Kapitel 10

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Randon Banks

Es hat eine Weile gedauert, aber Lesley lächelt jetzt wieder richtig und ist wirklich ausgelassen, genau wie ich. Auf ihren Wunsch hin sind wir in einen Tierpark gefahren, in den wir eigentlich schon letzte Woche gehen wollten, aber es hat irgendwie nicht geklappt. Dort haben wir nicht nur Tiere betrachtet, sondern auch viel geredet. Sie glaubt mir, dass Sie eine Freundin ist und ich sie ohne bestimmten Grund so eingespeichert habe, was auch nicht gelogen ist. Ein nettes Mädchen, mit dem ich mich gut verstehe, nenne ich eine Freundin, auch wenn wir uns nie begegnet sind oder ich zumindest nicht weiß, wer sie ist. Wer kein Feind ist, ist ein Freund. Zumindest sagt das mein Vater immer.

Wegen der Nachricht hat sie sich entschuldigt und mir auch versichert, dass sie es vorher noch nie gemacht hat. Eigentlich wollte sie wohl Natascha etwas schreiben, weil sie ihr Handy nicht gefunden hat und dabei eben den Chat entdeckt. Sie hat mir auch geschworen, dass sie nichts davon gelesen hat, abgesehen von den zwei, drei Nachrichten, die man beim Öffnen des Chats sieht.

>Oh wie süß!<, ruft sie plötzlich, zieht mich mit sich. Seit wir hier sind haben wir unsere Finger miteinander verschränkt, was sich wirklich gut anfühlt. Meistens mag sie es lieber, sich bei mir unter zu haken, aber ihre Hand zu halten fühlt sich für mich einfach besser an.

Mit einem Lächeln im Gesicht lasse ich mich zu den Hasenställen mitziehen, wo sie dann doch meine Hand los lässt, um ihre Finger durch die Gitterstäbe zu zwängen.

>Pass auf, sonst bekommst du sie vielleicht nicht wieder raus<, necke ich sie, doch mehr als einen kurzen, genervten Blick bekomme ich dafür nicht. Ihre Aufmerksamkeit gehört ganz den Hasen, die desinteressiert an ihren Möhren knabbern.

Die würde ich ihnen glatt klauen.

Überrascht über meine Gedanken hebe ich eine Braue, sehe zwischen der Möhre und dem Hasen hin und her.

Bin ich jetzt schon so weit, dass ich Tieren ihr Futter abnehmen will?

>Der ist so weich<, höre ich Lesley schwärmen, die ganz vertieft in die Streicheleinheiten für einen Hasen ist, der sich an das Gitter gelegt hat. >Willst du auch Mal?<, fragt sie, ohne mich anzusehen, aber mir ist nicht wohl dabei. Als Kind hatte ich einen Hasen, nur irgendwie sind das einfach nicht meine Tiere. Katzen oder Hunde sind mir da viel lieber. Damit meine ich richtige Hunde, keine kleinen Kläffer wie Daisy.

Bevor ich antworten kann hat sie eine Hand nach mir ausgestreckt, darum tue ich ihr den Gefallen und trete näher an den Käfig. Sie führt meine Hand an das Gitter und gemeinsam versuchen wir irgendwie den Hasen zu streicheln.

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Kichernd vergräbt sie ihr Gesicht in den Händen, schüttelt den Kopf.

Nach gefühlten Stunden bei den Hasen sind wir zu einem kleinen Restaurant gegangen, wo wir etwas essen wollen. Die Kellnerin, welche eben bei uns am Tisch war, scheint irgendetwas getan zu haben, das irre komisch ist. Zumindest bekommt sich Lesley nicht mehr ein und ich verstehe überhaupt nicht warum.

>Was hast du denn?<, frage ich sie grinsend, weil ihre Heiterkeit so ansteckend ist. Ich mag es, wenn sie so ist. Außerdem Lacht sie meiner Meinung nach viel zu selten.

>Ein Salat?<, fragte sie belustigt, sieht mich mit kleinen Lachtränen in den Augen an. Diese Frage, ihre ganze Art gerade, ist wie ein Schlag ins Gesicht. Automatisch spannen sich meine Schultern an und mein Lächeln verblasst. >Was ist los mit dir?<

Das ist der Witz? Weil ich mir einen Salat bestellt habe lacht sie sich hier in die Faust?

Ihre Reaktion regt mich so auf, dass sich sogar meine Hände langsam zu Fäusten ballen.

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