Chapter one

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Jeden Tag erreichen uns neue Nachrichten über die Ereignisse aus Chicago. Mein Vater versucht mich bereits von allem zu verschonen, dem bin ich mir bewusst. Allerdings ist es unumgänglich nichts davon mitzubekommen. Da kann er den Rundfunk noch so leise stellen, wenn ich in seine Nähe komme. Da kann er seine Partner noch so weit von unserem Haus bringen. Ich bekomme es mit. Wenn nicht von ihm, dann von den Leuten die auf den Gängen reden. Von den Telefonaten, denen ich mein Gehör schenke. Ich bekomme es selbst über meine Freunde mit, selbst wenn sie sich immer nur ihre Münder darüber zerreißen und wie nah wir damit eigentlich dem Abgrund sind. Aber was führt mich bloß wieder zu solchen Gedanken? Sie beunruhigen mich. Sie ängstigen mich. Und zurecht. Wenn ich meinen Vater verliere, verliere ich meinen wichtigsten Menschen. Wenn ich Stephen verliere, verliere ich meine gesamte Zukunft. Eben die Sicherste die ich in diesem Leben bekommen kann.

Seufzend öffne ich meine Augen und betrachte das sanfte Funkeln, dass durch das dichte Dach der Phaseneiche fällt. Seine Schlieren tanzen in dem Wind, sie umspielen sich einander und folgen ihrem ganz eigenen Rhythmus. Ein Rhythmus der von ihnen geschrieben wird. Im hier. Im jetzt. Im Takt ihrer eigenen Liebe.
Meine Lippen zucken zu einem Lächeln, meine Augen kneifen sich noch ein Stück mehr zusammen. Die Funken der Sonne gleichen den Sternen, die ich immer Nachts zu beobachten hege. Sie leuchten so strahlend, so stolz und erhaben über dem erfinsterten Land, dass sich mein Herz immer ebenso verglühend anfühlt.

„Gail." Erschrocken fahre ich zusammen und betrachte das blasse Gesicht der Frau. Ich schüttle eilig meine Gedanken fort und zwinge mir ein Lächeln auf. „Entschuldigung." Die schallende Lache der wahrhaftigen Schönheit geht in den lauten Klängen meiner tobenden Gedanken unter.

„Wo du nun schon wieder mit deinem hübschen Köpfchen bist." Susan schüttelt ihren Kopf. So leicht, so grazil, dass ihr jeder Mann verfallen würde. Und dem ist auch so. Selbst wenn sie voller Stolz den Ring des Bürgermeister Sohnes an ihrem Finger trägt. Sie kannten sich einen Monat, da nahm sich ihr angetrauter ihr Leben in die Hände. Eben so, wie sie es geplant hatte. Stück für Stück, nur um irgendwie an die Stimmen der Stadt zu gelangen.

„Hach, lasse sie doch, Susan. Irgendwann wird sie schon noch aufwachen." Für einen Moment blicke ich wieder in die Baumkronen, erhoffe mir mich wieder in diese Welt hineinzuzaubern, in die ich ungewollt geraten war. Aber nun erscheint mir alles so unscheinbar. Nichts gleicht mehr dem Sorglosen tanzen. Viel eher wirkt es wie die Naturgesetzte oder eben wie etwas ganz natürliches. Beinahe langweiliges. „Ich bin doch schon wieder ganz bei euch." Gebe ich nun mit einem aufgelegten Lächeln zu. Deborah und Susan blicken von sich zu mir. Ihr Lächeln scheint für diesen Moment vollkommen eingefroren. Das Gekicher abgeklungen. „Das ging dieses Mal schneller als erwartet, kleines."

„Mit hoher Wahrscheinlichkeit denkt sie bereits an die Hemmungslosen Stunden mit Stephen." Meine Augen reißen sich bei Deborahs Lachen auf. „Das würde so einige Momente bei ihr erklären." Die Röte wächst immer tiefer in meine Haut hinein, sodass ich das Glühen zu spüren bekomme. „Ich würde am liebsten nun einschreiten, meine Stimme erheben oder einfach irgendwas sagen, damit sie endlich aufhören zu reden. Aber ich tue nichts dergleichen. Stattdessen sinke ich einfach tiefer an dem Stamm des Baumes hinunter und versuche so dem Stimmengewirr zu entkommen, dass gegen mich verwendet wird. „Nur weil ihr davon träumt, müsst ihr Gail nicht eben genau das vorhalten." Der Rest ihrer zerknickten Zigarette fällt zu Boden, dessen Glut sie mit ihrem Stiefel erwischt. Erneut schließe ich meine Augen und ignoriere die Streitereien, die nun wieder zu entstehen scheint. Eine die mindestens einmal am Tag entsteht und das auch nur, weil sie an mich gebunden sind. Es ist grausam, welches Spiel hier gespielt wird und wie unbeteiligt ich eigentlich bin.

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