Clara Archer
Kopfschüttelnd beobachte ich meinen Bruder dabei, wie er verzweifelt versucht, das neue Soundsystem zum Laufen zu bringen. Da er den Film an machen wollte, sitze ich auf dem Sofa, kuschle mich in eine dünne Decke. Ab und an zuckt mein Mundwinkel verräterisch, aber ich will nicht laut auflachen. Dann gibt er auf und ich kann mich nicht mehr über seine gemurmelten Flüche amüsieren.
Im Gegensatz zu mir ist Tristan überhaupt nicht Technik-Affin, scheitert an den einfachsten Dingen. Wie zum Beispiel das Soundsystem an seinen Laptop anzuschließen und es dann auf den richtigen Eingang umzustellen.Viel leichter geht es doch gar nicht mehr.
>Du wolltest mir noch erzählen, was Mom wollte<, seufzt er, den Blick grübelnd auf den Kabelsalat vor sich gerichtet. Offenbar will er von seiner Unfähigkeit ablenken.
>Stimmt. Sie bleiben wohl bis nächsten Mittwoch weg und kommen spätabends, anstatt Sonntagmittag. Mehr wollte sie eigentlich nicht, abgesehen vom Üblichen.< Wie immer hat sie natürlich gesagt, dass wir das Haus sauber halten sollen, unsere Hausaufgaben erledigen und solche Sachen eben. Allerdings kennen wir beide ihren Vortrag über unsere „Häuslichen Pflichten" auswendig, demnach muss ich ihm das nicht auch noch mal sagen.
Er rauft sich die Haare, dreht sich zu mir um. Er sieht richtig verzweifelt aus, da kann ich mir mein Lachen doch nicht mehr verkneifen. Er runzelt die Stirn sieht mich böse an, aber ich halte mir nur den Bauch vor Lachen. >Das ist doch so einfach<, bringe ich raus, deute auf die Fernbedienung auf dem Tisch. Tatsächlich hat er die wenigen Kabel mit den richtigen Geräten verbunden und muss nur noch einen einzigen Knopf auf der Fernbedienung drücken.>Du bist ein richtig fieses Biest<, beschwert er sich, schnappt sich die Fernbedienung und drückt sogar den richtigen Knopf. >Warum genau schaue ich noch gleich einen Film mit dir, Princess?< Mit einem breiten Grinsen wische ich eine einzelne Lachträne weg, sehe unschuldig zu ihm auf.
>Weil du der liebste, großartigste, netteste, tollste, wunder-<
>Ist gut<, unterbricht er mich mürrisch, lächelt aber, lässt sich neben mir auf das Sofa fallen. Ohne zu fragen schiebt er seine Füße mit unter meine Decke, aber ich lasse ihn.
>Und natürlich, weil ich sonst allein einen Frauenfilm schauen würde, anstelle von deinem gut ausgesuchten Psycho-Horror-irgendwas-Thriller.< Er zeigt mit dem Finger auf mich, lächelt hinterhältig.
>Du hattest deinen Psycho-Horror-sonst-was-Film doch schon. Anders kann man das nicht nennen<, meint er, deutet auf den Kabelsalat um seinen Laptop herum. Tatsächlich hat er manchmal der Soundanlage gedroht sie zu zerschlagen und das kann man durchaus als Mord bezeichnen.
Skeptisch hebe ich eine Braue, deute auf den Fernseher.
>Können wir dann anfangen, oder muss sich der Mann erst noch beschweren, weil er nichts ohne seine kleine Princess auf die Reihe bekommt?< Missmutig brummt er irgendetwas, startet endlich den Film. Natürlich braucht er dazu fast fünf Minuten, obwohl es in einer mehr als machbar wäre.Nach gefühlten hundert Stunden lernen hat Tristan mich praktisch aus meinem Zimmer gezerrt und mir gedroht, mich morgen mit einem Eimer kaltem Wasser zu wecken, wenn ich nicht aufhöre und mich mit ihm beschäftige. Aus den beiden überzeugenden Gründen, dass ich ihm diese Drohung wirklich glaube und er in solchen Situationen immer Brettspiele parat hat, war meine Bedingung nur, dass wir einen Film schauen.
Wenn er mich schon von den Büchern oder meinem Bett fern hält, dann wenigstens nicht mit Brettspielen.
Zum Bedauern meines Bruders finde ich selbst die blutigsten und gruseligsten Filme überhaupt nicht schlimm. Wie jeder andere auch hasse ich Schreckmomente, aber das ist unabhängig davon, was mich da erschreckt.
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Unscheinbar
RomanceRandon Banks ist einer der beliebtesten Jungs in der Oberstufe. Natürlich gutaussehend, klug, charmant, aber kein Aufreißer, wie seine Freunde. Er will die Richtige finden, sucht dabei überall Unterstützung, wo er sie vermutet, doch er findet sie un...