Kapitel 41

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Clara Archer 

>Was hat er?<, habe ich ihn gefragt, aber selbst Max wusste es nicht. Er ist sonst immer eine gute Hilfe, wenn ich eine Reaktion von Randon nicht verstehe, aber heute ist etwas anders. Die beiden scheinen ausnahmsweise nicht auf einer Wellenlänge zu sein.

>Ich glaube, das geht nicht mehr lange gut. Er hat Angst dich zu verlieren und sieht überall nur noch Hürden, weil er verunsichert ist. Zumindest denke ich das. Sag dem Lehrer, dass es uns nicht gut geht<, hat er knapp erklärt, dann ist er Randon hinterher gelaufen.

Seitdem sitze ich da, starre an die Tafel. Der Unterricht hat schon angefangen, aber ich habe nicht zugehört. Die ganze Zeit geht es in meinem Kopf nur darum, was ich tun soll. Klar ist nur, dass ich nicht mehr davonlaufen will. Ich will mich nicht mehr verstecken, aber auch nicht im Mittelpunkt stehen. Irgendwie muss ich einen zwischenweg finden und das wird schwierig. Vor allem dann, wenn raus kommt, dass ich Randon mag. Max hat schon mehr als ein paar Mal erwähnt, dass Randon auch mich mag. Er ist sich nicht sicher wie sehr, aber er hätte es mir nicht gesagt, wenn er sich nicht sicher wäre, dass es mehr als reine Freundschaft ist. Er tut alles, um mir keine falschen Hoffnungen zu machen, aber er gibt mir immer wieder Kraft und Mut. So wie heute Morgen, als er vorbeigekommen ist, um Randon das Essen von mir zu bringen. Ich bin ihm für so viele Dinge unheimlich dankbar.

>Clara?< Erschrocken sehe ich zu unserem Lehrer auf, der mich besorgt mustert. Auch ein paar Schüler haben sich nach mir umgedreht. >Alles in Ordnung?< Wahrheitsgemäß schüttle ich den Kopf und er lächelt freundlich, deutet auf die Tür. >Dann geh und lass dich Krankschreiben. Du kannst den Stoff mit Sicherheit sowieso schon. Gute Besserung.< Dankbar packe ich meine Sachen ein, werfe mir meinen Rucksack über die Schultern und verlasse die Klasse. Natürlich gibt es Getuschel, aber das kümmert mich nicht.

Sobald die Tür hinter mir geschlossen ist, gehe ich nicht zu Krankenzimmer, sondern zum Haupteingang. Ich muss mich endlich meiner Angst stellen. Ich weiß, dass Randon nicht Erik ist und Max ist auch nicht Viola. Es ist nicht dasselbe. Dieses neue Kartenhaus hat einen soliden Grund und den kann ich mir nur selbst zerstören. Nur, wenn ich weiter schweige und mich verstecke, weiterhin dieses Geheimnis vor ihm habe, geht alles kaputt. Wie Theo gesagt hat, muss ich wieder lernen, jemandem zu vertrauen.

Mit Schwung öffne ich die Tür, steuere Randon und Max an, die nur ein Stück weiter auf dem Schulhof stehen. Max redet auf ihn ein, aber die Schultern von Randon sind angespannt. Was auch immer Max ihm sagt, er scheint es nicht zu glauben, oder es gefällt ihm nicht.

Tief atme ich durch, denke darüber nach, was ich sagen soll, aber dann kommt alles anders. Max sieht mich, seine Augen weiten sich und dann dreht auch Randon sich zu mir um.

>Was willst du hier?<, will Randon wissen, wirkt wütend und ich bin nicht im Stande, auch nur über eine Antwort nachzudenken.

>Randon<, mahnt Max ihn, packt seine Schulter. >Beruhige dich, sie hat dir nichts getan.< Randon allerdings denkt gar nicht daran, macht sich los.

>Ich habe keine Lust mehr auf eure Spielchen<, knurrt er gereizt. Langsam scheint er wirklich wütend zu sein und ich begreife einfach nicht wieso. >Ihr braucht mich nicht, um miteinander glücklich zu werden. Ich sehe doch, wie ihr euch immer wieder anseht. Ich bin nicht blind und auch nicht dumm.< Verwirrt sehe ich zu Max, aber der funkelt nur seinen besten Freund an.

>Krieg dich wieder ein und hör auf Eifersüchtig zu sein, wenn es keinen Grund dazu gibt.<

Eifersüchtig? Randon ist Eifersüchtig auf Max, weil ich bei ihm Hilfe suche, wenn ich mit der Situation überfordert bin?

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