Kapitel 31

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Clara Archer

Grübelnd starre ich in mein Heft, versuche die Aufgabe zu lösen. Die Hausaufgaben heute waren langweilig, deshalb habe ich sie gemacht und mir dann noch andere aus unserem Schulbuch herausgesucht. Zum Glück sind die nicht so leicht, beschäftigen mich und meinen nervigen Kopf. Immer wieder denke ich an Randon. Aber nicht wie üblich, halb verträumt, sondern eher besorgt. Ich weiß nur nicht wieso.

Neben mir huscht Finn von seinem kleinen Haus in sein Rad, läuft ein bisschen. Da ich mit der Aufgabe grade nicht weiter komme, rolle ich meinen Stuhl zu ihm, sehe ihm zu. Er sieht in seinem Laufrad richtig niedlich aus, was mich Lächeln lässt. Zu gern würde ich mit ihm tauschen. Einfach unbeschwert den ganzen Tag lang leckere Snacks essen und das Leben genießen. Finn hat einfach keine Probleme und kann den ganzen Tag über machen, was immer er will.

>Hey, soll ich noch warten?< Fragend sehe ich mich nach Tristan um, der in meiner Tür steht, mit einem Eimer in der Hand.

>Nein, kannst gerne sauber machen.< Aus dem Schrank, auf welchem der Käfig von Finn steht, hole ich die durchsichtige Kugel, in welcher er durch mein Zimmer rollen kann, ohne für immer zu verschwinden, dann öffne ich den Käfig. Tristan schließ die Tür, kommt zu mir und sieht zu, wie ich Finn vorsichtig nehme, um ihn in de Kugel zu stecken.

>Ich hätte jedes Mal Angst in zu erdrücken<, kommentiert er und ich schließe die Kugel, lege sie sanft auf den Boden. Nach nur einer Sekunde rollt sie davon und Finn erkundet mein Zimmer, wie immer, wenn einer von uns bei ihm sauber macht. >Geht es dir gut?<, fragt er unvermittelt, seiht besorgt zu mir herunter. Kurz hebe ich die Schultern, rolle wieder zu meinem Schreibtisch.

>Ich bin nur nicht so gut drauf.< Dafür war der Tag zu anstrengend. Erst Anastasia, dann Phil und dann die ganze Zeit dieses drückende Gefühl wegen Randon. Eigentlich sollte alles gut sein, schließlich hat mich Randon in Schutz genommen und das Wochenende war auch eher schön als schlecht. Klar weiß er jetzt, dass ich zum Therapeuten gehe, aber er wusste vorher schon, dass ich Probleme mit meiner Vergangenheit habe. Früher oder später wäre er wohl von selbst darauf gekommen.

>Hey<, sagt er leise und ich sehe zu ihm auf. >Willst du darüber reden?< Das weiß ich selbst nicht. Schweigend mustere ich sein Shirt, weil ich ihm nicht ins Gesicht sehen will. Da gibt es viele Dinge, über die ich reden könnte und vielleicht auch sollte, aber nicht will. Es würde mir sicherlich guttun, aber ich möchte nicht, dass Tristan davon weiß. Er ist mein Bruder, ich vertraue ihm, aber er würde mich nicht verstehen.

>Vielleicht wann anders<, weiche ich aus, wende mich wieder meinen Aufgaben zu. Er sagt nichts mehr, baut den Käfig auseinander und ich versuche mich wieder ganz auf die Zahlen und Worte vor mir zu konzentrieren. Das Problem ist nur, dass ich immer wieder das Gesicht von Randon vor mir habe, der mich heute offensichtlich mit aller Gewalt vom Lernen abhalten will. Nicht sonderlich hilfreich ist auch der Gedanke daran, dass er mir ein Geschenk in sein Fach gestellt hat, welche ich mir morgen früh erst holen kann.

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>Du klingts wie eine alte Frau.< Strafend sehe ich zu meinem Bruder auf, der schmunzelnd in der Küchentür steht.

>Lass mich in Ruhe.< Das heutige Pausenbrot ist eine echte Tortur. Wir haben einen neuen Trainer im Krav Maga Kurs und der hat es in sich. Die Übungen waren hart und die Partnerübungen wirklich nicht ohne. Deshalb habe ich Muskelkater an Stellen, an denen es wirklich nicht normal ist. Darunter eine kleine Muskelgruppe an meinen Schultern und die spüre ich bei jeder Bewegung meiner Arme.

Schmunzelnd beobachtet er mich, bis ich ihm seine Dose in seine Richtung schiebe. Sie ihm zu reichen wäre definitiv zu schmerzhaft. Wortlos nimmt er sie, packt sie in seinen Rucksack und ich packe die anderen beiden ein. Ächzend setzte ich mir den Rucksack dann auf, folge ihm aus dem Haus und in sein Auto.

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