Kapitel 14

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Randon Banks

Den Tag über habe ich gelernt und mich mittags mit meiner Schwester Dana beschäftigt. Sie ist in den letzten Wochen sehr kurz gekommen, was mir wirklich leid tut. Früher haben wir uns immer Mal eine Serie angesehen, waren zusammen in der Stadt, ein bisschen shoppen oder spazieren. Im Nachhinein muss ich feststellen, dass es mir gefehlt hat, etwas mit ihr zu unternehmen. Oder auch einfach nur mit ihr zu reden.

Meine Eltern haben mich nicht darauf angesprochen, was heute los ist und warum ich nicht so gut gelaunt bin wie sonst immer. Dana schon, aber ich habe ihr einfach erzählt, dass es da keinen Grund gibt, den ich genau benennen kann. Genau genommen kann ich mehrere nennen, aber ich weiß nicht, wie ich einer dreizehnjährigen all die Sachen begreiflich machen soll, die im Moment in mir vorgehen.

Sie hilft mir in diesem Punkt ein bisschen. Es fällt mir überraschend leicht mit ihr zu schreiben, auch wenn wir im Moment nur Smalltalk führen. Wahrscheinlich will sie mich ablenken und manchmal bringt sie mich zum Lachen, aber in den drei Stunden, in denen sie mir nicht geantwortet hat, habe ich mich allein gelassen gefühlt. Obwohl ich in der Zeit mit meiner Schwester an der Wii gespielt habe, hat es mir einfach gefehlt, dass sie da ist und mit mir schreibt.

Sie ist ziemlich schnell zu einem Bestandteil meines Lebens geworden.

Alles hat damit angefangen, dass ich mich so auf ihre Brote gefreut habe, dass ich meiner Mutter gesagt habe, sie müsste mir nichts mitgeben. Außerdem hätte ich mich sonst entscheiden müssen, welches ich esse und welches nicht. Dann haben wir angefangen miteinander zu schreiben und ich kann mir einfach nicht erklären, warum ich lieber mit ihr schreibe, als mit irgendwem sonst.

Vielleicht, weil sie das einzige Mädchen ist, dem ich mich anvertrauen kann.

Meine Exfreundinnen sind alle noch mit mir befreundet, aber ich habe nicht das Gefühl, dass sie sich mit mir beschäftigen wollen, wenn ich Sorgen habe. Die anderen Freundinnen von mir kenne ich nicht gut genug und sie eigentlich auch nicht. Diese tägliche Geste, die mir seit zwei Monaten zeigt, dass da jemand ist, der auf mich achtet, sorgt offenbar dafür, dass ich ihr vertraue. Ihr kann ich mich öffnen. Warum ich keine Angst habe, dass sie irgendjemandem davon erzähl, weiß ich nicht.

Mit den Jungs kann ich über solche Sachen auch nicht reden. Gefühle sind einfach kein Thema, über das wir gut reden können.

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>Iss<, bittet mich meine Mutter, sieht mich besorgt an. >Ich möchte nicht, dass du mit leerem Magen ins Bett gehst. Du hast den Tag über schon kaum etwas gegessen.< Genau genommen habe ich das Müsli und die Brote von ihr gegessen, davon hat aber niemand etwas mitbekommen. Es hat sogar den Muskelkater gemindert, oder ich bilde mir das nur ein und er ist eben nicht so heftig wie erwartet. Trotzdem sollte ich tatsächlich wenigstens ein bisschen was essen, hungrig kann ich nämlich nicht einschlafen. Und das bin ich, wenn sich auch die Lust in Grenzen hält.

>Dein Lehrer hat mich heute angerufen<, erklärt mein Vater plötzlich und das Stück Kartoffel auf meiner Gabel schafft es doch nicht in meinen Mund. >Du hast dich in Mathe verschlechtert.< Schuldbewusst lasse ich die Gabel sinken, sehe zu ihm.

>Das weiß ich, Dad. Nach der Kurzarbeit am Mittwoch habe ich mit ihm geredet und um Nachhilfe gebeten. Eine Klassenkameradin wird mir Nachhilfe geben<, versichere ich ihm, doch sein Blick bleibt skeptisch.

>So wie letztes Mal?< Seine Stimme klingt vorwurfsvoll und das kann ich sehr gut verstehen.
Als ich einmal Hilfe von einer Klassenkameradin in Chemie bekommen habe, hat es damit geendet, dass sie mir eine Liebeserklärung gemacht hat und von meinem Vater rausgeworfen werden musste. Allerdings war mir vorher schon klar, dass sie auf mich steht. Diesmal ist es anders.

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