, auch wenn es bedeutete, Natalia nie wieder sehen zu können. Dieses Opfer musste ich bringen, um eine normale Zukunft zu haben.
Gaia Alianovna Romanova ist nicht mehr existent. Ab jetzt bin ich Mercedès Chevalier.
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The Real Widow
Hayran KurguJede Geschichte hat ihren Anfang und ihr Ende . . . Es heißt, das Leben sei die Leinwand und das Schicksal das Gemälde. Mit unseren Entscheidungen ändern wir lediglich die Farbe, zu mehr sind wir nicht in der Lage. Das Schicksal gibt den Weg vor und...